# taz.de -- Todesstrafen nach Juli-Unruhen in Xinjiang: China rechnet scharf ab | |
> Ein Gericht verurteilt elf Uiguren und einen Han-Chinesen zum Tode. Damit | |
> will die Regierung in Peking auch die Familien der Opfer besänftigen. | |
> Ethnische Konflikte drohen. | |
Bild: Angeklagte, teilweise wurden sie zum Tode verurteilt. | |
PEKING taz | Drei Monate nach den blutigen ethnischen Unruhen in Chinas | |
westlicher Grenzregion Xinjiang rechnen die Behörden scharf mit den Tätern | |
ab. In zwei Gerichtsverhandlungen in Urumqi wurden in dieser Woche elf | |
Uiguren und ein Han-Chinese zum Tode verurteilt. Drei bekamen eine letzte | |
Chance: Sollten sie sich in den nächsten zwei Jahren "bewähren", kann ihre | |
Strafe in lebenslange Haft umgewandelt werden. | |
Neun weitere Angeklagte wurden zu zum Teil hohen Gefängnisstrafen | |
verurteilt. Allen wurde vorgeworfen, gemordet, gebrandschatzt oder | |
geplündert zu haben. Am 5. Juli waren nach offiziellen Angaben in der Stadt | |
etwa 200 Menschen ums Leben gekommen und 1.600 verletzt worden, als nach | |
einer Studentendemonstration ein uigurischer Mob auf Han-Chinesen | |
losschlug. | |
Die Prozesse am Montag und Donnerstag fanden unter großen | |
Sicherheitsvorkehrungen statt: Die Regierung befürchtet neue Unruhen. Im | |
August waren tausende Han-Chinesen auf die Straße gegangen, um schnelle und | |
harte Strafen gegen die Gewalttäter vom 5. Juli zu fordern. Über 400 | |
Verdächtige sind nach amtlichen Angaben noch in Haft. Ihnen wird | |
vorgeworfen, an der Gewalt beteiligt gewesen zu sein. Uiguren in Xinjiang | |
und im Exil beschuldigen die Behörden derweil, hunderte von Landsleuten | |
verschleppt zu haben - ohne Haftbefehl und ohne die Angehörigen zu | |
informieren. | |
Die Regierung in Peking will mit den Todesurteilen die Familien der Opfer | |
besänftigen und Härte gegen die Täter zeigen. Um die Lage zu beruhigen, | |
verspricht sie zudem, mehr Geld für die wirtschaftliche Entwicklung von | |
Xinjiang zu investieren. Seit einiger Zeit versuchen die lokalen Behörden, | |
Jobs für junge Uiguren vor allem in der südlichen Stadt Guangdong zu | |
schaffen. | |
Dort war es im Juni zu einer Schlägerei zwischen uigurischen und | |
han-chinesischen Arbeitern gekommen, bei denen zwei Uiguren starben. Dieser | |
Konflikt war der Funke, der die Unruhen in Xinjiang entzündete. Ein | |
han-chinesischer Arbeiter wurde wegen dieser Tat am Wochenende zum Tode | |
verurteilt. Viele Uiguren fühlen sich wirtschaftlich benachteiligt und von | |
den Han-Chinesen an den Rand gedrängt. Deren Anteil in der Region hat sich | |
seit der Gründung der Volksrepublik von sechs Prozent auf heute 40 Prozent | |
erhöht. In Urumqi sind Uiguren bereits in der Minderheit. Weil 70 Prozent | |
kein Chinesisch lesen können, sind ihre Jobchancen schlecht. | |
15 Oct 2009 | |
## AUTOREN | |
Jutta Lietsch | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |