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# taz.de -- Wetten als Knochenjob: Glücksversprechen aus Liga fünf
> Man kann legal und mit geringem Einsatz mit Sportwetten gewinnen. Man
> muss sich nur auskennen. Richtig gut auskennen.
Bild: Wettbüros sind meist nicht in den 1A-Lagen der Innenstädte zu finden.
An diesem Samstag empfängt der FC Chelsea die Wolverhampton Wanderers. Der
Erste der englischen Premier League gegen den Vorletzten,
Champions-League-Finalist gegen Aufsteiger, klare Sache. Das Problem: So
schlau sind die Buchmacher auch, entsprechend lausig sind ihre Quoten von
etwa 1,15. Das heißt: Für zehn Euro Einsatz winken 1,50 Euro Gewinn. Damit
sich die Wette lohnt, müsste man schon 1.000 Euro hinblättern.
Wer hingegen die Kühnheit besitzt, auf einen Sieg von Wolverhampton zu
setzen, kann das 15-, bei manchen Anbietern gar das 20-fache seines
Einsatzes herausholen. Aber wenn alles mit rechten Dingen zugeht - und
meistens tut es das -, spricht nichts dafür, dass Chelsea seine makellose
Bilanz von sechs Heimsiegen gegen einen dahergelaufenen Provinzclub
befleckt.
Bei Spielen ohne klaren Favoriten liegen die Dinge nicht einfacher: So gilt
für die Bundesligapartie zwischen Frankfurt und Gladbach bei insgesamt eher
niedrigen Quoten mehr als sonst die abgedroschenste aller
Fußballerweisheiten. Hier ist in der Tat alles möglich.
Aber es gibt unendliche Alternativen, erst recht am Wochenende.
Onlineanbieter und Wettbüros, die trotz der hierzulande unklaren Rechtslage
in den vergangenen Jahren vor allem in den städtischen Armutsbezirken aus
dem Boden geschossen sind und auf die Anzahl der Stützeempfänger und
Einwanderer in der Nachbarschaft verweisen, bieten ein üppiges Angebot:
Eishockey oder Tennis, Hunde- oder Pferderennen, vereinzelt sogar Wetten,
die nichts mit Sport zu tun haben: Wer fliegt als nächster bei "Deutschland
sucht den Superstar" raus? Gibt es in Bonn Schnee am ersten Weihnachtstag?
(Quote: 3,5) Irgendwo, irgendwas gespielt wird immer. Vor allem natürlich
Fußball.
Die Angebote reichen von der Hessenliga (2,25 dafür, dass die TSG Wörsdorf
im Kellerduell den SV Klein-Karben besiegt) bis zur ersten
guatemaltekischen Liga (1,9 dafür, dass CSD Xelaju MC im Verfolgerduell den
CD Heredia auf Distanz hält). Hunderte Spiele auf allen Kontinenten, in
allen Ligen. Jeder Fünftligakick ein pursuit of happiness, jeder Wettschein
ein Poem.
Aber man muss sich anstrengen. Denn Geld verdient man weder mit offenen
Partien noch mit echten Außenseitersiegen, sondern mit Sensationen, die in
Wahrheit keine sind. Denn bei der Vergabe der Quoten verlassen sich die
Buchmacher auf Statistiken: Formkurven, Platzierungen etc. Aber vielleicht
hat der Buchmacher nicht bedacht, dass die langgewachsenen Innenverteidiger
des slowakischen Erstligaclubs DAC Dunajska gerade verletzt sind, so dass
der kopfballstarke Stürmer von FK Senica zum Zug kommen könnte, mithin ein
Sieg des Außenseiters doch nicht so unrealistisch ist. Bei jeder Wette gilt
es, solche Fehleinschätzungen zu finden. Am besten gleich zwei oder drei,
schließlich werden die Quoten miteinander multipliziert. Wer will, kann
noch ein, zwei klare Spiele hinzunehmen. Mit der Zahl der Spiele steigt die
Gesamtquote, aber auch das Risiko.
Jedenfalls muss man besser informiert sein als die Buchmacher - und dieses
Wissen ständig erneuern. Kein Wunder, dass echte Wetter ihre Tätigkeit für
Knochenarbeit halten. Wetter sind keine Fans, sie sind Experten. Nirgends
sammelt sich so viel fußballerischer Sachverstand wie in den Wettstudios
von Berlin-Neukölln oder des Frankfurter Gallusviertels.
Fachleute wetten übrigens nicht immer auf den Ausgang. Mitunter ist es
naheliegender, für oder gegen eine Mindestzahl von Toren zu wetten. Setzen
kann man auch auf die Eckenzahl, auf das exakte Endergebnis, die
Tordifferenz oder den Halbzeitstand. Mit Glück hat all das wenig zu tun. Es
sei denn, man wettet darauf, wer Anstoß hat.
21 Nov 2009
## AUTOREN
Deniz Yücel
## TAGS
Schwerpunkt Fußball-EM 2024
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