# taz.de -- Kampf gegen Terror in Somalia: Die Verknüpfung der Kriege | |
> Die USA möchten im Jemen den Kampf gegen den Terror verstärken. In | |
> Somalia ist er schon so gut wie verloren. Am Golf von Aden kreuzen sich | |
> militärische und kommerzielle Interessen. | |
Bild: Zerstörte Hotelanlage in Mogadischu: Die somalische Hauptstadt wurde bei… | |
Am 13. November, sechs Wochen vor dem gescheiterten Terroranschlag von | |
Detroit, wurde am Flughafen von Somalias Hauptstadt Mogadischu | |
möglicherweise ein ähnlicher Anschlag vereitelt. Ein Somalier wurde | |
gehindert, mit sprengstofftauglichen Chemikalien und einer Spritze ein | |
Flugzeug nach Dubai zu besteigen. Die Maschine gehörte der Fluglinie Daallo | |
Airlines aus Dschibuti und zuvor hatten Somalias Islamisten davor gewarnt, | |
mit Daallo zu fliegen, weil die Fluglinie mit den USA und Israel | |
zusammenarbeite. | |
Dass ausgerechnet in der Bürgerkriegshauptstadt Mogadischu ein mutmaßlicher | |
Terrorist rechtzeitig erkannt wurde, war ein seltener Erfolg für Somalias | |
völlig machtlose Übergangsregierung. Der größte Teil Mogadischus und die | |
Südhälfte Somalias werden von den islamistischen Gruppen al-Shabaab und | |
Hizbul Islam kontrolliert, deren enge Verbindung zu al-Qaida bekannt ist. | |
Was die USA im Jemen verhindern wollen, ist in Somalia längst Realität. | |
Die Verknüpfung der Kriege in Jemen und Somalia ist in vollem Gang. | |
Somalias Regierung behauptet, somalische Islamisten würden von Jemens | |
Rebellen aufgerüstet. Al-Shabaab wiederum hat angekündigt, Kämpfer nach | |
Jemen zu schicken, um den dortigen Kameraden gegen "die Feinde Allahs" | |
beizustehen. Am Wochenende erklärte das britische Nato-Marinehauptquartier, | |
die Nato-Kriegsschiffe im Golf von Aden würden jetzt neben Piraten auch | |
Terroristen jagen. | |
Der Golf von Aden zwischen Jemen und Somalia verbindet Asien und die | |
Golfstaaten über das Rote Meer mit Europa, und regional ist er der Seeweg | |
zwischen Ostafrika und Arabien. Der Schutz dieser Seehandelsroute ist die | |
wichtigste Aufgabe der in der Region stationierten Nato- und | |
EU-Kriegsschiffe. Nach Beginn der EU-Marinemission vor Somalia Ende 2008 | |
hatte sich die Aktivität somalischer Piraten zunächst vor Jemens Küste | |
verlagert, bis eine verstärkte Flottenpräsenz sie in den Indischen Ozean | |
Richtung Seychellen trieb. Doch seit Weihnachten 2009 sind im Golf von Aden | |
erneut drei Schiffe gekapert worden. | |
Die Waffen für Somalias Piraten kommen von Händlern in Jemen, erklärte ein | |
Piratensprecher vor wenigen Tagen in einem Interview. "Wir fahren heimlich | |
an die jemenitische Küste, um Schnellboote und Waffen zu kaufen", sagte er. | |
Auf dem umgekehrten Wege kommen afrikanische Flüchtlinge nach Jemen - | |
allein im Jahr 2009 landeten dort nach UN-Angaben 74.000 Äthiopier, Somalis | |
und Eritreer; zwei Millionen Afrikaner sollen in Jemen leben. Ein weiteres | |
wichtiges Handelsgut ist die Droge Khat, die in Kenia und Äthiopien | |
angebaut und in Somalia und Jemen konsumiert wird. | |
Die internationalen Anti-Piraten- und Anti-Terror-Patrouillen in der Region | |
operieren aus dem kleinen Dschibuti heraus, dem ehemaligen | |
Französisch-Somaliland, das bei der Unabhängigkeit 1977 zum größten | |
europäischen Truppenstützpunkt in Afrika und zum französischen Horchposten | |
Richtung Naher Osten wurde. Heute sind dort 1.200 US-Soldaten und 2.900 aus | |
Frankreich stationiert. Die USA überwachen von Dschibuti aus die Seewege, | |
Frankreich bildet Soldaten für Somalias Regierung aus. Die EU plant eine | |
Ausweitung dieser Mission, Deutschland prüft eine Beteiligung. | |
Im benachbarten Somaliland hat eine französische Firma Ende 2009 die | |
Verwaltung des Hafens Berbera übernommen, größter Hafen der Region und | |
Handelsknotenpunkt für Äthiopien. In Berbera befindet sich auch die längste | |
Flugpiste Afrikas, einst von den Sowjets gebaut und später von den USA als | |
Notlandebahn für die Space Shuttle übernommen. Über Berbera ist zum | |
Jahreswechsel nach elf Jahren saudischem Embargo auch der für die Region | |
wichtige Lebendviehexport nach Saudi-Arabien wiederaufgenommen worden. | |
So bündeln sich immer mehr kommerzielle und strategische Interessen am Golf | |
von Aden, die sich von der vermuteten Verknüpfung der islamistischen | |
Aufstände der Region unter dem Banner al-Qaidas gestört fühlen. Als | |
Störenfried, der Islamisten zusammenführt, gilt Eritrea, wo somalische | |
Oppositionelle Asyl und angeblich auch Waffen bekommen. Nach manchen | |
Berichten nutzt Iran eritreische Inseln im Roten Meer für | |
Rüstungslieferungen. Niemand weiß, ob das alles stimmt, aber ebenso wie bei | |
der Internationalisierung der Konflikte in Jemen und Somalia verhält die | |
Außenwelt sich so, als sei es der Fall. Am 23. Dezember 2009 verhängte der | |
UN-Sicherheitsrat gegen Eritreas Regierung ein Waffenembargo sowie | |
personenbezogene Sanktionen wegen "Unterstützung für bewaffnete | |
Oppositionsgruppen, die die Region destabilisieren". | |
Eritreas Diktator Isaias Afeworki, der sein Land rigoros von der Außenwelt | |
abschottet, hat die Sanktionen als "vom CIA inspiriert" zurückgewiesen, | |
aber er gerät unter Druck. Am 1. Januar behaupteten zwei eritreische | |
Rebellengruppen, sie hätten bei Zalanbessa an der Grenze zu Äthiopien 25 | |
eritreische Soldaten getötet. Die nächste heiße Front im regionalen "Krieg | |
gegen den Terror" nach den Staubwüsten von Somalia und Jemen könnte Eritrea | |
heißen, ein Land, das schon jetzt eines der größten Kontingente | |
afrikanischer Bootsflüchtlinge im Mittelmeer stellt. | |
6 Jan 2010 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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