# taz.de -- Proteste gegen UN-Klimagipfel: 20 Tage U-Haft nach Happening | |
> Dänemark lässt beim Klimagipfel inhaftierte Greenpeace-AktivistInnen | |
> frei, Prozesse und Strafen drohen aber weiterhin. Juristen kritisieren | |
> das Vorgehen der Polizei. | |
Bild: Hartes Durchgreifen: Dänische Polizisten gingen in Kopenhagen gegen Klim… | |
Nach 20 Tagen Untersuchungshaft hat die dänische Polizei am Mittwochabend | |
vier Greenpeace-AktivistInnen auf freien Fuß gesetzt. Sie waren nach der | |
Entfaltung eines Transparents bei dem Dinner festgenommen worden, das die | |
dänische Königin während des Klimagipfels in Kopenhagen für ausländische | |
Staatsgäste gab - und seither inhaftiert gewesen. Die Anklageschrift wurde | |
noch am Donnerstagabend erwartet. Sieben dänische Rechtsexperten, darunter | |
ein Ex-Justizminister, kritisierten die Polizeiaktion als "völlig | |
unverhältnismäßig". | |
Die Polizei hatte die Untersuchungshaft mit der Gefahr begründet, die | |
Verhafteten könnten sich der Strafe entziehen, die Ermittlungen erschweren | |
oder neue Straftaten begehen. Nach der plötzlichen Freilassung hieß es, nun | |
seien auch die Namen ihrer Mithelfer bekannt und die Gefahr damit gebannt. | |
Allerdings hatte Greenpeace aus den Informationen nie ein Geheimnis gemacht | |
und von Anfang an jegliche Mithilfe bei den Ermittlungen angeboten. | |
"Die Polizei hatte für ihre Gründe für die Untersuchungshaft nicht einmal | |
den Schein eines Beweises", meint Jura-Professor Ole Krarup. "Das sieht | |
nach einer Racheaktion gegen das interessante Happening engagierter Leute | |
aus, die ihre Kritik auf den Punkt brachten." Die Haft sei wohl als "Strafe | |
ohne Urteil" gedacht gewesen, kritisiert auch Mads Christensen von | |
Greenpeace Skandinavien. | |
Bereits am 4. Januar hatte die Polizei die Australierin Natasha Verco und | |
den US-Amerikaner Noah Daniel Weiss freigelassen, die seit einer Aktion am | |
Bella-Zentrum am 16. Dezember inhaftiert waren. Sie sind nun wegen Störung | |
der öffentlichen Ordnung, Sachbeschädigung und Gewalt gegen Vollzugsbeamte | |
angeklagt. Ihr Gerichtsverfahren soll am 18. und 19. März stattfinden. Die | |
Festnahme von Verco, die für die Umweltorganisation Friends of the Earth | |
aktiv ist, hatte Proteste vor dem dänischen Konsulat in Sydney ausgelöst. | |
Nun sitzen nach Angaben der Rechtshilfegruppe RUSK noch insgesamt vier | |
"Klimagefangene" in Haft, darunter der italienische Astrophysiker Luca | |
Tornatore. Tornatore war Sprecher des Netzwerks See You in Copenhagen und | |
Redner bei der großen Klimademonstration am 12. Dezember. Verhaftet wurde | |
er anlässlich einer Polizeirazzia nach Unruhen im Freistaat Christiania. | |
Netzwerkmitglieder bezeichneten seine Festnahme von Anfang an als | |
willkürlich und grundlos. Konkrete Vorwürfe gegen den Wissenschaftler sind | |
bislang nicht bekannt, seine Untersuchungshaft ist bis zum 12. Januar | |
terminiert. | |
Am heutigen Freitag will RUSK mehr als 200 Klagen gegen das Vorgehen der | |
Polizei auf dem Klimagipfel einreichen. Dabei geht es vorwiegend um | |
Festnahmen im Rahmen von Massenverhaftungen. Auch der Lauschangriff auf die | |
Mobiltelefone vieler KlimaaktivistInnen dürfte ein rechtliches Nachspiel | |
haben: Nach Informationen des dänischen Rundfunks - die entsprechenden | |
Verfahren sind nichtöffentlich - haben verschiedene Gerichte mehrere dieser | |
Abhöraktionen zwischenzeitlich für ungesetzlich erklärt. Die Voraussetzung | |
für das Abhören von Telefonen ist, dass der Besitzer verdächtig ist, eine | |
Straftat zu begehen oder begehen zu wollen, für die ihm mindestens 5 Jahre | |
Haft drohen. Das sei aber durchweg offenbar nicht der Fall gewesen - | |
weshalb sogar die Polizeijuristen ein Votum gegen die Lauschangriffe | |
eingelegt hatten. | |
7 Jan 2010 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |