# taz.de -- Beschwerdekommission liegen Beweise vor: Karsais Lager hat betrogen | |
> Knapp drei Wochen nach der Wahl sieht es in den Auszählungen nach einer | |
> absoluten Mehrheit für Karsai aus. Doch es gibt "klare Beweise" für einen | |
> Wahlbetrug durch Karsais Lager. | |
Bild: Schöne Grüße vom Präsidenten: Karsai-Plakat vor der Wahl. | |
KABUL dpa | Bei der Präsidentschaftswahl in Afghanistan ist es nach Angaben | |
der Unabhängigen Beschwerdekommission (ECC) zu Wahlbetrug gekommen. Knapp | |
drei Wochen nach der Wahl teilte die von den Vereinten Nationen | |
unterstützte Beschwerdekommission am Dienstag mit, bei ihren Untersuchungen | |
in mehreren Provinzen habe es "klare und überzeugende Beweise für Betrug" | |
gegeben. | |
Die ECC wies die afghanische Wahlkommission (IEC) an, Stimmen aus | |
betroffenen Wahllokalen zu überprüfen und erneut auszuzählen. Die | |
Betrugsvorwürfe in Afghanistan richten sich in erster Linie gegen das Lager | |
von Präsident Hamid Karsai, der bei der Wahl nach den bislang vorliegenden | |
Ergebnissen deutlich in Führung liegt. | |
Die Wahlkommission (IEC) teilte am Dienstag mit, sie werde rund 200.000 | |
Stimmen aus 447 der insgesamt rund 26.000 Wahllokale bei dem vorläufigen | |
Wahlergebnis nicht berücksichtigen. Diese Stimmen seien "verdächtig" und | |
zur Überprüfung an die Beschwerdekommission gegeben worden, sagte Daoud Ali | |
Nadschafi von der IEC. | |
Die ECC ordnete eine Prüfung von Wahllokalen an, in denen mehr als 100 | |
Prozent der erwarteten Wahlberechtigten gewählt hätten. Geprüft werden | |
müssten ferner Wahllokale, in denen ein Kandidat über 95 Prozent der | |
Stimmen gewann. | |
Nach den jüngsten Ergebnissen, die die IEC am Dienstagnachmittag lieferte, | |
liegt der Amtsinhaber mit 54,1 Prozent der Stimmen vorn. Sein wichtigster | |
Herausforderer Abdullah Abdullah folgt mit 28,3 Prozent. Inzwischen sind | |
die Stimmen aus mehr als 90 Prozent der Wahllokale ausgezählt. | |
Angesichts der massiven Fälschungsvorwürfe drängen die USA und die | |
Vereinten Nationen Präsident Karsai nach Medienberichten zu einer | |
gründlichen Überprüfung der Wahl. Wie der US-Sender CNN unter Berufung auf | |
Mitarbeiter des US-Außenministeriums berichtete, trafen der US-Botschafter | |
in Kabul, Karl Eikenberry, und UN-Vertreter am Montagabend mit Karsai | |
zusammen. Dabei hätten sie ihn aufgefordert, der unabhängigen | |
Wahlkommission eine eingehende Überprüfung der Vorwürfe zu gestatten. Erst | |
danach könne geklärt werden, ob ein zweiter Wahlgang nötig ist. | |
Ein namentlich nicht genannter Vertreter des Außenministeriums in | |
Washington sprach von einem "Schuss vor den Bug der afghanischen | |
Regierung". Damit solle sichergestellt werden, dass die Wahlkommission | |
ihrer Aufgabe ungehindert nachgehen könne. Botschafter Eikenberry habe nach | |
dem Treffen mit Karsai US-Außenministerin Hillary Clinton Bericht | |
erstattet, hieß es weiter. | |
Der UN-Sondergesandte Kai Eide rief ECC und IEC am Dienstag dazu auf, ihre | |
Anstrengungen auf allen Ebenen zu verstärken, um die Integrität der Wahl zu | |
sichern. "Das beinhaltet, Ergebnisse von Wahlurnen aus den vorläufigen | |
Zählungen herauszuhalten, bei denen es Beweise über Unregelmäßigkeiten | |
gibt." | |
Am Montag hatte die New York Times unter Berufung auf Diplomaten von | |
massiven Betrugsvorwürfen gegen Karsai-Anhänger berichtet. So sollen bei | |
der Abstimmung am 20. August bis zu 800 "Phantom-Wahllokale" eingerichtet | |
worden sein, aus denen tausende Stimmen für Karsai registriert wurden. Auch | |
die stellvertretende Leiterin der EU- Wahlbeobachtermission in Afghanistan, | |
Dimitra Ioannou, sprach im Tagesspiegel von "Wahlbetrug im großen Stil". | |
Seit dem Wahltag am 20. August erhielt die ECC nach eigenen Angaben 2.375 | |
Beschwerden. 726 davon wurden als "Kategorie A" eingestuft und könnten den | |
Wahlausgang beeinflussen. Unter anderem wirft Ex-Außenminister Abdullah dem | |
Karsai-Lager Manipulationen vor. | |
Ein amtliches Endergebnis war ursprünglich für Mitte September angekündigt | |
worden. Der Termin gilt angesichts der zahlreichen Beschwerden und der | |
jüngsten Anordnung der Beschwerdekommission allerdings kaum noch als | |
haltbar. | |
8 Sep 2009 | |
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