# taz.de -- Neonazi-Aufmarsch in Dresden: "Notstand der Demokratie" | |
> Ein Gericht hat die Beschwerde der Stadt Dresden zum geplanten | |
> Neonazi-Aufmarsch zurückgewiesen. Die Rechtsradikalen könnten nun dort | |
> starten, von wo die Nazis die Juden in Todeslager deportieren. | |
Bild: Streetart in Dresden-Neustadt (Katharienstraße) Künstler: <a href="http… | |
Der "Trauermarsch" der "Jungen Landsmannschaft Ostdeutschland" (JLO) ist | |
erlaubt. In Dresden dürften die Neonazis nun auch nach der Entscheidung des | |
Oberverwaltungsgerichts Bautzen aufmarschieren. Die von der Stadt erhobene | |
Beschwerde gegen die Aufhebung eines Marschverbots wurde zurückgewiesen. | |
"Vor Gericht werden wir nicht scheitern" hatte der Rechtsanwalt der JLO, | |
Ingmar Knop, kurz zuvor der taz erklärt. | |
Mit der Entscheidung soll nun die Polizei in Absprache mit der JLO die | |
Route für Samstag abstimmen. Das Bündnis "Nazifrei – Dresden stellt sich | |
quer"" betont: "Das ist ein Skandal". Vor allem, so der Bündnis-Sprecher | |
Henning Janssen, weil der Auftaktsort der Neonazis nun der Schlesische | |
Platz vor dem Bahnhof Neustadt sein könnte. Der Platz ist nicht bloß in | |
unmittelbarer Nähe des linksalternativen Viertels. Hier von diesem Bahnhof | |
ließen die Nationalsozialisten die Dresdener Juden in die Todeslager | |
deportieren. | |
Seit einigen Jahren ist an dem Bahnhof eine Gedenkplatte angebracht. Ihre | |
Inschrift soll mahnen: "Im Nationalsozialismus war der Güterbahnhof | |
Dresden-Neustadt Ausgangspunkt oder Zwischenstation für viele Deportationen | |
von jüdischen Frauen, Männern und Kindern. Im Oktober 1938 begann hier die | |
Abschiebung von 724 Dresdner Juden nach Polen". | |
Als mögliche Ausweichroute für die Neonazis war diese Option von der | |
Stadtverwaltung schon in den vergangenen Tagen angedacht wurden. Die Idee: | |
Die Elbe könnte als natürliche Barriere zwischen Neonazis und | |
Gegendemonstranten dienen. Für den Grünen Landtagsabgeordneten Johannes | |
Lichdi ist diese Route dennoch unerträglich. "Wie kann dieser | |
Versammlungsort nicht die Würde der Opfer verletzten?", fragt Lichdi. | |
"Sollte dort der Naziauftakt sein ist das ein Verhöhnung der Opfer", betont | |
auch Janssen. | |
Das Bündnis muss sich indes mit weiteren staatlichen Repressionen | |
auseinandersetzen. Busunternehmen, die am Samstag Gegendemonstranten nach | |
Dresden fahren sollten, sollen von der Polizei unter Druck gesetzt worden | |
seien. "Wir mussten schon schnell neue Busse buchen", sagt Janssen. | |
Dem Bündnis signalisierten die Polizei bereits die Busreisenden vor der | |
Stadt sehr genau zu überprüfen. Alleine 2500 Beamte sollen für die Maßnahme | |
abgestellt werden, so Janssen, und konstatiert, Mit diesen Maßnahmen und | |
Androhnungen werde das Demonstrationsrecht ausgehebelt: "In Dresden | |
herrscht ein Notstand der Demokratie", so Janssen. | |
11 Feb 2010 | |
## AUTOREN | |
A. Speit | |
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