# taz.de -- Kommentar Großajatollah Montaseri: Abschied von einer moralischen … | |
> Der Tod des iranischen Großajatollah Hossein Ali Montaseri hinterlässt | |
> eine riesige Lücke in den Reihen der iranischen Opposition. | |
Bild: Die Demonstranten skandierten: "Montaseri, wir setzen deinen Weg fort, se… | |
Nicht viele Menschen gestehen ihre Fehler ein und entschuldigen sich für | |
sie. Anders der soeben verstorbene Großajatollah Hossein Ali Montaseri. Er | |
hatte das iranische Volk erst kürzlich um Verzeihung gebeten: Seine Rolle | |
bei der Festschreibung der "Führungsbefugnis des Rechtsgelehrten" in der | |
Verfassung tue ihm aufrichtig leid. | |
Der Verfassungsvater Montaseri wollte 1979, dass eine religiöse Autorität | |
nur darüber wacht, dass der Staat nicht gegen die islamischen Grundsätze | |
verstößt. Doch es kam anders: Ali Chamenei herrscht heute wie ein Diktator. | |
Montaseri war das, was wir uns im Westen von einem public intellectual | |
erhoffen: Stets mischte er sich ein und schreckte nicht davor zurück, die | |
Regierung hart zu kritisieren: Er wollte nicht, dass der Iran in den Besitz | |
von Atomwaffen kommt, er verurteilte die Wahlfälschungen vom Sommer und die | |
erzwungenen Geständnisse ebenso, wie er als einzige religiöse Autorität die | |
Verfolgung der Minderheit der Bahai geißelte. | |
Montaseri, der als Privatmensch begeisterter Leser bissiger Satiren war, | |
galt Millionen von Menschen im Iran als Autorität und Gewissen. Sogar eher | |
säkular ausgerichtete Intellektuelle wie die Friedensnobelpreisträgerin | |
Schirin Ebadi adressieren ihn in ihrem Nachruf als "Vater". Er war das, was | |
historisch gesehen die angestammte Rolle der schiitischen Geistlichkeit | |
war, bevor sie im Iran ans Regieren kam; er war für viele Rückhalt und | |
Zuflucht. Und für alle, die sich heute im Iran für Reformen einsetzen, | |
wiegt der Verlust seiner kritischen Stimme schwer. Während eines Interviews | |
mit dem persischsprachigen Dienst der BBC brach der ehemalige Innenminister | |
Abdallah Nuri am Sonntag in Tränen aus, als er gefragt wurde, wer die Lücke | |
schließen könnte, die Montaseris Tod gerissen hat. | |
Andererseits könnte Montaseris Tod der Opposition neue Möglichkeiten zum | |
Protest eröffnen. Schiiten sammeln sich traditionell am dritten, siebten | |
und am vierzigsten Tage nach dem Tode zur Trauer. Wann die nächsten | |
Demonstrationen gegen das Regime stattfinden werden, kann man sich also | |
ausrechnen. Hinzu kommt: Wir befinden uns im Trauermonat Muharram, und | |
Montaseris siebter Todestag am kommenden Sonntag fällt auf Aschura. Für | |
gläubige Schiiten ist dies der wichtigste Feiertag des Jahres. An diesem | |
Tag kann das Regime Trauermärsche nicht verbieten. | |
21 Dec 2009 | |
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