# taz.de -- UN-Bericht zum Gaza-Krieg: Israel startet Gegenkampagne | |
> Ein neuer Untersuchungsbericht der UNO spricht von Verbrechen gegen die | |
> Menschlichkeit durch Israel. Die israelische Regierung weist den Bericht | |
> als "unausgewogen" zurück. | |
Bild: Israels Soldaten sollen Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen habe… | |
In Israel laufen die diplomatischen Anstrengungen auf Hochtouren, um eine | |
Anklage wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor dem Internationalen | |
Gerichtshof zu verhindern. "Das Goldstone-Komitee war von Anfang an | |
unausgewogen", kommentierte Gabriele Schalew, Israels UN-Botschafterin am | |
Mittwoch vor Journalisten, schon deshalb, weil der Auftrag "vom | |
UN-Menschenrechtsrat kam, die routinemäßig Israel verurteilt". | |
Die Untersuchungskommission unter der Leitung des südafrikanischen Richters | |
Richard Goldstone beschuldigt sowohl Israel als auch die palästinensische | |
Hamas, im Verlauf des 22-tägigen Gazakrieges vor acht Monaten | |
Kriegsverbrechen begangen zu haben. Nahezu 1.400 Palästinenser, rund die | |
Hälfte davon Zivilisten, zehn israelische Soldaten und drei israelische | |
Zivilisten waren während der Kämpfe ums Leben gekommen. | |
Von einer "Heuchlerei, die hunderte frühere UN-Berichte noch übertrifft", | |
sprach Zachi Hanegbi, Vorsitzender des parlamentarischen Außen- und | |
Verteidigungsausschusses. Das Außenministerium in Jerusalem beeilte sich | |
mit einer ausführlichen Stellungnahme zu dem Untersuchungsbericht, der | |
"Israels Recht zur Selbstverteidigung ignoriert" und gleichzeitig keinerlei | |
Bezug nehme auf die "Strategie der Hamas, die vorsätzlich aus zivilen | |
Bevölkerungszentren operiert". | |
Die Regierung in Jerusalem hatte mit dem Hinweis auf die "hoffnungslose | |
Einseitigkeit" eine Kooperation mit der UN-Untersuchungskommission | |
verweigert. Stattdessen unternahm die israelische Armee eigene | |
Nachforschungen. | |
Der insgesamt 575 Seiten umfassende Bericht ruft die palästinensische | |
Autonomiebehörde dazu auf, Untersuchungen möglicher | |
Menschenrechtsverletzungen einzuleiten, wobei der Gazastreifen von der | |
Hamas kontrolliert wird. An Israel appelliert Goldstone, Palästinensern, | |
die Schaden während der Operation genommen haben, Wiedergutmachungen zu | |
zahlen und die Blockade des Gazastreifens aufzuheben. Die Hamas wird | |
aufgefordert, den israelischen Soldaten Gilad Schalit auf freien Fuß zu | |
setzen. Der Vater der seit über drei Jahren vermissten Geisel hatte vor der | |
Untersuchungskommission ausgesagt. | |
Als "zynisch" bezeichnet Avi Bell, Dozent für internationales Recht und | |
Kriegsrecht an der Universität Bar-Ilan, die Aufforderung Goldstones an die | |
Palästinenser, die Vorkommnisse während des Gazakrieges zu untersuchen. | |
"Das wird nicht passieren", glaubt er. Israel hingegen habe bereits | |
Untersuchungen vorgenommen und "wird weiterhin Einzelfälle prüfen". Ebenso | |
sei es jedem Palästinenser vorbehalten, einen begründeten Antrag auf | |
Wiedergutmachung einzureichen. "Die Tür zu den israelischen Gerichten steht | |
den Palästinensern offen." | |
In dem Bericht der Untersuchungskommission werden namentlich zumeist nur | |
die Opfer benannt. Die israelische Verweigerung zur Kooperation könnte | |
Rechtsverfahren verkomplizieren. "Es ist schwer, Anklage zu erheben, wenn | |
man nicht weiß, wer das Verbrechen begangen hat", meint Bell. Goldstone | |
drängte wiederholt auf eine strafrechtliche Verfolgung. "Es ist wichtig, | |
dass die Schuldigen zur Verantwortung gezogen werden", meinte der Richter | |
und bezog sich auf Israel wie auf die Hamas. | |
16 Sep 2009 | |
## AUTOREN | |
Susanne Knaul | |
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