# taz.de -- Verbraucherpolitik: Parteien vergessen die Kunden | |
> Mehr Datenschutz, sicherere Bankgeschäfte, Energielabel - das fordern 80 | |
> Prozent der Deutschen. Lösungen trauen sie den Politikern allerdings kaum | |
> zu. | |
Bild: Kunden sind wir alle – die Politik ignoriert das aber weitgehend. | |
Gerd Billen ist Chef des Bundesverbands der Verbraucherzentralen. Für ihn | |
stimmen schon die Wahlplakate nicht, etwa das der Union: Kopf von | |
CSU-Ministerin Ilse Aigner, Slogan "Wir haben die Kraft für die Zukunft | |
unserer Bauern". Kein Wort vom Konsumenten, für den Aigner auch zuständig | |
ist. Der Verbraucherschutz kommt "zu kurz", kritisierte Billen am Dienstag. | |
Das hat er qua Amt schon öfter gesagt, doch diesmal stützt sich Billen auf | |
das Berliner Institut Infratest Dimap, das in seinem Auftrag Mitte August | |
1.000 Wahlberechtigte in Deutschland befragt hat. Ergebnis: 80 Prozent der | |
Wähler wünschen sich, dass der Datenschutz verbessert, Bankgeschäfte | |
sicherer oder der Energieverbrauch von Produkten gekennzeichnet werden. | |
Vor allem Senioren und Frauen achten bei der Bundestagswahl auf | |
Verbraucherschutz. 28 Prozent der Befragten trauen dabei den Grünen am | |
meisten zu, sie liegen damit vorn. Fast 40 Prozent der Befragten können gar | |
keine Partei identifizieren, die Konsumentenfragen wichtig findet. | |
Dabei hat es manche Neuerung gegeben: Seit Juni muss die Regierung ihre | |
Gesetzesvorhaben zum Beispiel auf die Auswirkungen für Verbraucher | |
abklopfen und nicht mehr allein auf Kosten für die Wirtschaft. Die | |
schwarz-rote Koalition hat festgelegt, dass Bahnkunden bei langen | |
Wartezeiten eine Entschädigung bekommen. | |
Und Callcenter, die Kunden mit unerlaubter Telefonwerbung nerven und | |
erwischt werden, müssen mit Bußgeld rechnen. Die Regeln waren umstritten, | |
der Opposition gingen sie oft nicht weit genug. | |
Das war auch beim Verbraucherinformationsgesetz so, das Konsumenten die | |
Möglichkeit geben sollte, sich bei Behörden über Testergebnisse zu | |
Lebensmitteln, Kosmetika oder Kleidung zu informieren. Bisher nimmt es aber | |
kaum einer in Anspruch - zu unklar ist, welches Amt wofür zuständig ist und | |
wie hoch die Kosten sind. Der Verbraucherschutz taucht auch in jedem | |
Wahlprogramm auf. | |
Die CDU will zum Beispiel einen "Sachverständigenrat für | |
Verbraucherfragen", die SPD einen "TÜV für Finanzprodukte". Die FDP fordert | |
eine "Stiftung Datenschutz", die Linke einen "wirksamen | |
Arbeitnehmerdatenschutz" und die Grünen ein "Nachhaltigkeitssiegel - gegen | |
Kinderarmut, Umweltsauereien und Ausbeutung". Offensiv wirbt jedoch keiner | |
für diese Anliegen. Die Verbraucherschützer listen die Ideen der Parteien | |
jetzt unter [1][www.verbraucher-entscheiden.de] auf. Eine Wahlempfehlung | |
geben sie nicht. | |
Billen meint jedoch, die künftige Regierung müsse etwa die Aufsicht der | |
Finanzmärkte stärken. Er fordert auch mehr "Kompetenzen im | |
Verbraucherministerium". Das Gros der Mitarbeiter von Ilse Aigner mache | |
derzeit Agrarpolitik. "Bei den fünf inhaltlich aufgestellten Abteilungen im | |
Ministerium taucht der Titel Verbraucherschutz nur einmal auf", sagt | |
Billen. Aigner wollte sich dazu nicht äußern. | |
26 Aug 2009 | |
## LINKS | |
[1] http://www.verbraucher-entscheiden.de/ | |
## AUTOREN | |
Hanna Gersmann | |
Hanna Gersmann | |
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Elektrogeräte | |
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