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# taz.de -- Lobbyisten in Bundesministerien: Transparenz noch mangelhaft
> Das Innenministerium veröffentlicht zum dritten Mal, welche Ministerien
> wie viele externe Mitarbeiter beschäftigten. Lobbycontrol und Linkspartei
> fordern, die Beschäftigung Externer zu stoppen.
Bild: Grünenpoliker Volker Beck hält Fälle, in denen Interessenverquickungen…
BERLIN taz Die Organisation Lobbycontrol sowie Linkspartei und Grüne
kritisieren weiter die Beschäftigung von externen Mitarbeitern in
Bundesministerien. Im dritten Bericht des Innenministeriums, der der taz
vorliegt, werden 49 derartiger Fälle für den Zeitraum Anfang Februar bis
Ende Juni 2009 aufgelistet, drei mehr als im vorherigen Bericht. Besonders
das Auswärtige Amt und das Bildungsministerium beschäftigtendemnach
Externe.
"Dass nur noch vier Mitarbeiter aus Unternehmen und Wirtschaftsverbänden
entsandt wurden ist eine erfreuliche Entwicklung und ein Teilerfolg unserer
Bemühungen", sagte Ulrich Müller von Lobbycontrol der taz. Allerdings gebe
es noch immer Transparenzprobleme: Bestimmte Fälle seien gar nicht
aufgelistet. So tauchen befristete Verträge, Werks- und Beratungsverträge
nicht auf. "Wie groß die Schlupflöcher sind wissen wir nicht", urteilt
Lobbyexperte Müller.
Auch Klaus Singer, wissenschaftlicher Mitarbeiter der haushaltspolitschen
Sprecherin der Linksfraktion, Gesine Lötzsch, wundert sich über die geringe
Zahl. "Vor 2008 ist man von mindestens 100 solcher Externer ausgegangen,
andere Schätzungen lagen bei bis zu 300", so Singer. Zudem sei nicht
kontrollierbar, was genau diese Experten eigentlich arbeiteten. Die
Linkspartei fordert daher, die Beschäftigung Externer zu beenden.
Offiziell startete 2004 das Personenaustauschprogramm Seitenwechsel,
initiiert vom damaligen Bundesinnenminister Otto Schily (SPD). Ziel war der
Wissenstransfer zwischen Privatwirtschaft und Bundesbehörden.
Nach Ansicht von Volker Beck, parlamentarischer Geschäftsführer der
Grünenfraktion, geht dieses als gegenseitiger Austausch geplante Programm
nur in eine Richtung. In lediglich zwei Fällen seien Bundesbeamte in
Verbänden oder Unternehmen tätig gewesen. "Dies entspricht nicht dem
Gedanken des Wissens- und Erfahrungsaustausches", sagte Beck der taz.
Die neue Dimension des Lobbyismus wurde Ende 2006 durch das ARD-Magazin
Monitor enthüllt – zahlreiche Beispiele der Einflussnahme der
Privatwirtschaft an Gesetzgebungsprozessen inklusive. Nach dieser
Enthüllung trat Mitte 2008 eine Verwaltungsvorschrift in Kraft. Demnach
dürfen Externe nicht mehr an Gesetzen mitschreiben, sollten nicht in ihrem
Fachgebiet eingesetzt werden und "im Regelfall" nicht länger als sechs
Monate beschäftigt sein.
Diese Regeln werden von der Regierung jedoch nur lax eingehalten.
"Hauptsächlich sind das Soll-Vorschriften ohne Sanktionsmöglichkeit",
erklärte Lobbyexperte Müller. Von den zehn neu aufgelisteten Fällen sind
zudem nur drei für einen Zeitraum bis zu sechs Monaten entsandt. "Damit ist
die Ausnahme, was die Regel sein sollte", sagte Müller.
Unproblematisch seien Beschäftigte bundesnaher Einrichtungen wie dem
Goethe-Institut oder dem Luft- und Raumfahrtzentrum, die den Großteil der
externen Mitarbeiter ausmachen. Kritisch betrachtet werden müssten dagegen
die Vertreter von Wirtschaftsverbänden und Unternehmen, wie etwa
Mitarbeiter der Deutschen Bank und des Bundesverbands Deutscher
Volksbanken.
Grünenpoliker Volker Beck hält Fälle, in denen Interessenverquickungen nahe
liegen, für besonders problematisch. "Indikatoren dafür können eine
überlange Beschäftigungsdauer sein oder die Tatsache, dass die entsendende
Stelle den Entsandten weiter bezahlt", so Beck. Die Mehrzahl der Fälle
erfüllt diese Indikatoren: 37 Mitarbeiter wurden mehr als ein Jahr
angestellt, 22 ausschließlich von der entsendeten Stelle bezahlt.
Lobbycontrol und Grüne fordern die Bundesregierung auf, die halbjährigen
Berichte öffentlich zugänglich zu machen. Angesichts der Problematik von
Interessenskonflikten und einseitiger Einflussnahme tritt der Verein
Lobbycontrol zudem dafür ein, die Beschäftigung externer Mitarbeiter in den
Ministerien komplett zu stoppen.
5 Nov 2009
## AUTOREN
Paul Wrusch
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