# taz.de -- Berliner Adventskalender (13): Die 13. Berliner Ruderergometer-Meis… | |
> Gerudert wird auf dem Wasser – und im Winter auch in der Turnhalle. Zum | |
> 13. Mal finden in Berlin die Indoor Rowing Open statt. Immerhin kann man | |
> bei dieser Trockenübung nicht ertrinken. Dafür ist sie aber eine Tortur | |
> für die Ohren | |
Bild: Das große Auf-der-Stelle-Rudern in Charlottenburg | |
In der Turnhalle im Norden Charlottenburgs erinnert auf den ersten Blick | |
nichts ans Rudern. Es gibt kein Wasser, es riecht nur nach alten | |
Gymnastikmatten und Schweiß. Unter dem Basketballkorb hat ein DJ seine | |
Musikanlage aufgebaut. Davor stehen mehrere Geräte aufgereiht, die aussehen | |
wie futuristische Folterinstrumente: Es sind harmlose Ruderergometer: „Sie | |
funktionieren wie Fahrradergometer über eine Fahrradkette, es gibt | |
praktisch kein Verletzungsrisiko“, erklärt Werner Stahr, Vorsitzender des | |
[1][Landesruderverbands Berlin]. | |
Das Ruderergometer ist nichts anderes als ein Ruderbootersatz fürs | |
Trockene: Man sitzt auf einer Art Schlitten, zieht an einem Seilzug und | |
stemmt sein Körpergewicht dagegen, sodass man vor und zurück schnellt und | |
so die Ruderbewegungen simuliert. „Ursprünglich war das nur ein ergänzendes | |
Trainingsgerät für den Winter“, sagt Stahr. Daraus habe sich dann dieser | |
Wettbewerb entwickelt, der am Samstag nun schon zum [2][13. Mal in Berlin] | |
stattfand. | |
„Das ist ein ideales Ganzkörpertraining“, meint Sebastian Franke. Die | |
Belastung reiche „vom Ohrläppchen bis zum kleinen Zeh und kann von 9 bis 90 | |
Jahren betrieben werden“, fasst es der ehemaliger Rudrer zusammen. | |
Besonders hart sei es, weil man „alleine mit sich und seiner Leistung ist.“ | |
Der Staffelwettbewerb der 13- bis 14-Jährigen vermittelt einen anderen | |
Eindruck. Mit dem Startsignal hört man nur noch ohrenbetäubenden Lärm, der | |
die Hintergundmusik des DJ überstimmt: Die TrainerInnen hocken den Kindern | |
im Nacken und schreien ihnen im Rhythmus Kommandos wie „Beißen, beißen!“ | |
ins Ohr. Daneben warten unruhig die drei Staffelmitglieder auf ihren | |
Einsatz: Nach 250 Metern auf der digitalen Anzeige folgt der schnelle | |
Wechsel: Der nächste schmeißt den erschöpften Vorgänger einfach vom | |
Ergometer, weiter geht’s. | |
Vor den Geräten stehen die Eltern und feuern die Kinder zusätzlich an. Kein | |
Ufer hält sie fern, nur eine dünne Kordel sorgt für einen | |
Sicherheitsabstand von einem halben Meter. Ein Vater in der zweiten Reihe | |
übertönt alles: „Hopp, Hopp!“, grölt er heiser wie ein Sklaventreiber auf | |
einer antiken Galeere herum. Alleine mit sich scheint hier niemand zu sein. | |
Nachdem die Kinder fertig sind und ihre Ohren schonen dürfen, sind die | |
Routiniers dran. Doch die Ohren müssen weiter bluten: Denn der DJ kann nun | |
ohne Störgeräusche endlich sein ganzes Repertoire ausschöpfen. Keine | |
schreienden Eltern mehr – jetzt ist Disko angesagt: Jedes Rennen wird mit | |
einer eigenen Hymne beschallt: Die Frauen in der Altersklasse 50 bis 54 | |
Jahre werden von Tom Jones’ „Sex bomb“ motiviert, die 30- bis 39-jährigen | |
Männer müssen heute besonders weit rudern, denn die Puhdys wollen die | |
Eisbären sehen. Zu guter Letzt werden die Masters, die nach oben offene | |
Altersklasse der Senioren, mit Achim Reichels „Aloa heja he“ auf ihre 2.000 | |
Meter lange Weltreise geschickt. Auf den letzten Metern fängt es in der | |
Turnhalle plötzlich an zu dampfen und zu qualmen. Weder Mensch noch | |
Maschine sind heiß gelaufen – der DJ hat die Nebelanlage angeschmissen, und | |
lässt die Rudrer in den Rauchschwaden verschwinden. | |
13 Dec 2009 | |
## LINKS | |
[1] http://www.lrvberlin.de/ | |
[2] http://www.indoor-rowing-serie.de/ | |
## AUTOREN | |
Jan Monhaupt | |
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