# taz.de -- Nach Verhaftungen in Deutschland: Hutu-Milizen kopflos, nicht kraft… | |
> Die Festnahme des Präsidenten der ruandischen FDLR demoralisiert deren | |
> Kämpfer im Ostkongo, hofft die UNO. Zwei hohe FDLR-Führer sind in | |
> Deutschland festgenommen worden. | |
Bild: Am Dienstag wurde der in Mannheim lebende Ignace Murwanashyaka festgenomm… | |
BERLIN taz | Nach der Verhaftung zweier in Deutschland lebender Führer der | |
ruandischen Hutu-Miliz FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas), | |
Ignace Murwanashyaka und Straton Musoni, wegen des Verdachts auf | |
Kriegsverbrechen am Dienstag erwarten Beobachter eine Verbesserung der | |
Situation im FDLR-Kriegsgebiet im Osten der Demokratischen Republik Kongo. | |
"Wir glauben, dass dies einen starken Eindruck hinterlassen wird", sagt | |
Christian Manahl, Ostkongo-Koordinator der UN-Mission im Kongo (Monuc). Er | |
weist darauf hin, dass dieses Jahr auch schon zwei vom UN-Ruanda-Tribunal | |
gesuchte ehemalige ruandische Völkermordverantwortliche mit Funktion in der | |
FDLR festgenommen wurden. Die neuen Verhaftungen "werden sicher die Moral | |
weiter untergraben". | |
Die FDLR kontrolliert weite Gebiete der an Ruanda angrenzenden | |
Kivu-Provinzen im Ostkongo. Anfang dieses Jahres führten die Armeen Kongos | |
und Ruandas erstmals gemeinsame Offensiven gegen FDLR-Hochburgen, gefolgt | |
von einer Serie UN-unterstützter kongolesischer Militärschläge. Kongos | |
Armee und die FDLR haben jeweils im Rahmen dieser Kämpfe hunderte | |
Zivilisten getötet. | |
Dennoch zieht Monuc-Koordinator Manahl eine positive Bilanz: "Die FDLR ist | |
deutlich geschwächt", sagt er. Dieses Jahr seien bisher mehr FDLR-Kämpfer | |
und ihre Familien demobilisiert und nach Ruanda zurückgebracht worden als | |
in den beiden Vorjahren zusammen: 3.316 bis 17. November, davon 1.340 | |
Kämpfer. Es seien jetzt noch etwa 3.500 übrig, rund 2.000 in der Provinz | |
Süd-Kivu und 1.500 in Nord-Kivu. "Sie sind aufgeteilt in einzelne Gruppen, | |
die mehr oder weniger isoliert sind", schätzt UN-Koordinator Manahl ihre | |
Lage ein. | |
Niemand aber rechnet damit, dass die FDLR ihren Krieg jetzt sofort | |
einstellen wird. Manche kongolesischen Beobachter fürchten eher eine | |
weitere Radikalisierung. Erst Ende letzter Woche meldete der UN-Rundfunk im | |
Kongo, FDLR-Kämpfer hätten im Distrikt Walikale in Nord-Kivu kongolesische | |
Zivilisten zur Zwangsarbeit in Bergwerken und auf Feldern abgestellt. | |
"Es ist gut möglich, dass die FDLR sich jetzt noch stärker gegen die | |
Bevölkerung richtet", meint Onesphore Sematumba vom kongolesischen Pole | |
Institute in Goma, das vorige Woche eine Tagung über die FDLR ausrichtete. | |
Dort wurde darauf hingewiesen, dass die FDLR durch die Militärschläge | |
tiefer in den Kongo getrieben wurde und sich damit die Unsicherheit | |
ausbreitet, dass die ruandische Hutu-Miliz Allianzen mit Milizen | |
kongolesischer Hutu schmiedet, und dass auch "die FDLR als Markenname | |
benutzt wird: Alle Übeltäter geben sich als FDLR aus." | |
Dies gelte sogar für einzelne Regierungssoldaten. Bis letztes Jahr wurde | |
die FDLR noch aktiv militärisch aus Kongos Armee heraus unterstützt. Erst | |
am Dienstag geißelte Süd-Kivus Provinzgouverneur Louis Muderwa die | |
"Komplizenschaft" mancher Kongolesen mit der ruandischen Miliz. "Es gibt | |
eine starke Beteiligung unserer Landsleute an diesen Verbrechen", sagte er: | |
"Wir haben die FDLR bei uns aufgenommen, wir haben sie mit unseren Kindern | |
verheiratet." | |
Die Politiker im Ostkongo haben zwei Hauptforderungen: Neutralisierung der | |
FDLR-Exilführung, um die Organisation politisch zu schwächen, und | |
Verhandlungen zwischen FDLR und Ostkongos lokalen Behörden, um jeweils | |
angepasste Befriedungsschritte und die friedliche Rückkehr der Ruander in | |
ihre Heimat auszuloten. Die erste Forderung haben jetzt die Verhaftungen | |
teilweise erfüllt; für die zweite stehen nun UN-Mission und Kongos | |
Regierung in der Pflicht. | |
19 Nov 2009 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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