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# taz.de -- Kommentar Protest im Iran: Die Tage des Regimes sind gezählt
> Irans Regime hat seine Basis verloren. Auch im konservativen Lager
> formiert sich eine Opposition gegen Ahmadinedschad. Der Atomkonflikt
> eskaliert. Gewalt bleibt als einziger Ausweg.
Bild: Eine demonstrierende Studentin auf dem Teheraner Campus. Das grüne Kopft…
Wieder einmal hat die iranische Opposition am Montag gezeigt, dass sie
nicht dazu bereit ist, den Widerstand gegen die klerikale Diktatur
aufzugeben. Tausende Festnahmen, Folterungen und Vergewaltigungen in den
Gefängnissen, die bislang neunundsiebzig Todesopfer gefordert haben, die
Todes- und langjährigen Gefängnisstrafen und die vielen Schauprozesse und
erzwungenen Geständnisse, der ganze Repressionsapparat hat seine Wirkung
verfehlt. Die Kritiker lassen sich nicht einschüchtern.
Das Regime in Teheran hat seine Basis weitgehend verloren. Alle
Agitationsversuche, Attacken gegen "ausländische Feinde", Appelle an das
Nationalgefühl bleiben bei den Massen ohne Widerhall. Das Machtgefüge im
islamischen Staat, das bislang trotz Rivalitäten und kontroversen Meinungen
immer einheitlich gegen "innere und äußere Feinde" auftrat, funktioniert
nicht mehr. Nicht nur die Reformer haben sich längst von der Staatsführung
abgewendet, auch im konservativen Lager formiert sich eine neue Front gegen
die Regierung Ahmadinedschad und vor allem gegen den Revolutionsführer Ali
Chamenei.
Wirtschaftlich verschärft sich die Katastrophe weiter. Im potenziell
reichen Land Iran mit hohen Deviseneinnahmen aus dem Verkauf von Gas und Öl
leben nach offiziellen Angaben 50 Prozent der Bewohner am Rande des
Existenzminimums oder darunter. Die Arbeitslosenrate ist hoch und die
Inflation grassiert. 27 Prozent der Jugendlichen sind ohne Job, ihnen fehlt
die Zukunftsperspektive.
Auch außenpolitisch bewegt sich Iran auf einer äußerst gefährlichen Bahn.
Nach der Ablehnung des Kompromissvorschlags der Internationalen
Atombehörde, das niedrig angereicherte Uran in Russland beziehungsweise
Frankreich zu atomarem Brennstoff zu verarbeiten, zeichnet sich eine
Eskalation des Konflikts ab. Die USA und ihre westlichen Verbündeten drohen
mit harten Sanktionen, Washington schließt gar einen militärischen Angriff
nicht aus, und selbst auf China und Russland ist neuerdings kein Verlass
mehr.
Angesichts dieser Lage scheint aus Sicht des Teheraner Regimes der Einsatz
von Gewalt als einziger Ausweg. Doch ein Regime, das durch einen
Volksaufstand an die Macht gekommen ist und sich auf den Glauben beruft,
kann ohne Loyalität der Masse der Gläubigen nicht existieren. Seine Tage
sind gezählt.
8 Dec 2009
## AUTOREN
Bahman Nirumand
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