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# taz.de -- Ex-NDR-Fernsehspielchefin Heinze: Rätselhafte Selbstzerstörung
> Während die Staatsanwaltschaft noch gegen sie ermittelt, klagt die
> betrugsverdächtige Ex-NDR-Fernsehspielchefin Heinze gegen ihre
> Kündigungen - warum bloß?
Bild: Ruinierter Ruf: Ex-NDR-Fernsehspielchefin Heinze.
Bernhard Höpfner, der Anwalt des NDR, gab sich verwundert: "Ich wäre damit
zu Hause geblieben", sagte er, schließlich gehe in es ihrem Fall um
"erhebliche Straftaten". Das Erstaunen gilt der mehrfach fristlos
gekündigten Fernsehfilmfachfrau Doris Heinze. Weil die einst angesehene
Programmmanagerin ihre Kündigungen zumindest teilweise für unwirksam hält,
klagt sie vor dem Arbeitsgericht Hamburg gegen ihren langjährigen
Brötchengeber. Die Causa dürfte die Parteien noch einige Zeit beschäftigen,
denn bei einem Gütetermin am Dienstag konnten sie sich nicht einigen.
In wörtlicher Hinsicht lag der NDR-Anwalt zwar falsch, denn tatsächlich war
Heinze zu Hause geblieben - oder vielleicht auch an einem so hübschen
Fleckchen Erde wie Irland, jenem Aufenthaltsort, den sie sich in einer
fiktiven Biografie für ihr Alter Ego Marie Funder-Donoghue ausgedacht
hatte.
In der Sache war Höpfners Einschätzung aber nachvollziehbar. Nicht wenige
Beobachter fragen sich, warum Heinze, gegen die die Staatsanwaltschaft
Hamburg wegen Betrugsverdacht ermittelt, es riskiert, dass nun - da das
Medieninteresse an ihrer Person vorerst abgeebbt ist - auf
arbeitsrechtlicher Bühne Einzelheiten ihres spektakulären Falls präsentiert
werden. Zur Erinnerung: Zwischen 2001 und 2009 hatte die 60-Jährige ihrem
Ehemann mehrere Drehbuchaufträge zugeschanzt, die dieser, um den Sender zu
täuschen, unter Pseudonym erledigte. Außerdem hatte die ehrenwerte Dame
unter Pseudonym über externe Produktionsfirmen zwei Drehbücher und ein
Treatment für den NDR geschrieben und auf diese Weise unzulässig hohe
Honorare kassiert. Der entstandene Schaden beträgt nach Rechnung des
Senders 47.000 Euro.
Der Ruf mag ruiniert sein, doch auf dem Nebenkriegsschauplatz
Arbeitsgericht ist ihre Position gar nicht mal so schlecht. So sehen das
jedenfalls Heinzes Rechtsbeistände Anne Gaulin und Gerd "Mecki" Benoit:
Nach ihrer Ansicht weisen zwei der Kündigungen - die die verdeckte
Tätigkeit von Heinzes Gatten und ihre eigenen Aktivitäten unter Pseudonym
betreffen - formale Fehler auf. Im Kern geht es um die Unterschriften.
Neben der Personalchefin des NDR hat auch die seit zehn Jahren für Heinze
zuständige Personalreferentin die Dokumente unterzeichnet. Die Frage ist,
ob Letztere ohne Vollmacht dazu berechtigt war. Richterin Carla Coutinho,
die den Sachverhalt nun prüfen will, deutete an, dass sie die Sichtweise
von Heinzes Advokaten keineswegs für abwegig hält. Kein Wunder, dass Benoit
die Sitzung, die die meisten Zuschauer als absurdes Theater rezipierten,
"erfrischend" fand.
Bleibt noch eine dritte Kündigung, an der es allem Anschein nach formal
nichts auszusetzen gibt. Diese sei aber, anders als die anderen, inhaltlich
nicht zutreffend, argumentiert Benoit. Der Vorwurf lautet, dass Heinze ein
nie verfilmtes Drehbuch unter dem Titel "Dienstage mit Antoine" an den NDR
und in fast identischer Form als "Dienstage mit Marie" noch einmal an eine
Produktionsfirma verkauft hat. Ihr Anwalt sagt, es habe sich dabei um
verschiedene Stoffe gehandelt. Hier könnte es jenseits des Arbeitsrechts
spannend werden: Wann sind zwei Drehbücher fast identisch? Angesichts der
vielen verwechselbaren Produkte, die öffentlich-rechtliche
Fernsehfilmredaktionen in den letzten Jahren haben herstellen lassen, ist
das eine knifflige Frage.
Vielleicht sollte das Gericht für den nächsten Verhandlungstermin am 12.
Februar einen Fernsehkritiker als Sachverständigen vorladen. Ob dann sogar
Heinze auftaucht, ist noch ungewiss. Richterin Coutinho sagte in Richtung
der Anwälte: "Sie sollte sich zu der Zeit nicht im Ausland aufhalten. Es
kann sein, dass ich ihr Erscheinen anordne."
28 Oct 2009
## AUTOREN
René Martens
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