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# taz.de -- Vor dem Länderspiel gegen Elfenbeinküste: Wunderbares Westafrika
> Die Elfenbeinküste, Kamerun, Ghana und Nigeria reisen zur
> Fußball-Weltmeisterschaft. Vor allem die Côte d'Ivoire, Gegner der
> DFB-Auswahl am Mittwochabend, wird hoch gehandelt.
Bild: Didier Drogba, der Kapitän des Teams der Elfenbeinküste, feiert den 5:0…
Otto Pfister glaubt, der Weltfußball stehe erst am Anfang einer
Entwicklung. "Schauen Sie doch auf die Leichtathletik, dort werden die
meisten Disziplinen längst von Sportlern aus exotischen Ländern dominiert,
die oft afrikanische Vorfahren haben", sagt der weit gereiste Trainer.
Pfister spricht von "Talent", von "Dynamik" und "technischen Fähigkeiten",
Fußballer mit afrikanischen Wurzeln verfügten einfach über günstigere
körperliche Voraussetzungen, meint der 71-Jährige.
In der Champions League, wo immer mehr Spitzenklubs die Schlüsselpositionen
mit Afrikanern besetzen, sei diese Tendenz ebenso erkennbar wie an den
jüngsten Ergebnissen der WM-Qualifikation. Besonders der Westen des
Schwarzen Kontinents dominierte wie nie.
Mit Nigeria, Kamerun, der Elfenbeinküste und Ghana haben sich vier Nationen
aus dieser Region für das Weltturnier 2010 qualifiziert, während der einst
so mächtige Norden nur durch den Sieger des Entscheidungsspiels zwischen
Ägypten und Algerien vertreten wird.
Viele Jahre profitierte Nordafrika von seinem größeren Wohlstand, von
professionelleren Sportsystemen, der Vorteil hat sich jetzt allerdings in
einen Nachteil verwandelt. Viele Spieler aus Ägypten und den
Maghreb-Nationen verweilen lange bei ihren Heimatklubs, wo sich ein
bequemes Leben führen lässt, wohingegen die westafrikanischen Talente immer
früher in den Ausbildungssystemen europäischer Großklubs landen.
Inzwischen ist ein Stadium erreicht, in dem das in Europa erworbene
Know-how in die Nationalteams zurücktransferiert wird. Stars wie Didier
Drogba (Elfenbeinküste), Samuel Etoo (Kamerun) oder Michael Essien (Ghana)
mischen sich ein, diese Leute sind in der Heimat oft mächtiger als ihre
Trainer, "sie wollen in der Nationalmannschaft unter halbwegs
professionellen Bedingungen arbeiten", meint Pfister.
Zumindest einige der oftmals völlig chaotisch organisierten Verbände geben
diesem Druck nach. Kein Repräsentant Afrikas fährt zur WM, weil die
Favoriten, wie vor vier Jahren mit dem Team Nigerias geschehen, in der
Qualifikation im Chaos versanken, erstmals nehmen tatsächlich die
afrikanischen Mannschaften mit den besten Spielern am Weltturnier teil.
Diese Einschätzung teilt auch Guy Demel. "Gute Fußballer gab es bei uns
schon immer", sagt der ivorische Defensivspezialist vom Hamburger SV, "aber
ab einem bestimmten Niveau werden Kleinigkeiten immer wichtiger." Man
brauche Physiotherapeuten, ein gutes Hotel, und eine vernünftige
Trainingsanlage, all das habe sich zuletzt erheblich verbessert.
Auf dieser Basis kann sich das fantastische fußballerische Potenzial
entfalten, Samuel Etoo glaubt gar, die westafrikanischen Nationen seien
mittlerweile in der Lage, den WM-Titel zu gewinnen. "Wir haben gelernt,
dass Fußball mehr ist als die 90 Minuten auf dem Rasen", sagt der Stürmer,
der in diesem Sommer vom FC Barcelona zu Inter Mailand wechselte. "Alles
muss bis ins Detail stimmen, wenn man erfolgreich sein will. Wir haben das
schmerzhaft lernen müssen, es hat ja früher großes Chaos in afrikanischen
Teams gegeben. Damit ist es vorbei."
Das hört sich gut an und mag stimmen, wenn es um Dinge wie Logistik,
Organisation und Betreuung geht. Doch Machtkämpfe in den Verbänden und
unberechenbare Personalentscheidungen gehören weiterhin zum afrikanischen
Fußball wie die Trommelrhythmen auf den Tribünen. So kündigte Pfister im
Mai seinen Job als Trainer Kameruns, weil die Funktionäre hinter seinem
Rücken die Assistenztrainer entließen. Problematisch bleibt außerdem der
Afrika-Cup im Januar, der bisweilen eine Schneise der Verwüstung
hinterlässt. Spieler kehren ausgezehrt nach Europa zurück, und nicht selten
werden erfolgreiche Trainer entlassen, weil völlig überzogene Ziele
verpasst wurden.
Demel hofft, dass der Elfenbeinküste ein solches Schicksal erspart bleibt,
obwohl die Menschen in seiner Heimat nichts anderes erwarten als den Titel
beim Afrika-Cup in Angola. "Ein Trainerwechsel fünf Monate vor der WM wäre
wirklich chaotisch", sagt er. Doch wenn alles ruhig bleibt und die
Mannschaft die richtige Haltung findet, dann könnte die Elfenbeinküste im
kommenden Sommer tatsächlich zur Weltklasse aufschließen.
Auf Klubebene haben die ivorischen Spieler das nämlich längst geschafft. Im
Champions-League-Halbfinale der vorigen Saison standen mit Mit Yaya Touré
(FC Barcelona), Didier Drogba, Salomon Kalou (beide FC Chelsea), Kolo Touré
und Emanuel Eboué (damals beide FC Arsenal) fünf Spieler von der
Elfenbeinküste. Außerdem zeigen sich Leute wie Bakary Koné (Olympique
Marseille), Ndri Romaric, Didier Zokora, Arouna Kone (alle FC Sevilla) oder
Artur Boka (VfB Stuttgart) in der Königsklasse, kaum ein anderes Land der
Welt ist derart massiv vertreten auf dieser allerhöchsten Ebene des
Klubfußballs.
Zum Vergleich: Der einzige deutsche Spieler im Champions-League-Halbfinale
2009 war Michael Ballack.
16 Nov 2009
## AUTOREN
Daniel Theweleit
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