# taz.de -- Guido Westerwelle: Die Ehe tut ihm gut | |
> Früher kurvte er mit dem Guidomobil durch die Gegend und trug die Zahl 18 | |
> unter seinem Schuh. Nicht zuletzt auch durch seinen Lebenspartner ist | |
> Guido Westerwelle ruhiger geworden. | |
Bild: Michael Mronz und Westerwelle bei der Eröffnung der Bayreuther Festspiel… | |
Es ist fast der Clou dieser Bundestagswahlen überhaupt, dass da eine Frau | |
als Chefin bestätigt wurde, eine, die ihren Mann nicht einmal zu den | |
allermeisten Empfängen mitzunehmen pflegt; und dass da ein Mann gewinnt, | |
der offen schwul lebt und am Dienstag in der Bild-Zeitung pseudoerstaunt | |
gefeiert wurde mit der Schlagzeile: "Wer jubelt da an seiner Seite?" | |
Kurz nach Gründung der Bundesrepublik reichte ja noch ein Raunen, um einen | |
Mann zu erledigen. Als man den katholischen Politiker Heinrich von Brentano | |
loswerden wollte, ließ man in des Kanzlers Ohren das Gerücht träufeln, der | |
sei doch ein warmer Bruder. Konrad Adenauer soll darauf gesagt haben: "Also | |
wissen Se, solang der mich nit anpackt, isset mir ejal." | |
Es waren jene Jahre der deutschen Republik, die als die Ära des | |
Wirtschaftswunders gelten - und es waren falsche Fuffziger. Homosexuell zu | |
sein bedeutete ein ewiges Versteckspiel und Angst vor Inhaftierung, denn es | |
galt noch die Nazifassung des Paragrafen 175. | |
Sechzig Prozent der erwachsenen Deutschen von heute kennen diese Atmosphäre | |
christlich-verklemmter Aversion gegen Frauen, die kein Frauchen sein | |
wollten, und Männer, die nicht heterosexuell zu sein schienen, noch aus | |
eigenem Erleben. | |
Guido Westerwelle musste allerdings schwer an sich arbeiten, ehe die | |
Wählerschaft in ihm einen ernsthaften Kandidaten für höchste | |
Regierungsposten erkennen wollte. | |
Schuhsohlen mit der Zahl 18 versehen, Fahrten mit dem neckischen | |
Guidomobil, die Neigung zum Beachvolleyball (statt Fußball), die Stimme | |
einst meist so grell, ohne Mikrofon schon zehn Zentimeter hinter den Lippen | |
tonal verebbend: Das waren Signaturen, die ein gewisses Publikum vielleicht | |
goutierte, dem Rest aber auf die Nerven ging, mindestens dies. | |
Was sich verändert hat, notierten Beobachter auch korrekt: Dass sein | |
Lebensgefährte Michael Mronz ihn ruhiger gestimmt habe, ja, ihn berate, vor | |
allem, was dessen Bild in der Öffentlichkeit anbetrifft. Man könnte sagen: | |
Ihm ging es wie heterosexuellen Singles, die durch eine Liebesbindung zu | |
einer gewissen Ruhe finden konnten. | |
Westerwelle, das mag das Geheimnis seines aktuellen Erfolgs sein, hat seine | |
Post-Coming-out-Pubertätsflausen abgeschüttelt, er geht öffentlich | |
inzwischen als erwachsen, gereift durch. Auch auf sein Konto, mag man | |
loben, geht zurück, dass degoutante Moralen wie im Deutschland der | |
Nachkriegszeit zerbröselten - Angela Merkel und er sind das sittlich | |
erstaunlichste Politikerteam der Nachkriegszeit. | |
30 Sep 2009 | |
## AUTOREN | |
Jan Feddersen | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |