# taz.de -- Township at night: Big Party | |
> Wenn die Fußballweltmeisterschaft nach Südafrika kommt, lockt Soweto | |
Bild: Fußballfans mit ihrem berüchtigten Tröten, den Vuvuzelas | |
Soweto. Der Parkwächter winkt die schicken Autos in kleine Parkbuchten, die | |
neuesten Fahrzeugmodelle flankieren die staubige Straße in Soweto und | |
eindringliche Musikrhythmen dröhnen aus Lautsprecherboxen. Die Sonne senkt | |
sich über die Township, und im In-Restaurant ambitha nimmt das | |
Stimmengewirr zu. Fesche Frauenkleider zeigen nackte Schultern, enge | |
Röhrenjeans und silberne Schuhe sind trendy. Männer spielen mit Muskeln in | |
knackigen T-Shirts. Modische Handys klingeln. Flaschen mit edlen Weinen | |
stecken in Eiskühlern. Das In-Restaurant in der Vilakazistraße ist einer | |
der beliebtesten Treffpunkte in Südafrikas größter und kulturell | |
vielfältigster Township. | |
Unterhaltung bis tief in die Nacht lockt schwarze Gäste auch aus den | |
nördlichen Wohnvierteln Johannesburgs nach Soweto. Sie ziehen von Bar zu | |
Bar. "Das Leben im Norden der Stadt ist langweilig", sagt Norman Makhubela. | |
Dort trifft man sich höchstens im Einkaufszentrum", weiß der junge Richter. | |
Soweto, einst ein Symbol der Unterdrückung und auf dem Reißbrett als Ghetto | |
für Schwarze entstanden, die ihren weißen Bossen in Johannesburg dienten, | |
hat Soweto eine lebhafte Kultur und eine Art Gemeinschaftsgefühl | |
entwickelt: Jeder scheint jeden zu kennen, Schultern werden freudig zur | |
Begrüßung geklopft und Daumen cool in die Luft gereckt als Zeichen. Alles | |
okay! | |
Normans Elternhaus ist um die Ecke in Orlando West, und er führt seine | |
simbabwischen Kollegen in seiner Heimat aus. "Ich schlafe im Vorort von | |
Johannesburg, aber ich lebe in der Township." So machen es viele | |
Soweto-Bewohner. Der Umzug in die mit Elektrozäunen und hohen Mauern | |
abgeriegelten weißen Wohnviertel mit Gärten und Swimmingpools ist das "Wir | |
haben es geschafft" der neuen, wohlhabende Mittelklasse. Aber es zieht sie | |
immer wieder zurück in die brodelnde Township: Familienfeiern, Hochzeiten, | |
Beerdigungen und Partys - kein Fest wird ausgelassen. | |
Vilakazi Street ist die berühmteste Straße in Soweto, denn hier, nur ein | |
paar Kurven vom Restaurant Nambitha entfernt, verbrachte Nelson Mandela die | |
ersten Ehejahre mit seiner Frau Winnie. Sie wohnten in den frühen | |
Sechzigerjahren in einem kleinen roten Backsteinhaus bis kurz vor seiner | |
Verhaftung und der 27-jährigen Verbannung auf die Gefängnisinsel Robben | |
Island. Noch vor zehn Jahren standen ein paar Plastikstühle vor dem Haus, | |
und Erfrischungsgetränke wurden aus dem benachbarten Café serviert. Heute | |
liegt Mandelas Haus hinter Museumsmauern, und Touristen können es | |
besichtigen. | |
Oder das Nachbarhaus von Erzbischof Desmond Tutu, das immer noch Sitz der | |
Familie ist. Oft kehren Besucher dann in der Bar Sakhumzis gegenüber ein. | |
Dort sitzen Einheimische auf rustikalen Bänken unter Strohdächern am | |
Straßenrand, essen traditionell zubereitete Fleischgerichte, Innereien, | |
Maisbrei und schwere Saucen und genießen südafrikanischen Cider zur | |
Livemusik. Sakhumzi Maqubela eröffnete den populären Treffpunkt vor acht | |
Jahren. "Wir haben es zu was gebracht", sagt er und zeigt stolz den | |
Schlüssel für seine Harley Davidson und den neuesten BMW. Statussymbole | |
zählen in Soweto. | |
Ein paar Stunden später in der Nacht parkt der schwarze Jeep des Richters | |
Makhubela vor der Bar Sochila im Viertel Diepkloof. Er nennt es sein | |
"Lieblingswasserloch" und zwinkert mit inzwischen geröteten Augen. Kellner | |
mit weißen Hemden, schwarzen Westen und Hüten haben alles im Griff, die | |
Atmosphäre ist dennoch locker - wie der Name verrät: "Wir entspannen". | |
Eigentümerin Phiwe Zwane hat ihr einfaches Wohnhaus in den vergangenen zwei | |
Jahren zu einer der beliebtesten Adressen der Township ausgebaut, mit | |
Glasfassaden, Neonlichtbar und Ledersitzecken, mit Flachbildschirm an den | |
Wänden und einem Kamin für die kalten Wintertage. In unmittelbarer Nähe zum | |
Fußballstadion "Soccer City" und einigen attraktiven Gästehäusern hofft sie | |
auf noch mehr Gäste für nächstes Jahr zur Weltmeisterschaft. Der | |
südafrikanische Soccer-Boss Irvin Khoza wohnt in seinem Millionenpalast | |
direkt nebenan. "Wir haben hier die Black Diamonds", sagt Phiwe und | |
strahlt, denn der Rubel rollt. "Schwarze Diamanten" werden die schwarzen | |
Aufsteiger genannt. Sie legen Wert auf Stil und Luxusgüter und wollen damit | |
gesehen werden. | |
Das KaPanyaza ist ein beliebter Nachttreff in Rockville, einen Steinwurf | |
entfernt vom heißen Club The Rock. Südafrikanische Kwaito- und HipHop-Musik | |
dröhnt durch die Nacht. Das KaPanyaza bietet tonnenweise Fleisch. Ein | |
ordentliches Steak oder "Boerewors", das südafrikanische Grillwürstchen, | |
ist solide Grundlage für die Big Party, die später im legendären Nachtclub | |
Rock weitergeht. | |
An den blasierten Türstehern vorbei gelangt man zur Dachterrasse des Rocks | |
mit Blick über Soweto. Hier wird ausgelassen getanzt, auf hohen Hacken im | |
sexy Outfit zu House Music oder afrikanischem Jazz oder Soul. Männer | |
protzen mit goldenen Uhren und Kettchen. Ungeniert. Die Frauen stehen | |
drauf. | |
16 Sep 2009 | |
## AUTOREN | |
Martina Schwikowski | |
## TAGS | |
Reiseland Südafrika | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |