# taz.de -- Grüne Woche: Andrang für Krümel | |
> Eigentlich wollte die Messe weg vom Fressmeilen-Image. Die Gäste | |
> interessiert das allerdings wenig. | |
Bild: Sattessen auf der Grünen Woche geht nicht mehr für umsonst. | |
Ein Teelöffel Kaviar auf Brotecke drei Euro. Ein Laugenbrezelchen ein Euro. | |
Ein Esslöffel Spargelsalat ein Euro, ein Probierschnaps dazu noch einmal | |
ein Euro. Auf der Grünen Woche kosten inzwischen selbst Minihäppchen Geld, | |
umsonst wandert fast nichts mehr über die Theken. Sattessen für lau? | |
"Das ist von Jahr zu Jahr weniger geworden", sagt Klaus Felz. Den Potsdamer | |
schreckt das nicht. Er kommt seit Jahren mit seiner Frau zur Grünen Woche. | |
Seit selbst die Probierhappen kosten, verzehrt das Paar weniger - auf den | |
Besuch will es aber nicht verzichten. "Immerhin können wir hier probieren, | |
was es anderswo nicht gibt und man muss nicht gleich so große Mengen | |
kaufen", sagt Felz. "Wo kann man sonst schon eine einzelne Auster essen?" | |
Felz und seine Frau Anna sind am Freitag nicht die einzigen, die sich zum | |
Messedamm aufmachen: Zur Eröffnung reihen sich lange Schlangen vor den | |
Kassen, die Hallen sind kurz nach zehn Uhr gut gefüllt, schnell stehen die | |
ersten benutzten Teller mit Weißwursthäuten und geleerte Biergläser auf den | |
Bistrotischen. | |
Neben einer Thüringer Wurstbude essen zwei Frauen dick bestrichene | |
Schmalzbrote. Auch sie kommen aus Tradition, immer am ersten Messetag. | |
Finanziell lohne es sich seit ein paar Jahren nicht mehr, gestehen sie. Im | |
vergangenen Jahr etwa hätten sie je 40 Euro auf der Messe gelassen, für | |
Essen und Getränke. | |
Im Grunde genommen will sich die Messe mehr als Erlebnis- und | |
Informationsort präsentieren und weg vom reinen Fress-Image. In 22 Studios | |
wird öffentlich Kochen gelehrt, Besucher können ihre Fitness testen und | |
sich vom Bundesministerium für Verbraucherschutz über gesunde Ernährung | |
aufklären lassen. In eine Halle haben Landwirte Kühe, Ziegen und Ferkel | |
geschleppt, um sie Kindern als "Erlebnisbauernhof" zu präsentieren. Der | |
Geruch erinnert tatsächlich nach kurzer Zeit an einen Massentierstall. Nur | |
dass in letzterem wohl öfter gelüftet wird. | |
Allem Bemühen zum Trotz: Die Menschen interessieren sich weiter nur fürs | |
Essen. Eine sächsische Teigwarenfirma bietet Nudelpakete zum Kauf, fünf | |
Kilo Eiernudeln für zehn Euro. "Die gehen weg wie warme Semmeln", sagt der | |
Verkäufer. Ob die Eier von artgerecht gehaltenen Hühnern stammen, habe | |
bisher keiner gefragt. | |
Für den Nudelhersteller lohnt sich der Messebesuch. Für andere Firmen ist | |
die Grüne Woche finanziell ein Minusgeschäft. "Wir bezahlen für die Tage | |
mehr, als wir einnehmen", sagt Annett Knoth, Produktentwicklerin bei Gutena | |
aus Apolda. Die Firma stellt das Waffelbrot Filinchen her. "Wir wollen | |
einfach, dass die Leute unser Produkt kennenlernen und kaufen, Filinchen | |
war ja im Westen nicht bekannt." | |
Knoth selbst erhofft sich von den Gesprächen mit Besuchern Anregungen für | |
Produktneuerungen. In den vergangenen Jahren habe das funktioniert: | |
Vollkorn-Filinchen etwa seien nur auf den Markt gekommen, weil Kunden | |
verstärkt das Thema Vollkorn angesprochen hätten. Knoth und ihre Kollegen | |
bieten alle Sorten zum Probieren an. Kostenlose Krümel, um die sich | |
Menschentrauben bilden. Die ganzen Packungen gibt es zu kaufen - etwa zum | |
gleichen Preis wie im Supermarkt. | |
16 Jan 2010 | |
## AUTOREN | |
Kristina Pezzei | |
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