# taz.de -- Kolumbianisches Magazin wird Illustrierte: Amputierte Pressefreiheit | |
> Aus dem unabhängigen kolumbianischen Wochenmagazin "Cambio" wird eine | |
> Illustrierte. Wirtschaftliche Gründe werden vorgeschoben, doch der Verlag | |
> fügt sich lediglich der rechten Politik. | |
Bild: Das linksliberale Magazin Cambio deckte 2009 illegale Subventionen in Mil… | |
Selten hat eine Entscheidung so viel Empörung in Kolumbiens Medienszene | |
ausgelöst wie die letzte Woche verfügte Schließung des renommierten | |
Wochenmagazins Cambio. Aus wirtschaftlichen Gründen werde Cambio künftig | |
nur noch monatlich als Illustrierte mit „leichteren Themen“ erscheinen, | |
versicherten Sprecher der Verlagsgruppe El Tiempo, die auch die | |
gleichnamige Tageszeitung herausgibt. „Die Zeitschrift war unabhängig, | |
mutig und intelligent und folglich unbequem für die Macht“, schrib hingegen | |
der Kolumnist Antonio Caballero von der Konkurrenz Semana. Ignacio Gómez | |
von der „Stiftung Pressefreiheit“ sieht in der Episode das jüngste Beispiel | |
für die „inzestuöse Beziehung zwischen der politischen Macht und den | |
Medien“ in Kolumbien. Vizepräsident ist Francisco Santos, ein Spross der | |
Verlegerfamilie Santos von El Tiempo. Dessen Vetter Juan Manuel Santos war | |
unter Staatschef Álvaro Uribe Kriegsminister und macht sich Hoffnungen auf | |
dessen Nachfolge. Enrique Santos, ein weiterer Vetter, setzt sich derzeit | |
als Chef des Verlegerverbands „Interamerikanische Pressegesellschaft“ | |
lautstark für die Pressefreiheit in den links regierten Nachbarländern ein. | |
Für Juan Manuel Santos waren die Cambio-Redakteure „nützliche Idioten“ der | |
Farc-Guerilla - denn immer wieder analysierte das 1993 gegründete | |
linksliberale Magazin die wunden Punkte des Uribe-Regimes, etwa die | |
symbiotischen Verbindungen zwischen den rechten Paramilitärs und der | |
parlamentarischen Basis des Staatschefs. Oder die Praxis der Armee, junge | |
Zivilisten zu ermorden, um sie dann als im Kampf getötete Guerilleros | |
auszugeben. Oder die Spitzelaktivitäten des Geheimdienstes gegen rund 300 | |
Oppositionspolitiker, Richter, Journalisten oder Menschenrechtsaktivisten. | |
Letztes Jahr deckte Cambio auf, dass die Regierung befreundeten | |
Großgrundbesitzern illegale Subventionen in Millionenhöhe zugeschanzt | |
hatte. Auch wirtschaftliche Interessen dürften die Einstellung befördert | |
haben. Die spanische Planeta-Gruppe, seit drei Jahren Mehrheitseigner des | |
El-Tiempo-Verlags, bemüht sich gerade um die Lizenz eines privaten | |
TV-Kanals. „Heute fragt der Verleger, was die Leute lesen wollen, und dann | |
sucht er den seriösen Spezialisten, der das aufschreibt“, zitiert María | |
Jimena Duzán den Planeta-Chef José Manuel Lara. Damit dürfte er sich mit | |
Präsident Uribe einig sein, vermutet sie. Für die Semana-Kolumnistin ist | |
die Schließung von Cambio der „härteste Schlag gegen den Journalismus und | |
die kolumbianische Demokratie“ in letzter Zeit. Doch bei weitem nicht der | |
einzige. Ihr Kollege Alfredo Molano, der gerade von einer abstrusen | |
Verleumdungsklage freigesprochen wurde, skizziert den Wandel unter Uribe: | |
„Lange war Kolumbien das Land, in dem die meisten Journalisten ermordet | |
wurden. Nun hat sich eine Art Selbstzensur durchgesetzt, man hat Angst, | |
einige Dinge zu sagen – oder man wird entlassen“. Oppositionelle | |
JournalistInnen würden nach wie vor als Terroristenhelfer denunziert: „Das | |
ist, wie wenn man einen Grabstein um den Hals hängen hat“. | |
16 Feb 2010 | |
## AUTOREN | |
Gerhard Dilger | |
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