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# taz.de -- Spielwarenmesse Nürnberg: Feldzug des Digitalen
> Dank Internet und Konsolen bevorzugen Kids immer mehr die virtuellen
> Welten anstatt klassische Spielzeuge. Deren Hersteller versuchen jetzt zu
> kontern und setzen auf elektronische Add-Ons.
Bild: Das Agentenset von Playmobil mit Gefängniskeller, Kameraset und Handmoni…
BERLIN taz | Brauchen Kinder heute noch Spielzeug zum Anfassen? Wenn es
nach der IT- und Videospielebranche geht, dann lautet die Antwort eher:
"Eigentlich nicht". Das Versinken in digitalen Universen, ob nun im
Internet oder auf Konsolen, füllt immer mehr Freizeit auch von
Grundschülern oder noch Jüngeren aus.
Da haben es die traditionellen Spielehersteller, die sich noch [1][bis
Dienstag in Nürnberg auf der Spielwarenmesse] treffen, eher schwer.
Brettspiele, Puppen, Plastikfiguren - all das wirkt plötzlich furchtbar
unsexy gegen Welten aus dem Computer, die völlig variabel sein können und
Instant-Kommunikation mit dem Rest des Planeten versprechen.
Doch die klassischen Anbieter schlagen zurück. Schon am diesjährigen
"ToyAward", dem seit sieben Jahren [2][auf der Spielwarenmesse vergebene
Preis für die innovativsten Produkte] der Branche, lässt sich ablesen, was
die Zukunft bringen soll: Zu immer mehr Elektronik im traditionellen
Spielzeug. 317 Neuheiten von 189 Unternehmen wurden in diesem Jahr der
unabhängigen Fachjury vorgelegt. Acht Gewinner gab es. Und sechs von ihnen
haben ihr Spielzeug teilweise elektronisch aufgemotzt.
Das kann leidlich verrückt sein wie die [3][Barbie mit
Flashspeicher-Kamera], die der US-Konzern Mattel auf den Markt geworfen
hat, oder eher kindlich wie ein Buch von Ravensburger, das sich mittels
elektronischem Stift ("tiptoi") selbst vorlesen kann - beides Preisträger
des ToyAwards in den Kategorien "Trend + Lifestyle" und "Wissen + Lernen".
Ein Blick auf die weiteren Nürnberger Sieger bestätigt den Trend: Im
"GEOlino Power-House" (Preisträger "Ökologie + Umweltbewusstsein") dürfen
Kids ihr eigenes "grünes" Kraftwerk basteln, während die "Carrera RC Racing
Machine" (Gewinner "Elektronik + Technik") dank sonst nur vom
Internet-Datenfunk bekannter Frequenznutzung enorm weite Runden mittels
Funkfernbedienung dreht. Das Produkt "Paper Jamz" (Kategorie: "Emotion +
Erlebnis") hat es wiederum offensichtlich auf die Generation "Guitar Hero"
abgesehen: Es handelt sich um Pappgitarren, die sich dank
berührungsempfindlicher Oberfläche zu Gitarrensounds aus einem Lautsprecher
bewegen lassen.
Ziemlich erschütternd ist dagegen der ToyAward-Sieger in der Kategorie
"Spiel + Action": Der bekannte Figurenhersteller PlayMobil hat ein
Agentenset auf den Markt gebracht, das mit "Robo-Gangster-SUV" und
Hauptquartier inklusive Gefängniskeller ein wenig an die Aktionen
übereifriger amerikanischer Terrorbekämpfer erinnert. "Für spannende
Agentenmissionen" lässt sich mit Teilen des Sets sogar das eigene
Kinderzimmer ausspionieren - "inklusive Kameraset und Handmonitor". Einen
elektrischen Bewegungsmelder gibt's gratis obendrauf.
In der Spielebranche freut man sich darüber, dass die Hersteller ihre
Produkte digitaler machen. Nur so, glaubt man im Handel, bleiben die
klassischen "Games" interessant. Bei der Spielehändler-Vereinigung "Vedes"
hieß es zum Auftakt der Spielemesse, Elektronik in klassischem Spielzeug
sei der aktuelle Haupttrend, nachdem in den vergangenen Jahren vor allem
viel direkte Multimediaartikel, wie Playstations und XBoxen, verkauft
wurden. Und das Geschäft wächst weiter: Selbst im Krisenjahr 2009 erzielten
die Vedes-Händler ein Plus von immerhin 3,5 Prozent. Die Nürnberger
Spielwarenmesse selbst lässt sich unterdessen ebenfalls gut an: Von den
2.600 Ausstellern der 61. Ausgabe hieß es, die Branche sei "stabil".
Ein ganz anderes Problem neben der Herausforderung der Digitalisierung
dürfte auch in diesem Jahr Thema sein: Billigspielzeug mit giftigem oder
gefährlichem Inhalt. Im letzten Jahr wurden von Kontrolleure des
Gewerbeaufsichtamts Nürnberg 477 Ständen überprüft. [4][In 3,5 Prozent der
Fälle sind Spielzeuge mit "schwerwiegenden Mängeln" ausgestellt worden.]
Damit gemeint sind Spielzeuge mit leicht verschluckbaren Teilen oder
Verarbeitungsproblemen, die zu Verletzungen führen können. Solche Probleme
kennen Internet- und Videospiele-Kinder nicht. Außer vielleicht die
"viereckigen" Augen.
8 Feb 2010
## LINKS
[1] http://www.spielwarenmesse.de/
[2] http://www.spielwarenmesse.de/highlights/toyinnovation/gewinner-2010/?L=0
[3] /1/leben/alltag/artikel/1/little-sister-is-watching-you/
[4] /1/zukunft/wirtschaft/artikel/1/gute-zahlen-fuer-deutsches-spielzeug/
## AUTOREN
Ben Schwan
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