# taz.de -- TV-Moderator als Biobauer: Lob des Brandenburgers | |
> Dieter Moor hat ein Buch über sein zweites Leben als Biobauer in der | |
> Provinz geschrieben. Mit schweizerischer Gründlichkeit porträtiert er | |
> Brandenburgs Ureinwohner. | |
Bild: Vom Glamour in die Scheune: Dieter Moor mit Entertainer Christian Ulmen u… | |
Dieter Moor ist eigentlich kein richtiger Promi. Der Moderator von "Titel | |
Thesen Temperamente" ist zu bodenständig, als dass seine Privatgeschichten | |
die Medien beschäftigen könnten. Von ihm kennt man keine Geschichten über | |
betrogene Ehefrauen oder schwangere Geliebte. Trotzdem hat er in den | |
letzten Jahren einen Medien-Hype verursacht, auf den mancher Promi scharf | |
wäre: er hat sich mit seiner Frau Sonja Moor in Brandenburg als Biobauer | |
angesiedelt. | |
Seit 2003 konnte er sich vor Kollegenbesuchen kaum mehr retten. Nun hat der | |
Schweizer dem Ganzen noch eins draufgesetzt und ein Buch geschrieben über | |
seinen Umzug von der idyllischen Schweiz ins übel beleumundete Brandenburg. | |
"Was wir nicht haben, brauchen Sie nicht" lautet der programmatische Titel | |
des Buches. Im Plauderton und mit filmreifen Szenenbeschreibungen schildert | |
Moor die Mühsal, die ihnen die neue Heimat auferlegt. Denn die Moors haben | |
das Land gekauft, ohne genau hinzusehen. Der Boden ist zu sandig, um | |
ertragreiche Wiesen für die Viehzucht hervorzubringen. Der ehemalige | |
Flughafen am Dorfrand ist noch in Betrieb - er wird hin und wieder für | |
Mega-Techno-Partys verpachtet. Und auch das Gemeindehaus auf der anderen | |
Straßenseite nutzen Vereine gerne zum Open-End-Party-Feiern. | |
Moor ist kein Pionier. Schon vor ihm haben sich viele Westler in den Osten | |
gewagt und nicht wenige von ihnen auch Bücher geschrieben. Aber in "Was wir | |
nicht haben, brauchen Sie nicht" werden keine Klischees über | |
"DunkelDeutschland", über fremdelnde und braune Ossis verbreitet. Für ihn | |
sind die Menschen in "Amerika" (so der fiktive Name des Dörfchens) mutige | |
Menschen, die von einem Tag auf den anderen den Sprung in die | |
Selbstständigkeit gewagt haben und ihre alte LPG als Familienbetrieb | |
weiterführen. Oder auch sympathische Sturköpfe wie die Inhaberin des | |
einzigen Tante-Emma-Ladens. Dessen verblasster Schriftzug gibt dem Buch | |
auch den Titel: "Was wir nicht haben, brauchen Sie nicht". Die Inhaberin | |
gibt sich redlich Mühe, diesem Motto treu zu bleiben, und weigert sich | |
tapfer, Frischmilch anzubieten, weil die angeblich eh keiner trinkt. | |
Moor porträtiert die - natürlich fiktiven! - Personen um sich herum mit | |
schweizerischer Gründlichkeit, erzählt mit Vergnügen die Schauer- und | |
Märchengeschichten der Ureinwohner Amerikas aus vergangenen Zeiten. Politik | |
kommt keine vor, außer dass ein wenig zu politically correct und heldenhaft | |
die Glatzen aus dem Nachbarort vom dörflichen Feuerwehrfest vertrieben | |
werden. | |
Fast wird es ein wenig zu idyllisch in der preußischen neuen Heimat. Das | |
Ackerland stellt sich doch als nicht so unfruchtbar heraus wie gedacht. Der | |
Bauer mit den Berliner Technopartys verkauft den Moors das Land, statt | |
weiter an die Partyleute zu vermieten. Schlussendlich geben sich alle | |
gemeinsam und glücklich auf dem Feuerwehrfest im Gemeindehaus die Kante. | |
Aber warum auch nicht mal ein Happy End? Der schönste | |
schweizerisch-brandenburgische Dialog entwickelt sich, wenn Sonja Moor | |
Bauer Müsebeck Kaffee anbietet: "Wie möchten Sie ihn, mit Milch, mit | |
Zucker, mit beidem?" Der Bauer antwortet trocken: "Mit Tasse." | |
Dieter Moor: "Was wir nicht haben, brauchen Sie nicht. Geschichten aus der | |
arschlochfreien Zone". Rowohlt, Hamburg 2009. 298 Seiten, 8,95 € | |
13 Jan 2010 | |
## AUTOREN | |
Elke Eckert | |
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