# taz.de -- Naziaufmarsch in Dresden: Polizei hilft Linken bei Mobilisierung | |
> Viele Berliner wollen zur Blockade des Dresdner Naziaufmarsches fahren. | |
> Für die gute Mobilisierung sorgen Repressalien von Polizei und | |
> Staatsanwaltschaft. | |
Bild: Das Plakat darf jetzt doch geklebt werden, zumindest in Berlin | |
Es ist der Moment, in dem Lena Roth das Wort "absurd" einfällt. Die | |
Sprecherin des Bündnisses "Dresden Nazifrei" ist auf dem Weg zu einer | |
Blockadeübung, als zwei Polizeibeamte sie bitten, ihren Rucksack zu öffnen. | |
Man müsse, wie bei einer Kundgebung üblich, die Taschen durchsuchen. Die | |
30-Jährige öffnet den Reißverschluss, die Beamten nehmen eine Rolle Plakate | |
heraus, entrollen eins. "13.2.2010, Dresden, Kein Naziaufmarsch, Gemeinsam | |
blockieren", steht darauf. | |
Die Polizisten schauen verunsichert: Das sei doch eins von "denen", sagt | |
einer. Er werde den Einsatzleiter fragen, ob man es konfiszieren müsse. | |
Kurz darauf gibt er Roth ihre Plakate zurück. Plakate, die noch zehn Tage | |
zuvor in dem Kreuzberger Antifaladen "Red Stuff" zu tausenden von der | |
Polizei beschlagnahmt worden waren - im Auftrag der Dresdener | |
Staatsanwaltschaft. | |
Zumindest in Berlin zeigt das polizeiliche Vorspiel zum Protest gegen den | |
Dresdener Naziaufmarsch am 13. Februar Folgen. Positive. "Ich schätze, dass | |
mindestens 1.000 Menschen aus Berlin nach Dresden fahren", sagt Tim | |
Laumeyer, Sprecher der Antifaschistischen Linken Berlin (ALB) . Die Tickets | |
für 14 Busse seien schon jetzt ausverkauft, täglich gebe es neue Anfragen, | |
nun sollen weitere Busse organisiert werden. | |
Auch bei der Linkspartei waren Mitte vergangener Woche alle Plätze belegt. | |
Insgesamt werden mehr als 20 Busse von Berlin nach Dresden fahren. "Die | |
Mobilisierung lief schon vorher sehr gut, aber nun hat sie nochmal an | |
Schwung gewonnen", sagt Tim Laumeyer. Er nennt es den "G8-Effekt": Auch vor | |
den Gipfelprotesten in Heiligendamm war der Laden der ALB durchsucht | |
worden. | |
Die Polizeiaktion vor zwei Wochen, bei der in Berlin und Dresden Tausende | |
Plakate und Flyer beschlagnahmt wurden, hatte die Dresdener | |
Staatsanwaltschaft damit begründet, der Aufruf zu Massenblockaden sei ein | |
Aufruf zu einer strafbaren Blockade einer Demonstration. Das Bündnis | |
"Nazifrei - Dresden stellt sich quer" sieht das anders. Nachgedrucktes | |
Material liegt mittlerweile an 13 Orten in Berlin aus. | |
Allein am vergangenen Donnerstag wurden von mehr als 40 Menschen, darunter | |
auch den Linken-Bundestagsabgeordneten Ulrich Maurer und Nicole Gohlke, | |
noch einmal über tausend Plakate in der Stadt verklebt. "Für mich war es | |
gerade nach der Kriminalisierung ein Gebot der Stunde, mich daran | |
zubeteiligen", sagte Gohlke. Ihr Plakatierteam flüchtete einmal vor der | |
Polizei, Ärger gab es am Ende keinen. Genauso wenig wie Lena Roth, die ihre | |
Plakate von den Polizisten zurück bekam. | |
Kann ein und derselbe Gegenstand mal illegal sein und mal nicht? Laut | |
Polizeisprecher Frank Millert wertet die Berliner Staatsanwaltschaft "das | |
bloße Anbringen oder Verwenden des Plakats" nicht als Straftat. "Deshalb | |
kommen insoweit polizeiliche Maßnahmen nicht in Betracht", so Millert. | |
Verunsichert ist man bei der Berliner Polizei dennoch. Lena Roth war schon | |
nicht mehr überrascht, als zu ihrem Blockadetraining vor der sächsischen | |
Landesvertretung plötzlich fünf Mal so viele Beamte standen wie zuvor | |
angekündigt. Roth, die seit vergangenem Jahr von Berlin aus die Dresdener | |
Proteste mitorganisiert, hatte das Training als Kundgebung angemeldet. | |
Eine kleine, eher symbolische Aktion, bei der Sitzunterlagen getestet, | |
Verschränkungsgriffe geübt und Tipps für die Verpflegung beim Blockieren | |
gegeben werden. Man werde ihnen wie üblich zwei, drei Beamte zur Seite | |
stellen, hieß es zuerst. Am Ende waren 15 Polizisten vor Ort und die | |
sächsische Vertretung war mit Gittern abgesperrt. Es sei ja, so die | |
Begründung, zuletzt verstärkt mobilisiert worden. Vor allem durch die | |
Dresdener Staatsanwaltschaft, sagt Lena Roth. | |
31 Jan 2010 | |
## AUTOREN | |
Luise Strothmann | |
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