# taz.de -- H1N1 und die Pharmariesen: Steuergeld für Impfstoff-Forschung | |
> Der Bund hat die Entwicklung eines Pandemie-Serums bei GSK und Novartis | |
> gefördert – mit 10 Millionen Euro. Bereits 2002 tagte eine Expertengruppe | |
> zum Thema Pandemie. | |
Bild: Impf-PR mit Gesundheitsminister Rösler. Ob's was nützt? | |
KASSEL taz | Die Entwicklung eines Impfstoffs gegen eine Grippepandemie | |
durch GlaxoSmithKline (GSK) ist vom Bundesgesundheitsministerium mit zehn | |
Millionen Euro gefördert worden. Das geht aus Antworten des Ministeriums | |
auf eine Anfrage grüner Bundestagsabgeordneter hervor. Auch dem Hersteller | |
Novartis - ehemals Chiron-Behring - wurde demnach eine Förderung von zehn | |
Millionen Euro gewährt. Mit beiden Firmen schlossen die Bundesländer später | |
Verträge für den Pandemiefall. | |
Mit dem Pharmariesen GSK wurde der Vertrag 2007 geschlossen. Allerdings | |
werden dem Hersteller schon mit dem Förderbescheid aus dem Jahre 2006 | |
Lieferungsverpflichtungen auferlegt, bestätigt das Gesundheitsministerium. | |
2009 orderten die Bundesländer 50 Millionen Dosen des | |
Schweinegrippeimpfstoffs. Einen Teil davon wollen sie inzwischen | |
stornieren. Ob GSK ihnen dabei entgegengekommen ist, ist unklar. | |
Die Grünen-Abgeordneten um den Gesundheitsexperten Harald Terpe hatten | |
Anfang Dezember 2009 nach Details der Verträge mit GSK gefragt. Die | |
Antworten geben Einblick in frühe Weichenstellungen: Demnach setzte das | |
Gesundheitsministerium bereits 2002, also zur Regierungszeit von Rot-Grün, | |
eine Expertengruppe für die Pandemieplanung ein. Schon damals sei deutlich | |
geworden, dass eine schnelle Versorgung mit Impfstoffen nur in Kooperation | |
mit der Industrie möglich sein würde. 2005 habe die Regierung "angesichts | |
der Bedrohung durch das äußerst gefährliche Virus H5N1" - also die | |
Vogelgrippe - die Vorbereitungen für die Impfstoffversorgung im | |
Pandemiefall vorangetrieben. Die Entscheidung, die Entwicklung zu fördern, | |
basiere auf einem Konzept des Paul-Ehrlich-Instituts. | |
In ein "Interessenbekundungsverfahren" habe man die führenden acht | |
europäischen Impfstoffhersteller einbezogen. Eine öffentliche Ausschreibung | |
sei nicht in Betracht gekommen. Dass schließlich GSK und Novartis zu | |
"zielführenden Gesprächen" geladen wurden, habe "ausschließlich auf | |
fachlichen Gründen" beruht, schreibt Staatssekretär Daniel Bahr (FDP). | |
Harald Terpe überzeugt diese Antwort noch nicht: "Es bleibt im Dunkeln, | |
welche fachlichen Gründe für die Bundesregierung letztlich ausschlaggebend | |
waren." Terpe kritisiert, es habe kein transparentes Verfahren gegeben. | |
Dass die Regierung sich gleichzeitig mit der Förderung zum | |
Vertragsabschluss verpflichtet habe, halte er für problematisch. Auch dürfe | |
ein Impfstoff, der mit staatlicher Förderung entwickelt wurde, nicht zu | |
"einem so überhöhten Preis" an den Staat verkauft werden. | |
Die Antworten des Ministeriums lassen erkennen, dass viele EU-Staaten aus | |
Sorge vor einer gefährlichen Vogelgrippepandemie um Produktionskapazitäten | |
bei GSK konkurrierten. So waren Stornierungsregeln offenbar nicht | |
durchsetzbar. Verhandlungen der Bundesregierung mit Pharmaunternehmen seien | |
an sich kein Problem, urteilt Terpe. Aber er kritisiert, "dass sie sich | |
beim Vertragsabschluss mit GSK die Bedingungen hat diktieren lassen". | |
11 Jan 2010 | |
## AUTOREN | |
Katja Schmidt | |
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