# taz.de -- Kita-Demonstration: Kinder lernen protestieren | |
> 12.000 kleine und große Menschen gehen für mehr Betreuung in den Kitas | |
> auf die Straße. Zwischen Luftballons wird geklatscht, gesungen und der | |
> Bauch gestreichelt. | |
Bild: Jede Menge Nachwuchspolitiker vor dem Roten Rathaus | |
Levin läuft ganz vorne mit. Der junge Mann mit den schulterlangen dunklen | |
Locken geht für mehr Bildung auf die Straße und pustet ständig in seine | |
Trillerpfeife. Doch die Forderungen des Protests interessieren ihn nicht | |
so: "Guck mal, Oma, der Fernsehturm, sooo hoch", ruft Levin, der zum ersten | |
Mal auf einer Demo ist. Kein Wunder: Er ist erst fünf Jahre alt. | |
Zusammen mit laut Veranstalter 12.000 ErzieherInnen, Eltern und Kindern | |
demonstriert er am Dienstagnachmittag vor dem Roten Rathaus. Unter dem | |
Motto "Auf die Kleinen kommt es an" fordern sie mehr Personal für die | |
Kitas. | |
Levin wird von seiner Oma begleitet. Sie müsse öfter einspringen, wenn die | |
Kita den Kleinen nicht mehr betreuen könne: "Seine Mutter ist berufstätig", | |
sagt sie. So auch heute: Sie demonstriert mit und erkundigt sich bei Levins | |
Erzieherin, wie er sich in der Kita betrage. | |
Levins Erzieherin heißt Luise und arbeitet in der Caritas-Kita "Teresa | |
Tauscher" in Charlottenburg. Sie trägt ein grünes Basecap und den kleinen | |
blonden Rafael auf dem Arm. "Wir haben fünf Erzieherstellen. Für die vom | |
Senat verlangte Verwaltungsarbeit brauchen wir fünf Stunden pro Stelle, | |
also 25 Stunden", rechnet sie vor. Diese Stunden müssten die ErzieherInnen | |
zusätzlich leisten - neben wickeln, spielen und aufpassen. Außerdem sei die | |
Kita sowieso schon personell knapp besetzt. "Wir sind zwei Betreuer pro | |
Gruppe, wenn jemand krank wird oder in Mutterschutz geht, wird es richtig | |
eng", sagt Luise. Deswegen pustet auch sie in ihre grüne Trillerpfeife. | |
Rafael hält sich die Ohren zu. | |
Als sie am Roten Rathaus eintreffen, spielt die Band Atze ein Kinderlied: | |
"Ich klatsche in die Hände und streichel meinen Bauch." Die ErzieherInnen | |
tanzen dazu mit den Kindern, die manchmal doch lieber den Luftballons | |
hinterherjagen. Der jüngste Teilnehmer ist wenige Monate alt und sitzt im | |
Kinderwagen. Es ist laut und bunt, jeder Kita-Träger ist mit seinen Farben | |
vertreten: von AWO-Rot bis Humanistische-Union-Orange. | |
Manche Plakate sind von den Kindern gebastelt: "Fünf Stunden mehr", steht | |
auf einem Poster mit aufgeklebten Händen aus Tonpapier, das die kleine | |
Luise trägt. Das Plakat ist größer als sie. Die vielen gemalten | |
Transparente versperren die Sicht auf die Bühne. Unter großem Applaus | |
fordert hier Barbara John, die Vorsitzende des Paritätischen | |
Wohlfahrtsverbands, die Mitglieder des Abgeordnetenhauses auf, in den | |
laufenden Haushaltsdiskussionen mehr Geld für die Kitas bereitzustellen: | |
"Kitas sind dann gut, wenn sie qualitätsvoll sind. Nicht, wenn sie voll | |
sind." | |
22 Sep 2009 | |
## AUTOREN | |
Bastian Brinkmann | |
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