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# taz.de -- Rechtsextremismus: Neonazi doch kein Einzeltäter?
> Der Bombenbauer aus Baden-Württemberg hat offenbar nicht allein
> gehandelt. Wahrscheinlich haben ihn Neonazis unterstützt. Das zeigt der
> Mailverkehr mit Gesinnungsgenossen.
Bild: Mit diesen sichergestellten handelsüblichen Chemikalien ist es möglich,…
Nach der Verhaftung eines mutmaßlichen Bombenbauers in Baden-Württemberg
tauchen Indizien auf, dass der Neonazi kein Einzeltäter war. "Das ist noch
unklar", sagte Joachim Langanky, Sprecher von der zuständigen
Polizeidirektion in Lörrach der taz am Freitag. "Er könnte auch die
Unterstützung einer Gruppe gehabt haben."
Am Mittwoch war nach einer Hausdurchsuchung Thomas B. in Weil am Rhein
verhaftet worden (taz vom 28.06.09). Die Polizei hatte bei ihm Chemikalien
und Laborgeräte gefunden, mit denen sich Sprengstoff herstellen lässt und
entsprechende Fachliteratur. Außerdem stellten die Beamten ein
funktionsfähiges Schweizer Sturmgewehr, mehrere Messer, Bajonette und
Reizgaspistolen sicher. Für eine scharfe Pistole hatte der 22-Jährige einen
Waffenschein, weil er Mitglied eines Weiler Schützenvereins ist. Thomas B.
war laut Polizei Leiter des örtlichen Stützpunktes der Jungen
Nationaldemokraten, der Jugendorganisation der rechtsextremen NPD.
Der Neonazi wurde bereits am Sonntag per anonymer Mail bei der Polizei
Lörrach angezeigt. In dem Schreiben, welches der taz vorliegt, ist noch von
sieben anderen Mitwissern die Rede - unter anderem erwähnen der oder die
Schreiber auch Christoph B. Der Mann aus Lörrach lud im Juni 2004 in
rechtsextremen Foren zur "feierlichen Gründung des NPD-Stützpunkts Lörrach"
ein. Er unterschrieb die Einladung mit "Stützpunktleiter".
Aus Mails zwischen JN-Funktionär Thomas B. und NPD-Mann Christoph B.,
welche der taz ebenfalls vorliegen, geht hervor, dass beide gegen die
starke linke Szene im Freiburger Raum vorgehen wollten. Am dritten November
2007 schreibt Thomas B. an "Kamerad Christoph", er habe Interesse an einer
Mitgliedschaft bei den Jungen Nationaldemokraten, "um hier unten einen JN
Stützpunkt aufzuziehen". Acht Leute kriege er bestimmt zusammen. Am 12.
April 2008 möchte Thomas B. dann schon "die Namen und Adressen von
wichtigen politischen Gegnern in dieser Umgebung." Grund: "Wir haben uns
jetzt langsam strukturiert und gehen zum Gegenschlag über."
Am gleichen Tag schreibt Christoph B. zurück: "Ich kann dir Adressen geben,
leider habe ich nicht viele." Deshalb brauche man ein unbekanntes Gesicht,
dass beim nächsten Antifa-Vortrag in Freiburg dabei sei, denn so käme man
auch an neue Namen und Adressen. Am folgenden Tag legt Christoph B. nach:
"Die Adresse des DGB-Vorsitzenden Freiburg suche ich noch heraus." Grund:
Der NPD-Kader verdächtigte den Gewerkschaftsbund mit der Antifa Freiburg
zusammenzuarbeiten.
Ein Sprecher dieser Antifa-Gruppe sagte der taz, man habe Thomas B. und
seine Freunde mehrfach dabei überrascht, als sie das alternative Freiburger
Jugendzentrum KTS ausspionieren wollten. "Die Einzeltäterthese ist falsch",
sagt der Sprecher. Er wirft den Jungen Nationaldemokraten und der
Kameradschaft "Freie Kräfte Lörrach" vor, den mutmaßlichen Bombenbastler
unterstützt zu haben.
Der Inhalt der Mails würde zu dieser These passen.
Am 2. Juni 2008 gibt Thomas B. per Mail die Gründung einer "Arbeitsgruppe
Aufklaerung" bekannt, die Rechten sollen sammeln: "Namen, Nummern, Freunde,
Vereine, Wohnort, Schule, Bilder einfach ALLES! über die Zecken was wir
rausfinden können."
Im Jahr 2009 geht es dann auch um Chemikalien. Christoph B. gibt am 7.
Januar 2009 den Tipp: "Du bekommst den gesuchten Treibstoff unter der
Adresse : shop.wega-sunshine.com 99,3 % 500 ml 14,90 1 >L 22,30." Und am
21. Juni mahnt der NPD-Stützpunktleiter nach der obligatorischen Begrüßung
"Heil Thomas!" den Gesinnungsgenossen: "Du hast noch Chemikalien im Wert
von ca. 76.- Eur. bei mir, die du über mich bestellt hast. Ebenso hast du
noch 4 Hefte von mir, die ich dir geliehen habe und du sicherlich
inzwischen gelesen [...] hast."
Dabei könnte es sich um Material zum Bombenbau und die dazugehörige
Literatur handeln. Beweisbar ist das nur schwer. "Wir haben bei bekannten
Gesinnungsfreunden des Täters nichts durchsucht, weil der Besitz und Erwerb
der einzelnen chemischen Substanzen nicht verboten ist", sagt
Polizeisprecher Langanky. "Erst wenn wir Indizien für das Bauen und Basteln
an einer Bombe haben, dürfen wir einschreiten."
29 Aug 2009
## AUTOREN
A. Speit
D. Schulz
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