| # taz.de -- Bio-Limonaden-Erfinder Bethke und Berndt: "Es geht uns nicht ums Ge… | |
| > Paul Bethke und Jakob Berndt aus Hamburg haben eine Bio-Limonade aus fair | |
| > gehandelten Zutaten erfunden, die nun, hübsch verpackt, ein junges | |
| > Publikum erreichen soll. | |
| Bild: "Ein Produkt wie unseres muss sich an ein junge, bewusst konsumierende, a… | |
| taz: Herr Bethke, Herr Berndt, Sie haben Anfang Juli zwei neue Softdrinks | |
| auf den Markt gebracht - die fair gehandelte Bio-Limonade "Lemonaid" und | |
| den ebenso fairen Bio-Eistee "Charitea". Warum brauchen wir eigentlich noch | |
| mehr Limonade? | |
| Paul Bethke: Was wir machen, gibt es bisher noch nicht: eine schöne | |
| Limonade, die das Fairtrade-Thema puscht. | |
| Jakob Berndt: Softdrinks sind für uns ein ganz zentraler Lebensbestandteil, | |
| ein großer Teil der Jugendkultur und deswegen ein ganz spannender Bereich. | |
| Gerade weil man hier Leute für Fairtrade begeistern kann, die sonst kaum | |
| etwas davon mitbekommen - weil sie eben nicht im Reformhaus einkaufen | |
| gehen. | |
| Was machen Sie anders als die Brausekonkurrenz? | |
| Berndt: Wir beziehen unsere Ware aus fairem Handel, das bedeutet, dass wir | |
| die Produkte nicht zum Marktpreis kaufen, sondern zu einem festgelegten | |
| Satz, der deutlich über den normalen Preisen liegt. Dadurch werden | |
| Preisschwankungen des Weltmarkts vermieden und mit diesen fixen Einnahmen | |
| können lokale Strukturen wie Bildung oder Altersvorsorge geschaffen werden. | |
| Dieses System unterstützen wir, in dem wir fair gehandelten Tee aus Sri | |
| Lanka beziehen, Limettensaft aus Brasilien und Zucker aus Paraguay. | |
| Bethke: Und wir verbinden diese gute Ware mit einem coolen Produkt. | |
| Herr Bethke, wie kommt man eigentlich von der Entwicklungshilfe zur | |
| Limonade? | |
| Bethke: Die Namensidee Lemonaid, ein Wortspiel mit dem englischen Wort für | |
| Limonade und dem Hilfsgedanken, hatte ich vor ungefähr drei Jahren, als ich | |
| für die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) in Sri | |
| Lanka gearbeitet habe. Ich wollte aus der Entwicklungszusammenarbeit raus, | |
| raus aus diesem | |
| Mit-dem-weißen-Jeep-durch-die-Gegend-fahren-und-Weihnachtsmann-Spielen. Ich | |
| wollte selbst Geld generieren und das dann für soziale Zwecke einsetzen und | |
| nicht einfach nur Schleusen öffnen und Staatsgeld raus pumpen. | |
| Die Namensidee ist die eine Seite - aber Sie hatten doch gar keine Ahnung | |
| von Lebensmitteln, oder? | |
| Bethke: Deswegen bin ich nach der Zeit bei der GTZ für zwei Jahre in ein | |
| Smoothie-Startup eingestiegen. Am Getränkemarkt per se hatte ich zwar kein | |
| Interesse, aber ich musste ja wissen, wie der Markt funktioniert. | |
| Berndt: Vor rund einem Jahr haben wir dann beide unsere Jobs gekündigt, in | |
| meiner Küche ganz viel mit Tee und Fruchtsäften herumhantiert und dort | |
| unsere Rezepturen selbst entwickelt. | |
| Bethke: Wir wollten einen Klassiker machen mit Schwarztee und Zitrone, | |
| einmal etwas Fruchtiges mit Rooibos und Passionsfrucht und eine | |
| Wellness-Variante für die Yoga-Fraktion mit Ingwer und Honig und grünem | |
| Tee. Alles frisch und zuckerfrei. Und die Limonade basiert auf klassischem | |
| Lime juice, der in Asien oder auch in England das Standardgetränk ist und | |
| den es in Deutschland gar nicht gibt. | |
| Und dafür haben Sie, Herr Berndt, Ihren Job bei Jung von Matt aufgegeben? | |
| Berndt: Auch wenn mir mein alter Job Spaß gemacht hat, war Reklame zu | |
| machen nie mein Wunschtraum. Als Teil einer großen Agentur, die für einen | |
| noch viel größeren Kunden arbeitet, fehlt mir in vielerlei Hinsicht die | |
| "Selbstwirksamkeit": Da arbeiten gefühlt eine Million Leute im Marketing, | |
| jeder macht seine Präsentation, trägt seinen Senf bei - und am Ende des | |
| Tages weißt du nie wirklich, ob es irgendwas gebracht hat. Geschweige denn | |
| etwas Gutes. Das war der größte Motor, etwas Eigenes zu machen, etwas auf | |
| die Beine zu stellen. Außerdem habe ich sowieso schon die ganze Zeit die | |
| Sinnfrage gestellt. | |
| Das klingt jetzt aber doch ein wenig abgedroschen … | |
| Berndt: Ich weiß, aber das macht es ja nicht falsch. Ich wollte immer etwas | |
| Sinnvolleres machen als Reklame, und dieses Projekt vereint ganz viel, weil | |
| man ein Produkt entwickelt, das einen sozialen Beitrag leistet, für junge | |
| Leute gemacht ist und eben auch viel Kommunikation braucht. | |
| Bethke: Ich will mit diesem Projekt etwas weitergeben, damit ich hinterher | |
| sagen kann, ich habe mich wenigstens bemüht, es etwas cooler zu machen, als | |
| es vorher war. | |
| Aber letztlich geht es doch ums Geldverdienen? | |
| Bethke: Nein, für mich spielt das keine Rolle. Dann wäre ich bei der GTZ | |
| weiter die Leiter hochgeklettert. Finanziell rechnet sich diese ganze | |
| Aktion vorn und hinten nicht, vielleicht irgendwann einmal. | |
| Berndt: Wenn wir Gewinne machen, werden wir davon 50 Prozent in eine | |
| Stiftung stecken und eigene soziale Projekte in Sri Lanka und Brasilien | |
| aufbauen. | |
| Das klingt eher nach einer geschickten Verkaufsstrategie, damit die jungen | |
| gut Verdienenden Ihre mit 1,50 bis 3,30 Euro recht teure Limonade kaufen - | |
| und nicht eine der hundert anderen Sorten. | |
| Bernd: Der Anspruch, ein fair gehandeltes, biologisches Produkt zu machen, | |
| schränkt die Käufer ja von vornherein ein. Fairtrade im Discount-Bereich | |
| für Zehnjährige geht ja nun nicht. Ein Produkt wie unseres muss sich an ein | |
| junge, bewusst konsumierende, anspruchsvolle und einigermaßen gut | |
| verdienende Zielgruppe wenden. | |
| Eine recht überschaubare Käufergruppe. Müssten Sie sich mit dem Ziel, Geld | |
| für soziale Projekte verdienen zu wollen, nicht breiter aufstellen? | |
| Bethke: Mit dem Wunsch, Geld für soziale Projekte zu generieren, könnte man | |
| natürlich sagen, wenn Plus oder Aldi anruft, sagen wir sofort Ja. Aber man | |
| weiß auch, dass dann im nächsten und übernächsten Jahr die Preise gedrückt | |
| werden, man komplett von denen abhängig ist und am Ende keiner mehr | |
| irgendwas kriegt. Deswegen wollen wir in der schönen Gastronomie, in | |
| schönen kleinen Läden wachsen. Das ist das langfristig tragbarere Konzept. | |
| Sie wollen mit diesem Konzept Vorbild für andere sein, die sich gegen die | |
| großen Konzerne entscheiden sollen. Wie ist denn das zu verstehen? | |
| Berndt: Das hast du gesagt. | |
| Bethke: Ich denke, dass man eine Firma aufziehen kann, ohne hinterher mit | |
| dem Bentley durch die Gegen zu fahren. Wirtschaft heißt nicht nur Geld und | |
| Gier, sondern man kann dieses System auch anders einsetzen. Wäre das mehr | |
| Leuten klar, würde es viel mehr geile Projekte geben wie unseres. Aber | |
| diese Social-Entrepreneur-Sache entwickelt sich erst jetzt sehr stark. Ich | |
| glaube, dass es eine Menge junger Leute gibt, die Bock und coole Ideen | |
| haben und die das im Endergebnis eben nicht auf ihr schönes Haus eichen, | |
| sondern auf etwas Sinnvolleres. | |
| Soziales Unternehmertum ist doch auch nur eine Marketingstrategie, um sich | |
| einen grünen oder sozialen Anstrich zu verpassen - und die Kunden fühlen | |
| sich gut, während sie ihr Geld ausgeben … | |
| Bethke: Ich meine aber die Berufseinsteiger, die keine Geschäftsleute sein | |
| wollen. Die wollen wir ermutigen - weil man auf diesem Weg etwas bewegen | |
| kann. | |
| Wieviel können Sie mit Ihrem Nischenprodukt für Großstädter bewegen? | |
| Berndt: Kleinbleiben in ein paar schönen Läden in Hamburg oder Berlin ist | |
| ja kein Dogma, sondern hat eher was mit Markenführung zu tun. Wir wollen | |
| die Marke langsam und organisch wachsen lassen. Und es ist nicht schlau, | |
| innerhalb von Sekunden in allen Supermärkten der Republik zu stehen. Wir | |
| wollen uns langsam etablieren, damit die Leute noch lange Lemonaid und | |
| Charitea trinken. Denn auf lange Sicht wollen wir natürlich schon viel Limo | |
| verkaufen - und auf diese Weise viel bewegen. | |
| 13 Sep 2009 | |
| ## AUTOREN | |
| Ilka Kreutzträger | |
| ## TAGS | |
| Lemonaid | |
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