# taz.de -- Ein Tablet namens "iPad": Apples aufgeblasenes iPhone | |
> Es sieht aus wie ein riesiges iPhone und funktioniert auch so. Mit seinem | |
> iPad ist Apple auf der technischen Seite nicht sehr innovativ – ein | |
> Geschäft könnte es trotzdem werden. | |
Bild: Der Meister und sein neuestes Produkt: Steve Jobs präsentiert das iPad. | |
SAN FRANCISCO taz/dpa/rtr/ap | Nach seinem Erfolg mit dem iPhone-Handy | |
steigt Apple in das Geschäft mit Mini-Laptops ein: Mit dem in San Francisco | |
präsentierten iPad bringt die Firma endlich den von ihrer Fangemeinde lang | |
ersehnten Tablet-Rechner heraus. Die Überraschung: Er sieht genau so aus | |
wie ein iPhone – nur größer. | |
"Es ist viel besser als ein Laptop und viel besser als ein Handy", erklärte | |
Jobs stolz bei der Präsentation. Wie beim iPhone passt sich die | |
Bildschirmdarstellung daran an, wie das Gerät gerade gehalten wird. Wie | |
beim iPhone integriert der iPad einen Web-Browser, E-Mail, Video, | |
Textbearbeitung und andere Programme, Computerspiele sowie das Lesen von | |
digitalen Büchern, den E-Books. Schließlich unterstützt der iPad auch die | |
meisten der 140.000 Anwendungen (Apps), die für das iPhone angeboten | |
werden. | |
Steve Jobs lobt sich bereits selbst: "Wir wollen 2010 beginnen, indem wir | |
heute ein magisches und revolutionäres Produkt einführen", sagte er bei der | |
Präsentation. Freilich sucht man lange nach Features, die es nicht schon | |
gibt. Viel war im Vorfeld über mögliche Innovationen spekuliert worden. | |
Nichts davon materialisierte sich: Kein superbrillanter Bildschirm mit | |
OLED-Technologie, keine Videokameras auf Vorder- oder Rückseite, keine | |
Überraschungen. | |
Aber vielleicht ist das auch nicht wichtig. Entscheidend ist, dass der | |
Apple-Chef offenbar davon überzeugt ist, das sein iPhone-Konzept auf den | |
Markt für Notebooks 1:1 übertragbar ist, und er nebenbei noch die | |
E-Reader-Anbieter ausstechen kann. Denn bei einem Einstiegspreis von 499 | |
Dollar, dürften sich viele überlegen, ob sie nicht gleich einen richtigen | |
Tablet-PC kaufen, anstatt eines farblosen E-Readers für 200 bis 300 Dollar. | |
Und so hat Apple folgerichtig seinen Onlineladen iTunes um eine | |
Buchabteilung "iBooks" erweitert. Zum Start sicherte sich Steve Jobs | |
bereits die Unterstützung von fünf Großverlagen (Penguin, HarperCollins, | |
Simon & Schuster, Macmillan sowie Hachette), die ihre Titel für das iPad | |
anbieten werden. Gleichzeitig unterstützt Apple das offene Dokumentenformat | |
ePub, was den Druck auf den Kindle-Anbieter Amazon vergrößern wird. | |
Für den 1,25 Zentimeter flachen, rund 680 Gramm schweren Rechner mit einem | |
rund 24 Zentimetern (9,7 Zoll) großen Touchscreen hat Apple einen eigenen | |
Prozessor entwickelt. Er hat eine Taktrate von einem Gigahertz – und soll | |
flüssiges HD-Fernsehen sowie ausreichende 3D-Darstellung von Spielen | |
ermöglichen. | |
Kein Flash auf dem iPad | |
Für die Darstellung von Flash-Anwendungen dagegen reichte es nicht. Das ist | |
schon am iPhone sehr ärgerlich und verhindert, dass man Filme von Websites | |
streamen kann. Da Apple ja im iTunes-Store Filme verkauft, profitiert die | |
Firma indirekt von diesem Mangel, der schon beim iPhone von Anfang an | |
beklagt wird. Das riecht ein wenig nach Absicht. | |
Dafür soll der neu entwickelte Prozessor sehr energiesparend sein. Zehn | |
Stunden lang soll man auf dem iPad Filme schauen können. Das ist ein | |
wichtiges Detail, denn die kurzen Batterielaufzeiten gehört zu den | |
wichtigsten Gründen, warum sich der Tablet-PC bislang nicht gut durchsetzen | |
konnte. | |
"Goldrausch für Entwickler" | |
Mit dem iPhone hat Apple den Mobilfunkmarkt auf den Kopf gestellt und sich | |
zum umsatzstärksten Handyhersteller entwickelt. Natürlich will der | |
kalifornische Elektronikkonzern mit dem "iPad" diesen Erfolg wiederholen. | |
Das iPad werde einen "neuen Goldrausch für Entwickler" auslösen, sagte | |
Jobs. An der Seite des Apple-Chefs präsentierten Computerspiele-Hersteller | |
wie Electronics Arts und Gameloft aber auch Medienunternehmen wie die New | |
York Times erste Programme, die für das Zehn-Zoll-Display des iPads | |
optimiert sind. | |
Als Jobs die Preise für das iPad verkündete, ging ein Raunen durch das | |
Yerba Buena Center in San Francisco. Da Jobs zuvor immer betont hatte, dass | |
Geräte unter 500 Dollar nur "Müll" seien, hatten Beobachter im Vorfeld der | |
iPad-Premiere mit Preisen bis zu 1000 Dollar gerechnet. Nun ja: Mit 499 | |
Dollar Einstiegspreis fällt das iPad vielleicht gerade noch nicht unter | |
dieses Müll-Verdikt. | |
Die teuerste iPad-Version mit einem UMTS-Modem und 64 Gigabyte | |
Hauptspeicher (Flashspeicher) wird dennoch die 829 Dollar erreichen. Die | |
ersten Geräte mit drahtlosem Internet (WiFi) sollen in zwei Monaten | |
verfügbar sein, die UMTS-Variante soll in 90 Tagen auf den Markt kommen. | |
Steigender Aktienkurs | |
Nachdem der Aktienkurs von Apple zu Beginn der Präsentation zunächst um | |
drei Dollar nachgab, stieg der Preis des Papiers gegen Ende der | |
Veranstaltung wieder über den Vortageskurs. Die Apple-Aktie hatte in den | |
vergangenen drei Monaten um über 60 Prozent zugelegt. | |
Für das iPad wird es eine externe Tastatur geben und eine eigene Variante | |
des Office-Pakets "iWork". Das Paket besteht aus einer Textverarbeitung, | |
Tabellenkalkulation sowie einem Präsentationsprogramm. Die drei | |
iWorks-Anwendungen werden für jeweils zehn Dollar im iTunes-Store | |
angeboten. | |
Microsoft-Chef Steve Ballmer hatte Anfang Januar mehrere Tablet-PCs für die | |
zweite Jahreshälfte angekündigt. Die Computerhersteller versuchen schon | |
seit Jahren vergeblich, solche Geräte am Markt zu etablieren. | |
Mit dem iPad reagiert Apple auch auf Kritik an der Vermarktung des iPhone | |
in Märkten wie den USA oder Deutschland, wo das Smartphone nur exklusiv | |
über einen Mobilfunkprovider angeboten wird und mit einer Netzsperre | |
versehen ist. Alle iPad-Modelle werden mit einer schnellen drahtlosen | |
Internet-Verbindung (802.11n WiFi) angeboten, einige Modelle auch mit einem | |
Mobilfunkmodem (UMTS). | |
Wie beim iPhone werden die UMTS-Modelle des iPad in den USA zusammen mit | |
einem Datenpaket des Providers AT&T vermarktet. Im Gegensatz zum iPhone | |
sperren Apple und AT&T aber andere Provider nicht aus, sondern bieten das | |
Gerät ohne "Netlock" an. | |
28 Jan 2010 | |
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