# taz.de -- Kolumne Politik von unten: Zementieren im Geheimen | |
> Die Contentmafia schlägt zurück: Ohne Öffentlichkeit verhandelt sie über | |
> die verschärfte Jagd auf Filesharer. | |
Wer das vor zehn Jahren berichtet hätte, wäre als Verschwörungstheoretiker | |
abgestempelt worden: Vertreter der Industrieländer verhandeln geheim über | |
einen internationalen Vertrag. Ohne Parlamentsmandat und öffentliche | |
Aufsicht, ohne etwas über Ziel und Inhalt preiszugeben. | |
Geht es um einen Geheimplan zur Rettung vor einem Emmerich-Ende der | |
Menschheit? Nein, es ist viel profaner. Mit Acta, dem Anti-Counterfeiting | |
Trade Agreement, soll vorgeblich der Handel mit gefälschten Produkten | |
eingedämmt werden. | |
Doch im Kern ist es schlicht der Versuch der Contentmafia (Musik-, Film- | |
und Printbranche), ihre versteinerten Geschäftsmodelle zu zementieren. Wenn | |
nötig, mit der Gewalt des modernen Präventionsstaates. Nur eine Frechheit | |
am Rande ist dabei, dass die Medienkonzerne, denen allein Acta nützt, | |
frühzeitig und fortlaufend über die ansonsten geheimen Gespräche informiert | |
sind. | |
Nun ist doch einiges via wikileaks.org durchgesickert, und die Liste der | |
Unzumutbarkeiten ist lang: Es geht um Befugnisse, wegen vermuteten | |
Urheberrechtsverstößen Datenträger, Computer und Unterhaltungsgeräte zu | |
durchsuchen. Filesharern soll der Netzzugang gekappt werden. | |
Internetprovider, die da nicht mithelfen, sollen voll für alles haften, was | |
über ihre Netze kommuniziert wird. Infrastruktur, die missliebige Server im | |
Ausland sperrt, soll Filesharing blockieren. Wissenschaftsfreiheit soll | |
durch restriktives Auslegen von Verwerterrechten beschränkt werden. Umgehen | |
von Kopierschutz soll hart, Mitschneiden von Kinofilmen gar mit Gefängnis | |
bestraft werden. | |
Der Tausch digitaler Daten wird weltweit von ungefähr jedem betrieben, der | |
Rechner und Internet hat. Dagegen wirkt der Konsum von Hanfprodukten wie | |
ein Nischenphänomen. Polizei und Staatsanwälte haben es in vielen deutschen | |
Ländern schon aufgegeben, individuelle Filesharer zu verfolgen. Auch aus | |
Sicht des Rechtsstaats ist es nicht sinnvoll, die Mehrheit seiner Bürger zu | |
kriminalisieren: Er verliert an Legitimität, wenn er Geschäftsinteressen | |
einer kleinen Gruppe protegiert. | |
Angesichts der ACTA-Überwachungspläne ist eine gesellschaftliche Debatte | |
bitter nötig. Die verschlossenen Türen müssen weg - gerade weil Widerstand | |
gegen das Vorhaben selbstverständlich ist. | |
27 Nov 2009 | |
## AUTOREN | |
Constanze Kurz | |
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