# taz.de -- Ex-Landwirtschaftsminister Funke: Trinkfest und zahlungsunwillig | |
> Wie Ex-Landwirtschaftsminister Karl-Heinz Funke (SPD) einmal | |
> Parteifreunde zum Saufen einlud und mit der Rechnung so lange trickste, | |
> bis seine Heimatstadt sie beglich. | |
Bild: Karl-Heinz Funke mit Bier | |
Wenn Karl-Heinz Funke feiert, dann gehts lustig zu, aber bezahlen sollen | |
möglichst andere. Zur Not wird auch heftig getrickst. Erst kürzlich war | |
bekannt geworden, dass sich das SPD-Urgestein aus dem friesischen Varel - | |
bekannt geworden als Bundeslandwirtschaftsminister unter Gerhard Schröder - | |
seine Silberhochzeit mit 8.000 Euro vom Oldenburgisch-Ostfriesischen | |
Wasserverband (OOWV) hat finanzieren lassen, dessen Vorsteher er damals | |
noch war. Als das rauskam, trat Funke von dem Amt zurück und gestand, | |
"einen Fehler" gemacht zu haben. | |
Nur einen. Den aber offenbar zum wiederholten Male. Unterlagen, die der taz | |
vorliegen, beweisen, dass es Funke auch früher schon mit Bewirtungskosten | |
in eigener Sache nicht so ganz genau genommen hat. Leute einladen und | |
selbst zahlen? Er doch nicht. Wofür hat man denn öffentliche Ämter oder | |
Freunde an der richtigen Stelle? | |
Was sich im Sommer 1994 und den darauf folgenden Monaten, als Funke | |
niedersächsischer Landwirtschaftsminister war, in Varel und in Funkes | |
Ministerium in Hannover ereignete, mag vom finanziellen Schaden für die | |
Öffentlichkeit her eher unbedeutend gewesen sein, offenbart aber, wie einer | |
öffentliche Ämter geschickt zum eigenen Vorteil zu nutzen weiß. | |
Sommer 1994, "Kur-Restaurant Deichhörn" im Vareler Ortsteil Dangast, | |
Kennern der Materie auch als Ort der Funkeschen Silberhochzeit bekannt. | |
Funke hatte einige Polit-Kumpels dorthin geladen. Getrunken wurde viel, die | |
Berliner Morgenpost recherchierte seinerzeit nicht weniger als 48 Jever, 28 | |
Korn, 26 Aquavit, ferner Weizenbier, Diebels und Weißburgunder für | |
insgesamt 405,70 Mark. Die Rechnung reichte Funke als Spesenquittung in | |
seinem Ministerium ein, ein Referent vermerkte handschriftlich, wer die | |
Trinker waren: "Bewirtung des Arbeitskreises Landwirtschaft der | |
SPD-Landtagsfraktion". Der für den Haushalt des Ministeriums zuständige | |
Referatsleiter allerdings verweigerte die "richtliniengemäße | |
Verwendungsbestätigung". Ein Gelage von SPD-Freunden wollte er nicht aus | |
dem Etat des Hauses erstatten. | |
Was nicht erstattungsfähig ist, wird erstattungsfähig gemacht in Funkes | |
Welt: Sechs Wochen später lag eine neue Rechnung vor - über denselben | |
Betrag wie auf der abgelehnten Rechnung, ebenfalls zu zahlen an das | |
Dangaster Kur-Restaurant, versehen aber mit einem anderen Datum und dem | |
handschriftlichen Zusatz, dass die Gäste "Landwirte aus dem | |
Landvolkkreisverband Friesland" waren. "Sachlich richtig", kritzelte Funkes | |
Referent darunter, und der Minister zeichnete mit grüner Tinte ab: "/Fu." | |
Wieder aber wollte der aufrechte Ministerialbeamte nicht mitspielen. Er | |
sehe sich "außerstande" die Rechnung zu genehmigen und vermerkte, dass hier | |
offenbar "allein oder gemeinschaftlich versucht worden ist, durch | |
Vorspiegeln falscher Tatsachen" dem Land Niedersachsen zu schaden. In | |
Klammern fügte er hinzu: "Versuchter Betrug", weshalb zu erwägen sei, "den | |
Staatsanwalt einzuschalten". | |
Während der ermittelte, beurlaubte Ministerpräsident Gerhard Schröder Funke | |
kurzfristig vom Amt, aber der Minister konnte schon nach neun Tagen die | |
Arbeit wieder aufnehmen. Der Minister, bescheinigte der Staatsanwalt, habe | |
die Manipulation "im Drang der Geschäfte übersehen", der Referent lediglich | |
versucht, "hausinterne Querelen durch eine manipulierte zweite Rechnung | |
,elegant' zu umgehen". Der Minister solle die 405,70 Mark aus eigener | |
Tasche begleichen, dann sei die Sache erledigt. | |
Für Funke war sie das dann auch: Im Dezember 1994 sagte er der | |
Nordwest-Zeitung, er habe die Kosten für die Mitglieder des Arbeitskreises | |
Landwirtschaft der SPD-Fraktion - nun also waren es wieder die SPD-Kumpels | |
aus dem Landtag - mittlerweile bezahlt. "Ich lasse mir nichts anhängen", | |
sagte Funke damals. | |
Nun aber ist eine Rechnung - die dritte in dieser Sache - aufgetaucht, die | |
an Funkes Worten von damals zweifeln lässt. Die Rechnung datiert vom 8. | |
November 1994, wieder lautet der Betrag 405,70 Mark, zu zahlen an das schon | |
bekannte "Kur-Restaurant Deichhörn" in Varel-Dangast, Bewirtungszweck ist | |
nun plötzlich der "Besuch von Landtagsabgeordneten in Dangast". | |
Rechnungsempfänger aber nicht mehr Funke oder das Ministerium, sondern ein | |
"Herr Kuhlmann". Der war seinerzeit Kurdirektor von Dangast, SPD-Mitglied | |
und - wie Beobachter sagen - ein ganz enger Funke-Freund. | |
Bezahlt hat also die Kurverwaltung, ein Eigenbetrieb der Stadt Varel. Warum | |
nur? Kuhlmann, längst pensioniert, sagt, er habe die Leute damals zum | |
Umtrunk eingeladen, quasi als freundliche Geste der Stadt Varel. Der Wirt | |
habe die Rechnung irrtümlich an Funke geschickt. Warum der die Sache dann | |
nicht sofort klärte, eine Rechnung manipulierte, staatsanwaltliche | |
Ermittlungen über sich ergehen ließ und die Rechnung an die Kurverwaltung | |
erst Monate später eintrudelte - das alles kann Kuhlmann nicht erklären. | |
Der kundige Beobachter sagt, es sei ein Freundschaftsdienst gewesen, zumal | |
Funke als damaliger Vorsitzender des für die Kurverwaltung zuständigen | |
Werkausschusses direkten Zugriff auf Kuhlmann hatte. | |
Funke selbst war am Montag nicht zu erreichen. Er sei unterwegs und komme | |
spät wieder, beschied sein Sohn. | |
5 Jan 2010 | |
## AUTOREN | |
Felix Zimmermann | |
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