# taz.de -- Rechtes Monatsmagazin "Zuerst": Aus dem Sumpf | |
> Das neue rechte Monatsmagazin "Zuerst" will die "ganzen Alt-68er, die am | |
> Drücker sitzen, ordentlich in die Zange" nehmen - und hat dafür einen | |
> seriösen Partner. | |
Bild: Sonnenwendfeier: Gitarrenklänge und Gesang wehen über das Feld. | |
Die Ausrichtung von Zuerst ist eindeutig. Der "herrschenden | |
Meinungsdiktatur der politischen Korrektheit" will das "deutsche | |
Nachrichtenmagazin" entgegentreten. Dieser "Entartung unseres politischen | |
Systems und der Entmündigung des Volkes" und dem "Konformitätsdruck des | |
Meinungskartells" wolle man sich "nicht unterordnen", versichert | |
Chefredakteur Günther Deschner im Editorial. Seit dem Wochenende ist das | |
neue Magazin aus der reichlich rechten Ecke bundesweit zu erwerben. | |
Im Hause der Verlagsgruppe Lesen & Schenken ist man gegenüber der taz | |
zurückhaltend. Am Erscheinungstag des 84 Seiten starken Magazins seien | |
Chefredakteur Günther Deschner, Stellvertreter Manuel Ochsenreiter und | |
Verleger Dietmar Munier nicht zu erreichen, erklärt eine | |
Verlagsmitarbeiterin. Sie versichert, dass die Startauflage bei 86.000 | |
Exemplaren läge. Als "Zielgruppe" von Zuerst sieht Verleger Munier | |
"einerseits Leute, die sich mit der Linie von Zuerst identifizieren" und | |
anderseits, "Leute, die sich neben Spiegel, Focus, Stern" den "Luxus | |
erlauben, eine alternative Meinung" einzuholen, sagte er im Interview mit | |
dem Szene-Internetportal Gesamtrechts. Mit der "zweifelsfrei rechten | |
Zeitung", so betont der Mittfünfziger, sollen in der Bundesrepublik, diesem | |
"linken Narrenhaus" die "ganzen Alt-68er, die am Drücker sitzen, ordentlich | |
in die Zange" genommen werden. Schließlich befände sich Deutschland in | |
"höchster Gefahr", so Munier: durch "massenhafte Einwanderung", | |
"rekordverdächtige Fortpflanzung der Fremden" und "Verlust der eigenen | |
ethnischen Identität". | |
Zuerst will exklusiv entlarven, aufklären. Beim Lesen des mehrfarbigen | |
Monatsmagazins mag sich der rechte Leser indes bestärkt fühlen - oder | |
vielleicht auch langweilen. Das Design kann zwar anfänglich die wahren | |
Intentionen übertünchen. Doch in gewohnter Manier extrem rechter | |
Publikationen wird Wahn und Hetze gepflegt. Unter dem Titel "Die Stimme | |
Ankaras" unterstellen sie dem grünen Politiker Cem Özdemir, Teil des | |
"engmaschigen Netzwerks der Türkenlobby" zu sein, denn "Blut ist dicker als | |
Wasser". Als große Enthüllung kommt eine "Stubbe, Filz und | |
Vetternwirtschaft" betitelte Geschichte daher, weil sich das ZDF beim Krimi | |
"Stubbe - Von Fall zu Fall" von "linken Lobbygruppen" - gemeint ist die | |
Amadeo-Antonio-Stiftung - beraten lies. Die Folge (lief am 21. 11.) | |
thematisierte die alltägliche rechtsextreme Dominanz in einer Gemeinde - | |
das war zu viel für Zuerst. Bei der Eröffnung des Verfahrens gegen den | |
mutmaßlichen NS-Täter John Demjanjuk war Zuerst sogar vor Ort. Den Begriff | |
"Vernichtungslager" will Zuerst aber so "pauschal" nicht gelten lassen. | |
Schon vor der ersten Ausgabe von Zuerst brodelte die Gerüchteküche: Denn | |
Verleger Munier hatte auch die alteingesessene Postille Nation & Europa (N | |
& E) eingekauft, die der Verfassungsschutz als das "bedeutendste | |
rechtsextremistische Theorie- und Strategieorgan" einschätzt. Einer der N & | |
E-Macher, Harald Neugebauer, ist nun Kolumnist von Zuerst. Einen Kommentar | |
zum Urteil des Europäischen Gerichtshofs, das Vätern mehr Rechte einräumt, | |
liefert indes Jürgen Liminski, ein Redakteur beim öffentlich-rechtlichen | |
Deutschlandfunk. | |
Der Vertrieb von Zuerst läuft über die Verlagsunion (VU), eine | |
Tochtergesellschaft des Hamburger Bauer-Verlags. Der taz erklärt die | |
stellvertretende Bauer-Unternehmenssprecherin, Berit Sbirinda: "Für den | |
Fall, dass die Publikation Zuerst gegen geltendes Recht verstoßen sollte, | |
wird die VU die vertraglichen Bedingungen umgehend kündigen". Dass der | |
Verfassungsschutz Schleswig-Holstein Muniers Verlagswesen seit Jahren als | |
"in Teilen rechtsextremistische Bezüge" aufweisend führt, wird beim | |
Vertriebspartner Bauer bislang aber ignoriert. | |
20 Dec 2009 | |
## AUTOREN | |
Andreas Speit | |
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