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# taz.de -- Kolumne Ökosex: Poldi, VW und das Kraftwerk der Liebe
> Warum ausgerechnet Volkswagen beweist, wie idiotisch die Abwrackprämie
> war.
Früher fand ich den Fußballer Lukas Podolski nicht so gut und die
Wochenzeitung Die Zeit schon. In den letzten Wochen drehte sich das
erstaunlicherweise komplett. Das hat mit Fotovoltaik zu tun.
Fritz Vorholz hat in der Zeit recht brutal auf die angeblich zu hohe
Einspeisevergütung für FV eingedroschen. Inhaltlich kein Problem, aber der
kulturelle Unterton hat mich erstaunt. Anders dagegen Poldi. Dieser hat mir
einen großen Wunsch erfüllt. Gucke ich "Sportschau", dribbelt er in der
Werbepause nicht vor einem Sportwagen oder einer Bierkiste, sondern vor
einem schicken Fotovoltaikdach. Poldi macht Werbung für Solarworld.
FV-Werbung zur Primetime.
So was hatte ich vor Jahren noch in meinen wildesten Ökosexträumen
fantasiert. Die Solarjohnnys auf Ballhöhe mit den Werbemilliarden der alten
Steinzeitökonomie. Bisher war der bezahlte Fußball fest in der Hand von
Atomstrom- und Automobilkonzernen. Mit fatalen Folgen für die emotionale
Verfasstheit von kleinen Jungs und deren Papas. Da ist der Solarworld-Spot
eine Revolution. Er bedeutet: Es gibt das solare Glück. Es gibt die
Alternative zum Sportwagenorgasmus. Da sind wir schon im Zentrum der leider
nur am Rande geführten Klimakulturdebatte. Im "Sportschau"-Umfeld wie in
der Gesellschaft tut sich was.
Klaus Leggewie hat in dieser Zeitung geschrieben, die Parteien würden die
radikaleren Erwartungen von uns solaren Effizienzrevolutionären nicht
repräsentieren. Stimmt. Minister Gabriel wollte mich letzte Woche
überzeugen, dass die Abwrackprämie doch gut für die Umwelt war. Eine Studie
zeigt, dass die Leute überwiegend kleinere Autos gekauft haben mit weniger
Schadstoffen. Das ist wirklich ein schöner Nebeneffekt, aber nicht
überzeugend bei fünf Milliarden Spieleinsatz. Die Autobranche hat jetzt
erst recht Überkapazitäten. Sie produziert immer noch zu viel vom Falschen.
Darum jetzt von Poldi zu VW.
Nämlich gerade Volkswagen hat letzte Woche gezeigt, welche Alternativen es
zu den Abwrackmilliarden gab. VW und Lichtblick präsentierten mit dem
gasbetriebenen "Zuhausekraftwerk" ein Produkt, bei dem es Unterkapazitäten
gibt. Seit Jahren ist bekannt, das kleine und flexibel zuschaltbare
Blockheizkraftwerke im Keller eine Schlüsselstellung einnehmen können in
einem Netz mit mehr erneuerbaren Energien. Nun war es aber nicht diese
Regierung, die ein Kellermillionenprogramm vertreten hat. Es war nicht
Gabriel, der die Atompläne von CDU/FDP und die Kohlepläne der SPD mit dem
Aufbau von kleinen virtuellen Kraftwerken konterte. Es ist ein
Ökostromanbieter, der diesen wichtigen Baustein für die Klimawende
kommuniziert. Kurioserweise mit VW.
Was wunderbar ist. Denn VW ist als Symbol so wichtig wie Poldi für die
Fotovoltaik. Und die Jungs können kommunizieren. Blockheizkraftwerk klingt
nach Blockwart. "Zuhausekraftwerk" klingt nach Kraftwerk der Liebe. Das ist
hochpolitisch. Wahrscheinlich wissen die im VW-Vorstand noch gar nicht,
dass sie plötzlich aus ökonomischen Gründen gegen zentrale Kohle- und
Atomstrukturen sein müssen. Stromlücke? Ich auf jeden Fall werde den Atom-
und Kohlefreunden künftig nur noch freundlich entgegnen: Das regelt VW im
Keller.
13 Sep 2009
## AUTOREN
Martin Unfried
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