# taz.de -- Länder reagieren auf Uni-Proteste: Gaaaanz viel Verständnis | |
> Der Unistreik zeigt Wirkung: Einen Tag nach den bundesweiten Protesten | |
> stellen in der taz fast alle zuständigen Landesminister den Studierenden | |
> Zugeständnisse in Aussicht. | |
Bild: Hoffen auf ein Schwätzchen mit Roland Koch: Studenten in Kassel. | |
Der Protest von 85.000 Studierenden vom Dienstag zeitigt erste Wirkung: | |
Zahlreiche Landesminister kündigten am Mittwoch in der taz Maßnahmen zur | |
Verbesserung der Studiensituation an. Hauptziele der Studierenden waren die | |
Verbesserung der Studiensituation, weniger Arbeitsbelastung und eine | |
Veränderung des starren und überfrachteten Bachelorstudiums. | |
Die Hamburgische Wissenschaftssenatorin Herlind Gundelach (CDU) kündigte | |
Veränderungen beim Bachelor an. "Ich kann mir eine Verlängerung der | |
Studienzeit in einigen Fällen auf bis zu acht Semester vorstellen", sagte | |
sie. Auch denke man über eine Ausweitung der Wahl- und Wahlpflichtbereiche | |
nach. "Dadurch ermöglichen wir Studierenden Auslandsaufenthalte oder | |
Praktika neben dem Studium." | |
Gundelach erklärte außerdem, dass sich eine Arbeitsgruppe am 11. Dezember | |
mit Vertretern der Hochschulen und der Studierenden treffen werde, um mit | |
ihnen über konkrete Maßnahmen zu diskutieren. "Dabei werden wir die | |
Forderungen und Vorschläge der Studierenden aufgreifen", sagte sie. | |
Auch die parteilose sächsische Staatsministerin für Bildung, Sabine von | |
Schorlemer, sagte, "der Abschluss eines Bachelors muss nicht zwingend in | |
sechs Semestern erfolgen". Schorlemer gestand ein, dass es auch in Sachsen | |
gelte, den Bologna-Prozess "zu optimieren". So solle etwa die | |
Anerkennungspraxis für Abschlüsse an Hochschulen flexibler gehandhabt | |
werden. Ihr saarländischer FDP-Kollege Christoph Hartmann sagte zu einer | |
möglichen Verlängerung der Studienzeit: "Ich bin da offen." Der | |
thüringische Bildungsminister Christoph Matschie (SPD) erklärte, wenn es | |
fachlich nötig sei, "ist eine Verlängerung auf acht Semester möglich". | |
Auch der baden-württembergische Wissenschaftsminister Peter Frankenberg | |
schloss nicht mehr aus, die Studienzeit länger gestalten zu können. | |
"Vorstellbar ist, von der strikten Grenze von fünf Jahren für Bachelor und | |
anschließendes Masterstudium abzuweichen. | |
Das einst als Kern der Bologna-Reform eingeführte dreijährige | |
Bachelorstudium verliert damit weiter politisch an Unterstützern. Doch auch | |
in anderen Kritikpunkten der Studierenden zeigten sich die zuständigen | |
Minister am Tag nach den bundesweiten Protesten - zumindest offiziell - | |
einsichtig. | |
So kündigte der bayerische Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch eine | |
Verringerung der Arbeitsmenge im Studium an: "Wir werden die | |
Prüfungsbelastung reduzieren. Auch die Stofffülle werden wir kritisch | |
überprüfen." Zudem sagte der FDP-Politiker der taz, Bayerns Hochschulen | |
seien angehalten, "die Anerkennungspraxis der Leistungen großzügiger zu | |
gestalten um die Mobilität der Studierenden zu erhöhen". | |
Der neue schleswig-holsteinische Wissenschaftsminister Jost de Jager (CDU) | |
gab ebenfalls zu, dass bei der Prüfungsdichte als Reaktion nachgebessert | |
werden müsse. | |
Er habe "Hochschulen aufgefordert, stofflich überfrachtete Studiengänge und | |
zu hohe Prüfungsbelastungen zu vermeiden". De Jager verwies darauf, dass | |
sein Bundesland bereits im Sommer die Hochschulen auf Mängel hingewiesen | |
habe: "Auf diesem Wege müssen die Hochschulen die Bachelor/Master-Reform | |
nachsteuern." | |
Dieser Meinung schloss sich auch die Bremer Bildungssenatorin Renate | |
Jürgens-Pieper (SPD) an. Es sei sinnvoll, die Stofffülle zu reduzieren, | |
auch die Anzahl der Prüfungen müsse auf den Prüfstand. | |
Zuvor hatte bereits der niedersächsische Wissenschaftsminister Lutz | |
Stratmann (CDU) Reformen beim Bachelor angekündigt. Es gehe darum "die | |
Kleinteiligkeit der Studieninhalte aufzubrechen", sagte Stratmann der | |
Oldenburger Nordwest-Zeitung. Er schloss sich auch der Forderung nach einem | |
erleichtertem Wechsel der Universitäten an und plädierte für geringere | |
Prüfungsdichte. | |
Damit scheinen die Massenproteste vom Dienstag in der Politik angekommen zu | |
sein. Offenbar von der hohen Resonanz der zweiten Streikwelle in diesem | |
Jahr überrascht, hat die Diskussion um die Bologna-Reform durch den | |
Aktionstag neuen Schwung erhalten. | |
Wie in Hamburg werden in mehreren Bundesländern Treffen mit Vertretern von | |
Studierenden, Politik und Wissenschaft angeregt. Der Thüringer Minister | |
Christoph Matschie plant zudem das Ende der Verwaltungsgebühren. Dies solle | |
im Dezember in den Landtag eingebracht werden. | |
Ob es einen wirklichen Durchbruch in der Bildungspolitik gibt, ist indes | |
fraglich. Schon im Juni hatten 200.000 junge Menschen protestiert, es gab | |
Treffen auf allen Ebenen, und auch damals eine Menge Zuspruch aus der | |
Politik. | |
Passiert ist seitdem fast nichts. | |
18 Nov 2009 | |
## AUTOREN | |
Gordon Repinski | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |