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# taz.de -- Dokudrama "Wunder von Leipzig": Viele Helden, keine Schüsse
> Starke Interviews, tolle Archivbilder, unhampelige Akteure: Das Dokudrama
> "Wunder von Leipzig" ist stimmig arrangiert. (Do., 20.15 Uhr, MDR)
Bild: Ohne einen Schuss: der Protest in Leipzig blieb friedlich.
Der Golf braust übers Leipziger Pflaster, die West-Oma hat ihn ihrem
Ost-Enkel geschenkt, und der hängt mit seiner Friedens- und Umweltgruppe
die Stasisten ab. Er entwischt den Spitzeln regelmäßig, sie sitzen entnervt
in ihren Ostautos und beklagen sich bei den Vorgesetzten über ihre
langsamen Dienstfahrzeuge. Der Enkel aber nennt sein Fahrzeug den
"Friedensgolf".
Das Detail ganz am Anfang des Dokudramas "Das Wunder von Leipzig" steht für
zwei tolle Züge des Films von Sebastian Dehnhardt und Matthias Schmidt:
Spannung und ein liebevoller, aber nie gönnerhafter Blick auf die
Revolutionäre von Leipzig. Bei allem TV-Genudel von Mauerfall, Gorbi und
den Wackeren von Prenzlauer Berg, rutscht Leipzig ein wenig in den
Hintergrund, und deshalb ist es gut, dass es diesen Film gibt. Er zeigt,
wie mehr und mehr Einwohner der Stadt den Mut zum Protest fanden, von
Montagsdemo zu Montagsdemo, wie der Staat mit Knüppelschlägen und
Festnahmen reagierte, wie schließlich Tausende um den Innenstadtring zogen,
vorbei an der Stasizentrale, ohne dass ein Schuss fiel. Das ist der 9.
Oktober, das ist das Wunder von Leipzig.
Durch die Auswahl der Zeitzeugen wird ein Wesenszug von 1989 transportiert:
dass es keine Tat einzelner Helden war, sondern die Leistung einer
wachsenden Gemeinschaft. Sogar auf den dauerpräsenten früheren
Nikolaikirchenpfarrer Christian Führer wurde verzichtet. Auf der Seite der
Bösen ist das Casting weniger durchdacht: Hier hätten ein paar einzelne
Verantwortliche nicht geschadet. Kein Schläger, kein Hetzer, nur ein alter
Pfarrer, der seine Kirche verschloss und ein gemütlicher Stasioffizier in
Onkelpose.
Sonst - vom mitunter zu dräuenden Offkommentar mal abgesehen - passt das
Arrangement: Interviews stark, Archivbilder eindrucksvoll und die
Schauspieler fast nie hampelig. Kein Fernsehwunder 2009, aber ein
fesselnder Blick aufs Wunder von 1989.
7 Oct 2009
## AUTOREN
Georg Löwisch
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