# taz.de -- Käßmann ist EKD-Ratsvorsitzende: Nicht Päpstin – Moderatorin | |
> Erstmals steht eine Frau an der Spitze der Evangelischen Kirche in | |
> Deutschland. Die hannoversche Landesbischöfin Margot Käßmann wurde in Ulm | |
> zur neuen EKD-Ratsvorsitzenden gewählt. | |
Bild: Das wichtigste Amt in der Evangelischen Kirche Deutschlands ist erstmals … | |
Die Dankesrede war typisch Käßmann: Ihre Großmutter, erzählte die | |
Hannoversche Landesbischöfin Margot Käßmann am Mittwoch in Ulm, sei ja kein | |
Fan der Frauenordination gewesen. Aber als ihre Enkelin nach der | |
Priesterweihe dann 1999 sogar zur Bischöfin gewählt wurde, habe die | |
evangelikale Oma gesagt: "Wem der liebe Gott ein Amt gibt, dem gibt er auch | |
die Kraft, es auszufüllen." | |
Darauf vertraue sie auch heute, sagte Käßmann vor den 142 Synodalen, die | |
sie soeben mit fast sozialistischer Mehrheit an die Spitze der | |
Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gewählt hatten. Somit ist | |
erstmals in der bald 500-jährigen Geschichte des deutschen Protestantismus | |
eine Frau ganz oben angekommen. | |
Zählt man die Präses der Synode, also die Vorsitzende des | |
Kirchenparlaments, Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne), | |
noch hinzu, dann werden die 25 Millionen evangelischen Christen der | |
Bundesrepublik jetzt von einer weiblichen Doppelspitze regiert. Weil am | |
Mittwoch auch noch Bundeskanzlerin Angela Merkel wiedergewählt wurde, sagte | |
Käßmann: Das sei wohl "der Tag der evangelischen Frauen". | |
Die 51-Jährige erhielt in der Ulmer Synode 132 von 142 abgegebenen Stimmen. | |
Das ist ein deutlicher Vertrauensbeweis, auch wenn wie üblich nur eine | |
Person zur Wahl stand. Dass sie Ratsvorsitzende werden würde, stand de | |
facto schon am Dienstag fest, als sie als Einzige von 21 Kandidaten im | |
ersten Wahlgang in den Rat der EKD gelangt war - während alle anderen | |
Bischöfe und mögliche Gegenkandidaten meist nur mühsamst nach etlichen | |
Wahlgängen in den Rat hüpften. | |
Was aber bedeutet die Wahl Käßmanns für die Macht in der EKD und deren | |
politische Richtung? Der Ratsvorsitz ist keine unbedeutende Position im | |
deutschen Protestantismus, aber mit viel direkter Macht ist dieses Amt | |
nicht ausgestattet. Die EKD ist ein Zusammenschluss von 22 Landeskirchen, | |
und vor allem bei den jeweiligen Landessynoden und Kirchenleitungen liegt | |
die eigentliche Macht. Die Ratsvorsitzende wird deshalb zwangsläufig eher | |
Moderatorin als Päpstin sein, wenn es so etwas denn gäbe. Andererseits ist | |
in einer Mediengesellschaft die Person an der Spitze des Protestantismus | |
eben eine entscheidende Figur, die via Öffentlichkeit Macht hat. Käßmann | |
spielt mit Bravour auf der Klaviatur der Medien. | |
Zugleich zählt die neue Ratsvorsitzende ohne Zweifel zu den liberalen | |
Kräften im deutschen Protestantismus - ebenso ihr Stellvertreter Nikolaus | |
Schneider, Chef ("Präses") der Evangelischen Kirche im Rheinland, und | |
Göring-Eckardt. Der konservative, evangelikale Flügel des deutschen | |
Protestantismus kommt an der Spitze der EKD und auch in dessen Rat kaum | |
vor. Völlig falsch wäre übrigens auch die Vorstellung, dass eine Riege | |
konservativer Männer im Hintergrund zwei schwache liberale Frauen nach | |
vorne geschoben hätten, um umso ungestörter zu agieren. Käßmann steht | |
weiter der größten Landeskirche der EKD vor. So ist die Macht in der EKD | |
seit diesem Mittwoch in Ulm vor allem eines: weiblich. | |
28 Oct 2009 | |
## AUTOREN | |
Philipp Gessler | |
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jedoch, dass sie den Reformprozess noch stärker in die einzelnen Gemeinden | |
tragen wolle. |