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# taz.de -- Der ZDF-Verwaltungsrat: Die Mär von der Staatsferne
> Im ZDF-Verwaltungsrat drängen sich die Granden von SPD und Union. Jetzt
> fordern über 30 Juristen eine Prüfung dieser Einflussnahme in Karlsruhe.
Bild: Mit dem Zweiten sieht man besser? Naja.
BERLIN (taz) Der Verwaltungsrat des ZDF "überwacht die Tätigkeit des
Intendanten vor allem in Haushaltsfragen", heißt es in der
Selbstdarstellung der Mainzer Anstalt. Allerdings spricht das 14-köpfige
Gremium auch in Personalfragen ein gewichtiges Wort mit: Spitzenposten wie
der Chefredakteur und der Programmdirektor werden zwar vom Intendanten
vorgeschlagen - doch braucht er das "Einvernehmen" des Verwaltungsrats.
Weil Rundfunk Ländersache ist, sitzen gleich fünf amtierende oder ehemalige
Ministerpräsidenten in dem Gremium - Kurt Beck (SPD), Roland Koch (CDU),
Peter Müller (CDU), Matthias Platzeck (SPD) und - noch bis 2012 - Bayerns
einstiger Landesvater Edmund Stoiber (CSU). Dazu kommt vom Bund der
Staatsminister für Kultur und Medien, Bernd Neumann (CDU) - und acht
weitere Mitglieder, die vom Fernsehrat des ZDF entsandt sind und die so
genannten gesellschaftlichen Gruppen vertreten sollen. ZDF-Intendant Markus
Schächter braucht für seine Personalvorschläge eine Drei-Fünftel-Mehrheit
im Verwaltungsrat - also neun Stimmen.
Auf die kommt nach einschlägigen Zuordnungen exakt die Gruppe der
Verwaltungsräte, die der Union zuzurechnen sind. Denn nicht nur die
Ministerpräsidenten, sondern auch die so genannten gesellschaftlichen
Vertreter sortieren brav nach Parteifarben. Kleiner Schönheitsfehler: Koch,
Stoiber & Co. sind nicht für, sondern gegen Schächters Vorschlag und wollen
eine Verlängerung des Vertrags von ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender um
jeden Preis verhindern.
Weil sie dafür eigentlich keine stichhaltigen Argumente haben rechnen
Insider damit, dass heute geheim abgestimmt wird: Denn dann braucht man
praktischerweise keine inhaltliche Debatte zu führen - und kann an der Mär
der angeblich "staatsfernen" Vertreter der Gesellschaft im Verwaltungsrat
festhalten. Doch fragt man diese, offiziell unabhängigen Mitglieder des
Gremiums, ergibt sich ein recht einheitliches Bild: Die mit der SPD
verbandelten stellen sich hinter den Vorschlag des Intendanten. "Ich gebe
die Hoffnung bis zum letzten Augenblick nicht auf", sagt die ehemalige
NRW-Landesministerin Ilse Brusis. Skeptischer bleibt ihr Parteifreund
Roland Issen: "Ob ein Umdenken bei den Verantwortlichen angesichts der
anhaltenden öffentlichen Kritik eingesetzt hat, darüber kann man nur
spekulieren."
Wer sich zur Union zählt und daher gegen Brender ist, sagt nichts: Bei
Hans-Henning Becker-Birck, Landrat außer Dienst und Mitglied der CDU,
erklärt schon die Ehefrau am Telefon, ihr Mann "möchte keinen Kommentar
abgeben". Hildegrund Holzheid, ehemals Präsidentin des bayerischen
Verfassungsgerichtshofs und bei der Bundestagswahl im September
Unterstützerin von Angela Merkel ,ruft immerhin selbst an: "Kein
Kommentar", heißt es auch hier. Die anderen Damen und Herren lieber gleich
abgetaucht. "Das sind eben Parteifuzzis, die ganz stolz drauf sind, im
ZDF-Verwaltungsrat zu sitzen", sagt ein ZDF-Fernsehrat.
Nicht nur der Rundfunkrechtler Dieter Dörr hält wegen dieser eindeutigen
parteipolitischen Unterwanderung des Gremiums die Aufsicht und Kontrolle
beim ZDF für nicht verfassungsgemäß: Von Staatsferne könne beim ZDF keine
Rede sein, sagt Dörr der taz, "hier sind die Grenzen bei weitem
überschritten". Gemeinsam mit über 30 anderen hochrangigen Juristen fordert
Dörr daher, die Rechtmäßigkeit der Zusammensetzung der ZDF-Gremien beim
Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe überprüfen zu lassen.
Als erste Partei wollen die Grünen eine Klage untetrstützen. Grünen-Chef
Cem Özdemir sagte der taz: "Wir sind in Gesprächen mit den anderen
Oppoistionsparteien und gehen davon aus, dass SPD und Linke unsere Aktion
unterstützen. Auch die FDP ist natürlich herzlich eingeladen, ihr liberales
Gewissen zu entdecken." Scharf kritisierte Özdemir die Kanzlerin: "Frau
Merkel feiert zwar vielleicht nicht solche Parties wie Herr Berlusconi.
Aber das Medienverständnis von wichtigen Leuten in der CDU/CSU ist nicht
weit von italienischen Verhältnissen entfernt." Ganz einfach wird eine
Klage nicht - denn klageberechtigt sind in diesem Fall nur die 16
Bundesländer oder mindestens ein Drittel der Bundestagsabgeordneten - also
wieder einmal die PolitikerInnen.MAX BÜCH, STEFFEN GRIMBERG
26 Nov 2009
## AUTOREN
M. Büch
S. Grimberg
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