# taz.de -- Parasiten in der Wohnung: Wir sind nicht allein | |
> Selbst wenn wir Freunden absagen, die Mitbewohner rauswerfen und die Tür | |
> verriegeln - allein sind wir noch lange nicht. Denn in uns, auf uns und | |
> um uns herum kriecht und krabbelt es. | |
Bild: Das mikroskopische Präparat einer weiblichen Laus der Spezies Bonomiella… | |
Die Stressige | |
Ihre potenzielle Untermieterin Pediculus humanus corporis ist | |
wahrscheinlich der nervigste aller ungebetenen Gäste. Die bis zu vier | |
Millimeter große Kopflaus, hier zu sehen auf dem großen Bild, wohnt in | |
Ihren Haaren. Wenn der Parasit Sie mit seinem Rüssel sticht, um etwas Blut | |
abzuzapfen - das macht er ungefähr alle drei Stunden -, hinterlässt er | |
Speichel in der Wunde. Und der kann ziemlich jucken. | |
Ist die Laus satt, saust sie mit bis zu 30 Zentimeter pro Minute zum Ende | |
Ihrer Haare und wartet auf den Transport zum nächsten Kopf. Kommt jemand, | |
krabbelt sie hinüber und nistet sich dort ein. So ist sie wahrscheinlich | |
auch auf Ihrem Kopf gelandet: weil Sie und ein Läuseträger die Köpfe | |
zusammengesteckt haben. Fällt die Laus aber beim Rüberschleichen runter, | |
ist sie schnell erledigt: Sie überlebt nur sechs bis sieben Stunden ohne | |
ihren Wirt. | |
Das Desinfizieren von Kleidung, Bettwäsche oder Böden bringt eigentlich gar | |
nichts. Auch wenn Sie sich täglich gründlich die Haare waschen - dem | |
Klammergriff Ihres kleinen Untermieters entkommen Sie nicht. Zumindest | |
brauchen Sie sich nicht um ansteckende Krankheiten sorgen, die Kopflaus | |
überträgt keine. Durch das viele Kratzen kann sich höchstens Ihre Kopfhaut | |
entzünden. | |
Sie wollen aber sicher trotzdem Ihre ungebetenen Gäste wieder loswerden. | |
Das ist im Moment ein bisschen umständlich, denn die Kopflaus ist resistent | |
gegen viele übliche Lausmittel geworden, die die Nervensysteme der Tiere | |
lähmen und sie so töten. Es gibt aber durchaus noch Wirkstoffe, die die | |
Parasiten vertreiben können, etwa Silikonöl oder Niemsamen. Die ersticken | |
die Tierchen einfach. Aber bitte Vorsicht, manche der Mittel sind | |
entflammbar. | |
Am besten hilft doch immer noch der gute alte Nissenkamm: ein dünner Kamm | |
mit sehr eng angeordneten Zinken. Mit diesem müssen Sie mindestens einmal | |
am Tag Ihre nassen Haare geduldig durchkämmen. Ihre Läuse und auch deren | |
Eier, die Nissen, bleiben einfach daran hängen. | |
Ein weiterer Schutz vor den ungebetenen Gästen ist: Reden Sie über sie. | |
Sagen Sie Ihren Nachbarn, Freunden oder den Lehrern und Spielkameraden | |
Ihrer Kinder Bescheid, dass Sie Läuse haben. So vermeiden Sie, dass Ihr | |
Untermieter umzieht. Aber auch, dass er wieder zurückkommt, wenn Sie ihn | |
erst einmal los sind. | |
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Die Touristin | |
Vielleicht haben Sie im Urlaub Ihren Koffer offen stehen gelassen. Oder Sie | |
haben sich alte Möbel gekauft. Dann könnte Cimex lectularius bei Ihnen | |
eingezogen sein. Die Bettwanze ist eine unangenehme Untermieterin: Sie | |
versteckt sich tagsüber in Steckdosen, Matratzennähten, Möbelritzen, hinter | |
Ihren Bildern oder Vorhängen. Sie ist platt wie ein Stück Papier und nur | |
sechs Millimeter groß. Früher gab man ihr deshalb den Namen Tapetenflunder. | |
Sie erkennen Ihre neue Mitbewohnerin an braunen Flecken auf Matratze und | |
Laken oder am süßlich-modrigen Geruch in Ihrer Wohnung. | |
Nachts krabbelt sie hungrig aus ihrem Versteck, um Ihnen mit ihrem Rüssel | |
etwas Blut abzuzapfen. Wenn sie nicht sofort eine Ader findet, sticht sie | |
vielleicht sogar öfter zu. Dadurch entstehen die sogenannten Wanzenstraßen | |
auf der Haut. Wegen des Speichels, den die Wanze beim Saugen hinterlässt, | |
können ihre Stiche bis zu einer Woche lang stark jucken. Doch bis auf | |
allergische Reaktionen kann Ihnen nicht viel passieren - die Bettwanze hat | |
zwar verschiedene Krankheitserreger, eine Übertragung konnte bisher aber | |
noch niemand nachweisen. | |
Bis vor wenigen Jahren galt Ihr Parasit in Deutschland als ausgerottet. | |
Vielleicht auch, weil viele Leute nicht zugeben wollten, dass Wanzen bei | |
ihnen wohnen. Die Wanze ist aber gerade mächtig auf dem Vormarsch und macht | |
dabei keinen Unterschied zwischen schmutzigen Wohnungen und noblen | |
Hotelzimmern. Entweder wird sie durch Reisende eingeschleppt oder ist | |
mittlerweile resistent gegen die üblichen Insektizide. Genau weiß keiner, | |
warum sie wieder da ist. | |
Ihr Untermieter kann ein Jahr ohne Nahrung, also Blut, auskommen. Es kann | |
teuer werden, ihn wieder loszuwerden: mindestens zwei Mal muss der | |
Kammerjäger im Abstand von zwei Wochen kommen und Ihre Wohnung ausräuchern. | |
Bis zu 1.000 Euro kann das kosten. In dieser Zeit sollten Sie sich dringend | |
eine andere Bleibe suchen. Also lieber gleich drauf achten: Bevor Sie aus | |
dem Urlaub nach Hause fahren, schütteln Sie besser Ihre Kleidung und den | |
Koffer aus, vor allem wenn Sie in warmen Gebieten unterwegs waren. | |
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Die Omnipräsente | |
Die Hausstaubmilbe wohnt wahrscheinlich sowieso bei Ihnen, sie ist | |
eigentlich in jeder Wohnung. Ihre Mitbewohnerin Dermatophagoides | |
pteronyssinus wird mit dem Wind in Ihr Schlafzimmer geweht, oder Sie tragen | |
Sie in Ihrer Kleidung in die Wohnung. Die Hausstaubmilbe ist mit der Spinne | |
verwandt und wird nicht größer als ein Fünftelmillimeter. | |
Ihr kleiner Parasit ernährt sich von Pilzen, die auf Hautschuppen oder | |
Essensresten wachsen - und die sind quasi überall. In einem Teelöffel | |
Schlafzimmerstaub wohnen im Schnitt 1.000 Tierchen. Wenn Sie einen | |
Teppichboden oder Polstermöbel haben, Ihr Schlafzimmer zu warm und zu | |
feucht ist, dann sind Sie ihr bevorzugter Vermieter, die Parasiten ziehen | |
dann zu Millionen bei Ihnen ein. | |
Wirklich schaden können Ihnen die Tierchen aber nur, wenn Sie zu den 25 | |
Prozent potenziellen Allergikern in Deutschland gehören. Dann könnten der | |
Kot oder die Partikel des Spinnentiers, die Sie einatmen, Entzündungen der | |
Augen und der Nase oder sogar Asthma auslösen. Erreger für schlimmere | |
Krankheiten können die Milben jedoch nicht übertragen. | |
Es gibt zwar spezielle Mittel für Teppiche und Böden gegen Ihre | |
Mitbewohner, etwa Spinnenvernichter oder Niemsamenprodukte. Doch der | |
einfachste Trick, die ungebetenen Gäste im Zaum zu halten ist: Heizen Sie | |
Ihr Schlafzimmer nicht zu sehr. Die Raumtemperatur sollte unter 16 Grad | |
bleiben. Lüften Sie gut durch, und wenn Sie die Wahl haben: lieber keinen | |
Teppichboden. Und wenn Sie morgens Ihr Bett ausschütteln und die Bettdecke | |
einmal umdrehen, kriegen die Tierchen nicht die Chance, sich in der | |
wohligen Wärme Ihres Bettes zu vermehren. | |
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Der Unbekannte | |
Von diesem Untermieter haben Sie vielleicht noch nie etwas gehört, obwohl | |
ihn weltweit 1,5 Milliarden Menschen haben: Enterobius vermicularis, der | |
Kindermadenwurm. In Deutschland ist er der verbreitetste Parasit und gehört | |
zu den häufigsten Würmern überhaupt. | |
Zu Ihnen gezogen ist der 8 Millimeter kleine Wurm vielleicht aus einer | |
Toilette oder einfach durch Körperkontakt. Jetzt wohnt er in Ihrem Darm. | |
Sein Name ist irreführend, der Kindermadenwurm zieht nicht nur zu Kindern. | |
Wirklich jeder kann ihn haben, weltweit jeder Vierte hat ihn schon. | |
Die weiblichen Kindermadenwürmer kriechen nachts aus dem Endteil des Darms, | |
dem Anus, heraus und legen um die Öffnung ihre Eier ab, dann kriechen sie | |
wieder zurück. Das Kriechen der Würmer kann sehr jucken. Deshalb kratzen | |
Sie sich vielleicht im Schlaf und kriegen dadurch die Eier Ihres | |
Mitbewohners unter die Fingernägel. Damit können Sie jetzt ganz leicht | |
andere Menschen anstecken, vielleicht haben Sie ihn sogar selbst so | |
gekriegt. | |
Wenn der Kindermadenwurm bei Ihnen wohnt, ist das zwar unangenehm, vor | |
allem weil er Ihnen den Schlaf raubt. Aber er überträgt keine schlimmen | |
Krankheiten. Auch Ihrem Darm macht er meistens gar nichts aus. Um ihn | |
wieder loszuwerden, sollten Sie trotzdem zum Arzt gehen und sich ein | |
Wurmmittel verschreiben lassen. | |
Auch Ihre WG oder die Familie sollten sich gleich mitbehandeln lassen. Das | |
Medikament tötet aber nur die Würmer, nicht die Larven. Deshalb ist es | |
wichtig, das Mittel nach zwei Wochen noch einmal zu nehmen. Um den lästigen | |
Untermieter gar nicht erst zu bekommen, sollten Sie Ihre Wäsche häufig | |
wechseln und gut waschen, Ihre Toilette heiß putzen, und sich häufig die | |
Hände waschen. | |
2 Oct 2009 | |
## AUTOREN | |
Maria Rossbauer | |
Maria Rossbauer | |
## TAGS | |
Touristen | |
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