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# taz.de -- Studiobesuch bei K.I.Z.: Fick-Rap ist langweilig
> Damit das Kerngeschäft mit minderjährigen Fans weiter läuft, sind die
> Rap-Texte von K.I.Z. harmloser geworden. Doch beängstigt sie, von
> Grundschullehrern gemocht zu werden.
Bild: Wünschen sich, dass Straßenrap wieder die Regierung anpisst: K.I.Z.
Plötzlich kommt man sich wieder vor wie mit 16. Damals, als man mit den
coolen Jungs am Rande des Skaterampe gesessen hat. Wenn man sich mit der
Band K.I.Z. in ihrem Kreuzberger Souterrainstudio trifft, ist es fast wie
früher: laute Jungs, derbe Witze, Magic-Karten, Nudeln mit Ketchup. Ab und
an klopft es an der Tür, Begrüßung per Handschlag und dazwischen versucht
man eben ähnlich cool zu sein.
Keine Chance! "Sexismus gegen rechts", so der wunderbar bescheuerte Titel
ihres aktuellen Albums, füllt landauf, landab die Konzerthallen mit
krawalligen Pubertierenden. "Kennt ihr Thilo Sarrazin?" Mit dieser Frage
leiten die drei Rapper Nico, Maxim und Tarek auf ihren Konzerten gerne den
Beginn eines bestimmten Songs ein.
Und das Publikum kennt sowohl den Songtitel als auch die Antwort auf die
nächste Frage: "Wie wird der noch genannt?" "Hurensohn, Hurensohn"
erschallt es dann aus tausend Kehlen. Es sind solche Verbalangriffe gegen
Politik oder Wirtschaft, die selbst Nicht-HipHop Fans verzücken. Deshalb
sammeln sich auf K.I.Z.-Konzerten auch Punks, Studenten und Neuköllner
Ghettokids.
K.I.Z. eine politische Band zu nennen, würde dennoch etwas weit gehen, aber
zumindest geht ihr Battlerap über den Längenvergleich von Geschlechtsteilen
hinaus. Sie sind brachial und gewitzt, und sie kennen Wörter wie
"Wertekanon" - welch eine Hoffnung für alle zukunftsbesorgten
Sozialarbeiter. "Ich finde das widerlich", sagt Tarek über verständnisvolle
Journalisten, die ihr Album lobend besprochen haben. Weil es schlecht für
den Ruf eines Rappers ist? "Nein, ich will ja nicht von den
Grundschullehrern gemocht werden."
Maxim, der mit 25 der Älteste ist, und meist einspringt, wenn man Gefahr
läuft, die anderen Bandmitglieder misszuverstehen, fügt hinzu: "Rein
geschäftlich sind positive Kritiken super: Sie helfen uns, wenn es um
Zensur geht, oder um auf Festivals gebucht zu werden. Aber wir sind nicht
die Antigangster, Anti-Bushido-Fraktion. Das ist Quatsch."
Pornorap ohne Sprengkraft
Was 2007 noch Feministinnen und Jugendschützer auf den Plan rief, ist
mittlerweile etwas die Sprengkraft abhanden gekommen. Über Pornorap wird in
den Talkshows gerade weniger diskutiert. "Im Inforadio hat letztens so eine
Feministin gesagt, der Feminismus sei gescheitert, weil er es nicht
geschafft habe, eine moderne Form der Weiblichkeit zu vermitteln. Da hab
ich mir gedacht: stimmt, Alter", sagt Tarek, während DJ Craft meint: "Der
Fickrap ist einfach langweiliger geworden."
K.I.Z.-Texte kommen inzwischen mit weniger Gewaltbeschreibungen aus, eine
Indizierung kann sich selbst ein erfolgreicher Act wie K.I.Z. nicht
leisten. "Im HipHop ist es so, wenn Minderjährige nicht aufs Konzert
dürfen, dann lohnt es sich gar nicht erst, es zu veranstalten. Deshalb sind
Rap-Texte - außer unsere - harmloser geworden", sagt Maxim. K.I.Z. sind an
der Indizierung bisher vorbeigeschrammt, dennoch fragt sich Tarek: "Sie
brächte unsere Existenz in Gefahr. Warum fördert man nicht lieber gesunde
Familien, als Kunst zu verbieten?"
K.I.Z. sind geschickt. Ihre Texte über den österreichischen Rechtsaußen
Jörg Haider und andere gesellschaftlich anerkannte Bösewichte sind
überironisiert. Zeilen wie "Ackermann du Arschloch / Ich zeige dich an, ich
wähle 110 / aber keiner geht ran" sind so gut, dass man das bisschen Fotze
und Fisten am Ende des Lieds gerne überhört. Gerade auf dem aktuellen Album
sind die pornorapfreien Songs stärker. Weiterentwicklung nennt Tarek das,
mehr Selbstbewusstsein ist es für Maxim.
Straßenrap gegen die Regierung
Fragt man K.I.Z. danach, wie Ironie funktioniert, antwortet Maxim: "Du
musst was ganz Schlimmes eiskalt beschreiben, dann denken die Leute, das
ist Ironie." Er sei nicht dafür verantwortlich, alle Leute schlau zu
machen, und nur weil er im Rampenlicht stehe, müsse er nicht den Wertekanon
vertreten.
"Ich würde mir wünschen, dass Straßenrap wieder Leute in der Regierung
anpisst. Und zwar so, dass es alle wahrnehmen. Dass Leute sagen: Wir sind
gegen Abschiebeknäste oder so. So, dass der Staat merkt, okay unsere Jugend
hat ein Problem mit ein paar Dingen, die wir über ihren Kopf hinweg
entschieden haben", sagt Tarek. Und Maxim fügt hinzu: "Die Mucke wird immer
konservativer, und wenn sie nicht wieder rebellischer wird, dann wird sie
eben ersetzt."
Wegen solcher Aussagen findet man K.I.Z gut, selbst wenn man ihre Musik
nicht so gerne mag. Warum die Kids auf K.I.Z stehen, kann man nicht so
genau sagen. Wahrscheinlich hat es damit zu tun, was man so durchmacht am
Rande der Skaterampe.
3 Feb 2010
## AUTOREN
Laura Ewert
## TAGS
Polen
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