# taz.de -- Kommentar Obama: Ein rationaler Feldherr | |
> Wer Obama für einen Friedensfürsten hielt, hat sich geirrt. Er ist ein | |
> rationaler Feldherr. Aber immerhin: Er ist rational. | |
Die weltweit verbreitete Meldung, ein verärgerter US-Präsident Barack Obama | |
werfe den Geheimdiensten desaströses Versagen vor, ist eigentlich keine | |
Nachricht. Alle Regierungschefs dieser Welt sind wütend, wenn Dienste einen | |
Anschlag nicht im Vorfeld verhindern, wenn sie Hinweise auf Verdächtige | |
ignorieren und wenn die verschiedenen Organisationen untereinander nicht | |
hinreichend kooperieren. | |
Das sind jedoch keine Ausnahmen, das ist Alltag. Zumal in einem Staat mit | |
so vielen Diensten wie den USA. Die Vorgänger von Obama können ein Lied | |
davon singen. In Ländern, in denen die Informationspolitik bei diesem Thema | |
weniger restriktiv ist als in Deutschland, erfährt sogar die Öffentlichkeit | |
davon. So weit, so normal. | |
Gibt es sonst Überraschungen? Nicht in Washington. Barack Obama hat nie - | |
auch nicht im Wahlkampf - ein Geheimnis daraus gemacht, dass er Krieg als | |
Mittel der Politik nicht grundsätzlich ausschließt. Andernfalls wäre er | |
nicht gewählt worden. Wer in Europa glaubte, das sei so ernst nicht | |
gemeint, und ein verständnisinniges Augenzwinkern mit Pazifisten | |
unterstellte, sollte den Fehler bei sich selbst suchen. Übrigens haben das | |
seinerzeit auch die US-Republikaner geglaubt - oder zumindest behauptet, es | |
zu glauben. | |
Das eine war so unsinnig wie das andere. Militärische Stärke und die | |
Bereitschaft, davon Gebrauch zum machen, gehört zur Staatsräson in den | |
Vereinigten Staaten, auf deren Gebiet seit Mitte des 19. Jahrhunderts kein | |
Territorialkrieg mehr geführt wurde. Das muss einem nicht gefallen. Aber es | |
hat nichts mit politischer Haltung zu tun, wenn man beschließt, diese | |
Konstante im globalen Koordinatensystem schlicht zu ignorieren. Sondern nur | |
mit Naivität. Wer Obama für einen Friedensfürsten hielt, hat sich geirrt. | |
Er ist ein rationaler Feldherr. Aber immerhin: Er ist rational. Und | |
ehrlich, soweit sich das bislang beurteilen lässt. Beides unterscheidet ihn | |
von seinem Vorgänger. | |
George W. Bush hat einen Kreuzzug ausgerufen, einen Krieg - gegen den Irak | |
- unter falschen Vorzeichen begonnen, er hat die Öffentlichkeit belogen und | |
den Islam zum Feind erklärt. Barack Obama ist nicht islamophob, und er ist | |
kein Kreuzzügler. Das macht ihn noch nicht zu einem europäischen | |
Diplomaten, aber doch zu einem verlässlichen Gesprächspartner. Immerhin. | |
6 Jan 2010 | |
## AUTOREN | |
Bettina Gaus | |
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