# taz.de -- Kommentar Migranten-Äußerungen: Einen Sarrazin braucht niemand | |
> Bundesbank-Vorstand Sarrazin wurde wegen seiner Äußerungen degradiert. | |
> Das ist gut so. Dass er zum Märtyrer stilisiert wird, liegt auch an | |
> Medien wie "Spiegel", "FAZ", "Welt" und "Bild". | |
Er hat sich entschuldigt, und damit hätte man es bewenden lassen können. | |
Doch Sarrazin hat in den fünf Monaten, in denen er bei der Bundesbank ist, | |
mit umstrittenen Interviews mehr als einmal gegen den Kodex verstoßen. | |
Nicht gegen den einer angeblich vorherrschenden Political Correctness. | |
Sondern gegen den Kodex der Institution Bundesbank. Deshalb wurde er jetzt | |
degradiert, und das ist auch gut so. | |
In jeder anderen Firma wäre ein Mitarbeiter, der seinen Geltungsdrang so | |
offensichtlich über die Loyalität zu seinem Arbeitgeber stellt, sofort | |
gefeuert worden. Sarrazin hat schließlich nicht bloß ein Brötchen von einem | |
Buffet geklaut, das nicht für ihn gedacht war, sondern mit seinen | |
rassistischen Äußerungen dem Ansehen der Bundesbank geschadet. Dass seine | |
Ansichten offenbar von vielen Menschen in Deutschland geteilt werden, macht | |
die Sache nicht besser. Denn anders als eine politische Partei - in | |
Sarrazins Fall die SPD, deren Mitglied er ist - kann sich die Bundesbank | |
nicht allein nach dem aktuellen Meinungsklima in Deutschland richten. Sie | |
hat ihre eigenen Prinzipien, zu denen es zum Beispiel gehört, in | |
politischen Fragen strikte Neutralität zu wahren. Und sie muss darauf | |
achten, wie sie im Ausland wahrgenommen wird. Da ist es nicht gerade | |
hilfreich, wenn ein Vorstand alles dafür tut, das Schreckbild des | |
hässlichen Deutschen mit neuem Leben zu füllen. | |
Natürlich birgt die Entscheidung der Bundesbank die Gefahr, aus einer | |
notorischen Krawallschachtel einen "Märtyrer der Meinungsfreiheit" zu | |
machen. Dass Sarrazin überhaupt dazu stilisiert wird, ist das Verdienst | |
jener Medien, die seine Tiraden zu einer Art höheren Weisheit verklärt | |
haben. Habe er denn, so seine Fürsprecher in Spiegel, FAZ, Welt, Bild und | |
Junge Freiheit, nicht nur ausgesprochen, was tatsächlich im Argen liege? | |
Kaum ein Politiker, nicht einmal aus der Union oder der FDP, mochte sich | |
diesem Urteil bislang anschließen, und auch Sarrazins Bundesbankkollegen | |
sehen die Dinge zum Glück etwas anders. Zum Rücktritt bewegen konnten sie | |
Sarrazin leider nicht, ihn wieder loszuwerden ist nicht ganz so einfach. Am | |
Ende haben sie sich für einen Kompromiss entschieden, der einer faktischen | |
Entmachtung gleichkommt. Damit haben sie mehr politische Vernunft, | |
Verantwortungsgefühl, Augenmaß und Anstand bewiesen, als in so manchen | |
Redaktionsfluren dieser Republik zu Hause ist. | |
13 Oct 2009 | |
## AUTOREN | |
Daniel Bax | |
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