# taz.de -- IPhone-Apps ohne Nackte: Apple zensiert "Bild" | |
> Der Computerkonzern Apple kontrolliert seine Plattform für das iPhone mit | |
> eiserner Hand: Sexuelles ist nur sehr eingeschränkt erlaubt. Das bekommt | |
> auch Springers "Bild" zu spüren. | |
Bild: Jegliches Geschlechtsmerkmal, das im Print vergleichsweise deutlich zu se… | |
Seit nicht ganz einem Monat hat bei Springer in der Berliner | |
Rudi-Dutschke-Straße das "Paid Content"-Zeitalter begonnen: Seither | |
vertickt der Großverlag mehrere seiner Blätter in Form von Anwendungen für | |
das iPhone im Monatsabo. Besonders beliebt ist dabei die Bild-App: Wer | |
will, kann sich das Boulevardblatt für ein paar Euro jeden Abend komplett | |
im PDF-Format auf sein Handy überspielen lassen. Wer allerdings etwas näher | |
hinschaut, erkennt einen entscheidenden Unterschied gegenüber der auf | |
Papier gedruckten Fassung der Boulevardzeitung: Jegliches | |
Geschlechtsmerkmal, das im Print vergleichsweise deutlich zu sehen ist, | |
fehlt auf dem iPhone. Es wird mit einer hellen Überblendung "weggeblitzt". | |
Der Grund dafür liegt allerdings nicht auf Seiten der Bild-Zeitung. Schuld | |
ist allein der iPhone-Hersteller Apple, der mit seinem Software-Laden "App | |
Store" den Zugang zu dem mittlerweile über 20 Millionen Mal verkauften | |
Geräten kontrolliert. Zu den Regeln gehört unter anderem, dass "obszöne | |
Inhalte" nicht angeboten werden dürfen. Aus der Bild-Redaktion heißt es | |
schon fast entschuldigend, man habe die Zensurarbeit deshalb in den eigenen | |
Produktionsablauf integriert, um nicht gesperrt zu werden. "Die | |
Redaktionsleitung entscheidet, welche Bilder im Zweifel "geblitzt" werden | |
müssen", so Michael Paustian, stellvertretender Chefredakteur. | |
Tatsächlich ist die Furcht, dass Apple eine unzensierte Bild aus seinem | |
Angebot werfen könnte, nicht ganz unbegründet: Vor einigen Monaten traf es | |
bereits kurzzeitig den Stern, dessen App eine Galerie leichtbekleideter | |
Damen enthielt. Bei Apple verweist man lapidar auf seine offiziellen Regeln | |
für den iPhone-Software-Laden - demnach seien beispielsweise | |
"pornografische, illegale oder die Privatsphäre verletzende Inhalte" | |
verboten. | |
Dass die Nackten bei Bild pornografisch sein könnten, dürfte allerdings | |
auch der konservativste Beobachter verneinen - die dort abgedruckten | |
"Mietzen" zeigen höchstens ihre "Hupen", so O-Ton Bild. Dennoch: Sicher ist | |
sicher. | |
Apple hat es derweil nicht nur auf Hintern und Brüste abgesehen, die es aus | |
dem App Store zu verbannen gilt, sondern auch auf schriftlich | |
Problematisches wie das "Kamasutra". Die altindische Sex-Schrift sorgte für | |
die kurzzeitige Verbannung einer E-Book-Software. Auch Lexika können Ärger | |
bekommen: Weil die auf dem Wikipedia-Wörterbuch basierende Software "Kiwi" | |
auch das englische Wort für "Ficken" enthielt, bekam es die höchste | |
Jugendschutzbewertung. Aber auch politisch kritische Inhalte haben die App | |
Store-Zensoren auf dem Kieker. Beispiele gibt es hier bislang vor allem aus | |
den USA. So wurde eine Comic-artige Software nicht zugelassen, weil sie | |
karikierende Darstellungen von Präsident Obama enthielt, eine andere wegen | |
satirischen Bildern von Senatoren. | |
Apple stand bislang nicht im Verdacht, ein konservativer Konzern zu sein - | |
im Gegenteil, pflegt die Firma um Oberboss Steve Jobs doch den Ruf, zu den | |
Rebellen zu gehören. So trat man dort schon 1984 mit seinem ersten | |
Macintosh-Rechner gegen die etablierten grauen Kisten von IBM an, | |
propagierte in einer Werbekampagne die "Unruhestifter, die alles verändern" | |
("Think different") und trat neulich aus der US-Handelskammer aus, weil die | |
den Klimawandel negiert. Möglich könnte höchstens sein, dass Apple Angst | |
davor hat, für problematische Inhalte mitzuhaften - doch entblößte Brüste | |
sind ja bekanntlich nicht verboten. | |
Besonders merkwürdig an dem Vorgehen ist außerdem, dass das iPhone seit | |
Jahr und Tag einen gut funktionierenden und natürlich standardmäßig | |
vollständig unzensierten Browser für das waschechte Internet besitzt. Da es | |
längst für das kleine Display optimierte Pornoseiten gibt, lassen sich | |
sexuelle Inhalte völlig problemlos abrufen, wenn man nur eine entsprechende | |
URL eingibt. Allerdings versieht Apple jede Anwendung, die einen | |
eingebauten Internet-Browser enthält, mit dem vom Nutzer beim Herunterladen | |
zu bestätigenden Warnlabel: "ab 17" - "kann sexuelle Darstellungen | |
enthalten". | |
8 Jan 2010 | |
## AUTOREN | |
Ben Schwan | |
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