# taz.de -- Human-Rights-Watch klagt an: Britische Regierung ließ foltern | |
> Die US-Menschenrechtsorganisation Human-Rights-Watch weist nach, dass | |
> London gemeinsame Sache mit dem pakistanischen Geheimdienst machte. | |
Bild: Sieben Jahre wurde Binyam Mohamed von den US-Amerikanern gefangen gehalte… | |
DUBLIN taz | Großbritannien hat sich an der Folter britischer Staatsbürger | |
in Pakistan beteiligt. Zu diesem Ergebnis kam die New Yorker | |
Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) nach einer | |
Untersuchung, die mehr als ein Jahr dauerte. In ihrem Bericht namens "Cruel | |
Britannia", der am Dienstag veröffentlicht wurde, beruft sich die | |
Organisation nicht nur auf die Opfer, sondern auch auf die pakistanischen | |
Folterer. | |
Die Autoren sprachen mit den betreffenden pakistanischen | |
Geheimdienstmitarbeitern. Die sagten aus, ihre britischen Kollegen wussten, | |
dass die britischen Terrorverdächtigen misshandelt wurden. "Sie saßen uns | |
im Nacken und verlangten Informationen, während wir einen britischen | |
Medizinstudenten aus London folterten." Die britischen Kollegen waren | |
"dankbar, dass wir alle zur Verfügung stehenden Mittel anwandten, um | |
Informationen aus ihm herauszuholen". Der Mann wurde geschlagen, | |
ausgepeitscht, mit einer Bohrmaschine bedroht und am Schlafen gehindert. | |
Die britische Staatsanwaltschaft untersucht bereits zwei andere Fälle. Bei | |
einem davon geht es um Binyam Mohamed, einem Äthiopier, der in London als | |
Putzmann arbeitete und Elektrotechnik studierte. 2001 konvertierte er zum | |
Islam. Nach einem Aufenthalt in Pakistan wurde er im April 2002 verhaftet, | |
als er zurück nach London fliegen wollte. 18 Monate später verschleppte man | |
ihn nach Afghanistan, dann nach Marokko, im September 2004 kam er nach | |
Guantánamo. Nach monatelanger Folter unterschrieb er ein Geständnis. | |
Mohamed ist der erste Guantánamo-Häftling, der nach dem Amtsantritt von | |
US-Präsident Barack Obama freikam. Der schlimmste Moment für ihn war, als | |
ihm in Marokko klarwurde, dass die Leute, die ihn folterten, ihre Fragen | |
und Dokumente vom britischen Geheimdienst bekommen hatten, sagte er. | |
Human Rights Watch fordert nun eine unabhängige Untersuchung aller | |
Foltervorwürfe. Auch Amnesty International, der ehemalige | |
Generalstaatsanwalt Ken Macdonald, der Regierungsberater in Sachen | |
Antiterrorismus Lord Carlile, der frühere Generalstabschef Lord Guthrie und | |
die britischen Oppositionsparteien wollen eine solche Untersuchung. HRW | |
sagt, die britische Regierung sei nicht nur aus moralischen Gründen dazu | |
verpflichtet, sondern auch auf Grund der internationalen Konvention gegen | |
Folter. | |
Zunächst begann am Dienstag eine andere Untersuchung. Sie soll den | |
Entscheidungsprozess unter die Lupe nehmen, der zur britischen Beteiligung | |
am Irakkrieg führte. Es sei aber kein Gericht, das über Schuld und Unschuld | |
zu befinden habe, betonte John Chilcot, der Leiter der Untersuchung. Der | |
70-Jährige war sieben Jahre Staatssekretär im Nordirlandministerium. | |
Am Dienstag stand der Zeitplan auf der Tagesordnung. Der damalige Premier | |
Tony Blair hatte auch nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in | |
den USA eine Invasion des Irak abgelehnt, weil er wusste, dass das gegen | |
internationales Recht verstoßen würde. Die britischen Geheimdienste konnten | |
keine Verbindung zwischen Bin Laden und Saddam feststellen. Im April 2002 | |
fand bei Blair ein Sinneswandel statt. Er erklärte Bush, er sei nun im | |
Prinzip bereit, militärische Aktionen zu unterstützen, um einen | |
Regimewechsel im Irak herbeizuführen. Doch noch im Juli 2002 warnte Lord | |
Goldsmith, der damalige Generalstaatsanwalt, dass ein Regimewechsel keine | |
"rechtliche Basis für einen Militäreinsatz" sei. | |
Bush und Blair wussten, dass es keine Beweise für Massenvernichtungswaffen | |
im Irak gebe, so geht aus einem Memorandum vom 31. Januar 2003 hervor. Bush | |
sagte damals zu Blair, man könne ja ein US-Flugzeug in den UN-Farben | |
anmalen und hoffen, dass Saddam es abschießen würde. Blair soll demnächst | |
vor dem Untersuchungsausschuss Stellung nehmen. | |
25 Nov 2009 | |
## AUTOREN | |
Ralf Sotscheck | |
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