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# taz.de -- Geheimer Untersuchungsbericht: Wie der Kongo geplündert wird
> Ein unveröffentlichter Untersuchungsbericht des kongolesischen Senats
> enthüllt, wie durch Diebstahl und Betrug im Bergbau dem Staat
> Milliardenbeträge entgehen.
Bild: Diamantenmine in der Nähe der Provinzhauptstadt Mbuji Mayi.
BRÜSSEL taz | Der Bergbau in der Demokratischen Republik Kongo ist nach wie
vor von Korruption durchzogen, die meisten Einnahmen werden weder
deklariert noch versteuert, und die staatlichen Behörden sind dabei
entweder Komplizen oder machtlos. Das geht aus einem explosiven
unveröffentlichten Untersuchungsbericht des kongolesischen Senats hervor,
der demnächst im Plenum diskutiert werden soll und der taz vorliegt.
Dem Bericht zufolge entgehen 80 Prozent der Mineralienexporte aus dem
Ostkongo der staatlichen Kontrolle. Vor allem Abbau und Ausfuhr von Gold
sind von "Betrug in großem Stil" gekennzeichnet, heißt es. Verglichen mit
sechs Tonnen jährlicher deklarierter Exporte Anfang der 80er-Jahre und
offiziellen Schätzungen von 40 Tonnen reeller Jahresproduktion seien die
registrierten Goldexporte in den vergangenen Jahren minimal gewesen und
ständig gesunken: auf 121,58 Kilogramm im Jahr 2007 und nur noch 71
Kilogramm im Jahr 2008, als es überhaupt keinen legal registrierten
Goldexporteur mehr gab. Damit entgingen dem Staat jährlich über 1,2
Milliarden Dollar. Die Staatseinnahmen aus dem Goldexport betrugen 2008
genau 20.777 US-Dollar, weniger als der Marktwert eines Kilos.
Keine einzige Exportstatistik des Kongo entspreche der Realität, moniert
der Bericht. Kongos Bergbaufirmen zahlen auch nicht alle fälligen Steuern.
Von Steuer- und Gebührenforderungen in Höhe von 205,91 Millionen Dollar
2008 wurden dem Bericht zufolge nur 92,08 Millionen bezahlt. Die
Steuerbehörde DGI, die für große Unternehmen zuständig ist, nahm gar nur
1,09 Prozent der Summe ihrer Steuerbescheide in Höhe von 74,73 Millionen
Dollar ein. In einzelnen Bereichen hat sich das seit Kongos Wahlen 2006
deutlich verschlechtert: Der Bergbaukataster Cami kassierte 2003 bis 2005
noch fast alle von ihm festgesetzten Gebühren, aber 2008 nur noch 31,37
Prozent. Schuld daran seien die Steuereintreiber selber: "Sie ziehen es
vor, die Zahlungen zu verzögern und später Nachzahlungen mit einem
verhandelbaren, sehr hohen Säumniszuschlag zu verlangen".
Das bedeutet: Kongos Finanzbeamte, schlecht oder gar nicht bezahlt, nutzen
ihr Amt aus, um mit den Bergbaufirmen öffentliche Einnahmen aufzuteilen.
Damit wird deutlich, dass die Praxis des Ausblutens der Wirtschaft zum
privaten Nutzen, die den Kongo bereits unter der Mobutu-Diktatur in den
80er-Jahren zugrunde richtete und danach von allen Kriegsparteien weiter
praktiziert wurde, heute andauert. Im Kongo liegen einige der potenziell
reichsten Bergbaureserven der Welt, aber die Bevölkerung hat davon kaum
etwas.
Am effektivsten, so der Bericht, arbeite die Bergbauabteilung der Provinz
Katanga. Aber auch dort gibt es Merkwürdigkeiten: Das
kongolesisch-amerikanische Joint Venture Tenke Fungurume Mining, das die
potenziell größte Kupfermine der Welt besitzt, zahlte nach eigenen Angaben
im Jahr 2008 11,15 Millionen Dollar Steuern, nach den der Senatskommission
übermittelten Zahlen 3,95 Millionen und laut DGI 1,7 Millionen.
Das ist nur ein Beispiel für das Chaos auf allen Ebenen der kongolesischen
Staatsverwaltung. Viele Behörden sagten der Kommission, sie hätten von
einer Reihe der sie betreffenden Bestimmungen noch nie gehört. Der Bericht
spricht von "Konfusion und Vervielfachung gesetzlicher Regeln", was
zahlreiche Schlupflöcher ermögliche. So hätten einzelne Ministerien
einseitig Steuersätze reduziert oder die zugrundelegten Produktwerte
verändert. Die Provinzregierung Katangas, aber auch Kongos Zentralregierung
hätten dadurch "die Verfassung und die Gesetze gebrochen". Ergebnis sei
"der illegale und großangelegte Export unbearbeiteter Erze", was offiziell
verboten ist.
An Katangas Grenzposten Kasumbalesa an der Grenze zu Sambia, über den
Kongos Handel mit dem südlichen Afrika läuft, würden Exportmengen bei
manchen Exporteuren nur zu einem Zehntel registriert, heißt es. Aus 33,93
Tonnen würden beim Abschreiben in die Bücher 3.393 Kilogramm, und diese
Praxis sei "systematisch". Im diamantenreichen West-Kasai konstatiert der
Bericht "beispiellose Ausplünderung durch zahlreiche einheimische oder
ausländische Förderer, bewacht von Uniformierten auf Anweisung der zivilen
oder militärischen Autoritäten, unter dem machtlosen Auge der
Provinzregierung".
Namen für alle diese Vorwürfe nennt der Bericht nicht. Aber sobald er im
Parlament öffentlich gemacht wird, dürfte eine Schlammschlacht losbrechen.
8 Sep 2009
## AUTOREN
François Misser
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