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# taz.de -- Globalisierungskritik im Diskurs: Weltsozialforum auf neuen Wegen
> Das zehnte Weltsozialforum in Brasilien ist auf der Suche nach
> Perspektiven nach der Weltfinanzkrise.
Bild: 27 thematische Foren sind für 2010 im Zuge des Weltsozialforums geplant.
Mit der traditionellen Auftaktdemonstration hat am Montag in Südbrasilien
das zehnte Weltsozialforum begonnen - genauer gesagt das am prominentesten
besetzte der 27 regionalen und thematischen Foren, die für 2010 geplant
sind. In Porto Alegre liegt der Fokus auf dem internationalen
Strategieseminar, auf dem das ganze thematische Spektrum der
Globalisierungskritik abgearbeitet wird. Zudem dürfte es auch um eine
Standortbestimmung und Zukunftsperspektiven für die
globalisierungskritische Bewegung gehen.
Wenn es nach den Mitbegründern Chico Whitaker (78) und Oded Grajew (65)
geht, ist das Forum eine einzige große Erfolgsgeschichte. "Vor dem ersten
Forum 2001 wurden wir vom damaligen Präsidenten Fernando Henrique Cardoso
als Maschinenstürmer verspottet", erinnert sich der Ex-Unternehmer Grajew.
Inzwischen hätten die Neoliberalen abgewirtschaftet, "unsere Forderungen
haben die Welt verändert".
In vielen Bereichen ändere sich die staatliche Politik, meint Grajew. "Die
gesamtamerikanische Freihandelszone ist vom Tisch, stattdessen reden die
großen Länder des Südens bei der G 20 mit. Jene Regierungen, die den
Binnenmarkt stärken, die Schulden abgebaut und die Handelsbeziehungen
diversifiziert haben, sind in der Krise am besten gefahren". Whitaker kommt
daher zu dem Schluss: "Der Weg ist das Ziel."
Susan George ist das zu wenig. Die Weltbürgerbewegung sei nicht sichtbar,
klagt die prominente Attac-Aktivistin, "wir haben 2009 eine große Chance
vertan". Eine größere Fokussierung sei nötig, "damit wir zur Abwechslung
mal damit anfangen können, zu gewinnen". Der portugiesische Soziologe
Boaventura de Sousa Santos meint, angesichts der "enormen
Regenerierungsfähigkeit des Kapitalismus" müsse auch das Weltsozialforum
neue Wege gehen.
Zwei Vorschläge, die Bewegung der "Altermondialisten" schlagkräftiger zu
machen, werden auch in Porto Alegre diskutiert: So hat der venezolanische
Staatschef Hugo Chávez unlängst die Gründung einer "Fünften Internationale"
angeregt, dem bolivianischen Vizepräsidenten Álvaro García Linera schwebt
eine "Internationale der sozialen Bewegungen" vor. Die "Marke"
Weltsozialforum sei jedoch dafür nicht zu haben, stellten Whitaker und
Grajew klar.
Konsens herrscht allerdings darüber, dass Weltfinanzkrise und Klimawandel
eine Abkehr vom Raubtierkapitalismus erforderten. Ziel sei eine
Gesellschaft, "die jenseits von Markt und Staat Entfaltungsmöglichkeiten
für den Einzelnen und bessere Lebensbedingungen für alle bietet", sagt die
Publizistin Silke Helfrich aus Jena, eine der Referentinnen. Unter anderem
darüber wird auf 500 Workshops und Kulturveranstaltungen diskutiert, vor
allem in den Nachbarstädten Canoas, São Leopoldo und Novo Hamburgo. Denn
natürlich versucht die Arbeiterpartei PT auch in diesem Jahr, das Forum für
sich zu nutzen. Im Gegensatz zu Porto Alegre werden diese Großstädte von
PT-Bürgermeistern regiert.
Zu den Sponsoren des Regionalforums gehören auch staatliche Banken und der
Ölkonzern Petrobras, deren Schlüsselpositionen von PT-Mitgliedern besetzt
sind. Schließlich werfen die Präsidentenwahlen vom Oktober ihre Schatten
voraus: Am Dienstag tritt Präsident Lula da Silva mit seiner
Wunschnachfolgerin Dilma Rousseff auf.
26 Jan 2010
## AUTOREN
Gerhard Dilger
## TAGS
Creative Commons
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