# taz.de -- Illustrierte Dialoge für Kinder: Mack und der große böse Wolf | |
> "Mick und Mack", "Pünktchen und Anton" und auch "Mumins". In diesen | |
> Bilderbüchern erfahren Kinder, dass Eltern auch nur Menschen sind. | |
Bild: Die Comic-Zeichnerin Isabel Kreitz präsentiert eines ihrer Werke. | |
Mick und Mack sehen ganz genau gleich aus. Sie tragen rote Strampelanzüge | |
und rote Zipfelmützen. Jeder verfügt über zwei Knopfaugen, eine Stielnase | |
und einen Strichmund. Sie sind sogar gleich groß, doch ihre Rollen sind | |
klar verteilt. Mack ist der Erwachsene. Er weiß, wie man Kekse backt, und | |
auch, dass man nicht gut versteckt ist, wenn über den großen Stein, hinter | |
dem man sitzt, noch meilenweit die Zipfelmütze hinausragt. Mick dagegen | |
weiß solche Dinge nicht. Wenn Mack spielt, dass er der große böse Wolf ist, | |
bekommt Mick solche Angst, dass er schreiend davonrennt, um Mack zu suchen. | |
Die roten Zwerge sind eine Erfindung der französischen Zeichnerin Nadja. | |
Von derselben Farbe wie Micks und Macks Strampelanzüge sind auch die | |
Büchlein, die ihre Erlebnisse festhalten. Format: gerade mal acht mal acht | |
Zentimetern. Damit sie nicht verlorengehen, sind sie zu sechst in einem | |
Karton untergebracht. Das ist nicht nur praktisch, sondern auch ein | |
zusätzliches Angebot für die kleinsten Nutzer, denn das Medium Buch will | |
schließlich auch haptisch entdeckt werden. Dem natürlichen Ordnungsdrang | |
von Dreijährigen kommt die Aufgabe, die sechs Bändchen wieder in den Karton | |
zu sortieren, sehr entgegen (sogar als erwachsener Mensch kann man noch | |
eine gewisse Befriedigung daraus ziehen), und das umso charmanter, als | |
jedes Büchlein in einem etwas anderen Rot gehalten ist (schön zum | |
Musterlegen). | |
"Gelesen" werden können sie von Dreijährigen allerdings nicht allein, da es | |
sich weniger um Bildergeschichten als um illustrierte Dialoge handelt. | |
Diese sind sehr pointiert dem Leben und Denken kleiner Kinder abgelauscht. | |
Ihren ganzen Witz entfalten sie aber gerade für die größeren, die, dem | |
Kleinkindkosmos entwachsen, sich nachsichtig über Mick amüsieren können. Am | |
besten lassen sich die Büchlein mit verteilten Rollen lesen, was zeigt, | |
dass sie eigentlich genialische Kleinst-Dramolette sind. Als erwachsene | |
Mitleserin muss man dabei aber meistens Mick sein … | |
Wie bestechend es sein kann, eine Geschichte nur über Dialoge und Bilder zu | |
erzählen, zeigt auch die Comic-Künstlerin Isabel Kreitz mit der Bearbeitung | |
von Erich Kästners "Pünktchen und Anton". Kreitz bleibt dabei dem | |
legendären Kästner-Illustrator Walter Trier verpflichtet und erschafft | |
dennoch ihre eigene Welt. Detailgetreu ruft sie Triers Vorlage ab, gibt | |
Pünktchen rote Mütze, rote Schuhe, roten Gürtel genau wie damals, damit man | |
nicht anfängt, visuell zu fremdeln; auch der spitznasige Dackel scheint | |
direkt vom Trierschen aufs Kreitzsche Buchcover hinübergesprungen zu sein. | |
Innen im Buch aber sieht man die drei in ein geradezu filmisch lebendiges | |
Dreißigerjahre-Berlin hineingestellt (der Roman wurde 1931 veröffentlicht), | |
das man beim Lesen der Romanvorlage selbst nie so hätte imaginieren können. | |
Beim ersten Durchlesen mag man sich von den liebevoll gestalteten | |
Einzelheiten gar nicht so ablenken lassen, von den Kochmaschinen, den | |
unaufdringlich detailreichen Interieurs, von den vielen Szenen, die | |
Berliner Straßenzüge zeigen, die es so nicht mehr gibt. Die Geschichte ist | |
nämlich wirklich spannend, und ihre handlungsorientierte Comic-Version | |
eliminiert den in Kästner-Büchern sonst so allgegenwärtigen Erzählerton, | |
der heutigen Lesern die Lektüre mitunter etwas schwer machen kann. Das | |
meiste vom Kästnerschen Sprachwitz geht damit allerdings notwendigerweise | |
auch verloren. | |
Lust auf mehr machen Tove Janssons Mumin-Comics, die der Reprodukt Verlag | |
erstmals in einer deutschsprachigen Gesamtausgabe herausbringt. Gerade ist | |
Band 2 erschienen und bietet eine Fülle praktischer Alltagsweisheiten und | |
-tipps, nicht zuletzt zur fortschrittlichen Haushaltsführung. Das Schönste | |
an der Muminwelt aber ist, dass alle so eigen sein dürfen, wie sie wollen. | |
Das inspiriert unheimlich dazu, ab sofort nur noch genauso eigen zu sein, | |
wie man eigentlich ist. Vor allem Kindern sollte man diese Comics zu lesen | |
geben. Denn nur hier erfahren sie, dass auch Eltern Menschen sind, die ab | |
und zu ganz gern mal von zu Hause weglaufen würden, um unentdeckt in einer | |
geheimen Höhle zu wohnen. | |
Nadja: "Mick und Mack". Aus dem Französischen v. Sarah Pasquay. Jacoby & | |
Stuart, Berlin 2009. 14,95 Euro | |
Erich Kästner: "Pünktchen und Anton". Ein Comic von Isabel Kreitz. Cecilie | |
Dressler Verlag, Hamburg 2009. 100 S., 16,90 Euro | |
Tove Jansson: "Mumins". Die gesammelten Comic-Strips. Reprodukt Verlag, | |
Berlin 2009. Bd. 1 98 S., Bd. 2 88 S. Je Band 24 Euro | |
27 Nov 2009 | |
## AUTOREN | |
Katharina Granzin | |
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