# taz.de -- Keiner glaubt Lidl: Mindestlohn im Sonderangebot | |
> Der Lebensmitteldiscounter Lidl spricht sich für Mindestlöhne aus. Doch | |
> wie hoch der sein soll, bleibt offen. Die Gewerkschaft Ver.di sieht darin | |
> nur einen "Werbegag". | |
Bild: Lidl fiel bisher eher durch Niedriglöhne als durch Unterstützung von Mi… | |
Die Nachricht sorgte für Überraschung. Am Mittwoch wurde bekannt, dass sich | |
der Lebensmitteldiscounter Lidl für Mindestlöhne im Einzelhandel | |
ausspricht. Der Branchenriese, der in Deutschland mehr als 50.000 | |
Mitarbeiter beschäftigt, ist bisher vor allem durch Niedriglöhne, | |
verhinderte Betriebsratsgründungen und das Bespitzeln seiner Mitarbeiter | |
aufgefallen. Doch jetzt scheint das Unternehmen in Sachen Mindestlohn in | |
die Offensive zu gehen. | |
In einem Schreiben an den Bremer Wirtschaftsprofessor Rudolf Hickel, der | |
sich Ende Januar in einer ARD-Sendung kritisch zur Lohnpolitik von Lidl, | |
Aldi und Schlecker äußerte, verwahrt sich Lidl gegen Lohndumpingvorwürfe | |
und stellt fest: "Wir teilen Ihre Auffassung, dass im Einzelhandel | |
unbedingt Mindestlöhne eingeführt werden müssen. Damit würden die | |
Möglichkeit und der Missbrauch von Lohndumping, der auch vereinzelt im | |
Handel zu sehen ist, unterbunden." | |
Wie der Weg zu einem Mindestlohn aussehen und vor allem, wie hoch ein | |
solcher ausfallen sollte, darüber kann man bei Lidl jedoch keine Angaben | |
machen. "Das ist eine gute Frage", konnte Lidl-Sprecher Stephan Krückel der | |
taz nur mitteilen. | |
Die stellvertretende Ver.di-Vorsitzende Margret Mönig-Raane äußerte sich | |
zurückhaltend zum Lidl-Vorstoß. Wenn Lidl es mit Branchenmindestlöhnen | |
ernst meine, sei das "prinzipiell zu begrüßen". Doch die zentrale Frage, | |
wie hoch ein Mindestlohn ausfallen solle, "bleibt offen". | |
Ihr Kollege Ulrich Dalibor, Ver.di-Bundesfachgruppenleiter für den | |
Einzelhandel, bezeichnete Lidls Ankündigung als "Werbegag", das Unternehmen | |
verweigere bis heute alle Gespräche mit der Gewerkschaft. Es komme auch | |
nicht nur darauf an, ob bei Lidl, wie das Unternehmen unterstreicht, | |
Mitarbeiter durchschnittlich 13 Euro Stundenlohn verdienten. "Wir wissen, | |
dass Mehrarbeit ohne Vergütung geleistet und Urlaubstage falsch berechnet | |
werden. In den 3.000 Niederlassungen gibt es nur 7 Betriebsratsgremien." | |
Die Motivation für Lidls Vorgehen sieht Dalibor im kürzlich erfolgten | |
Zusammenschluss der Lebensmittelketten Netto und Plus. "Damit ist der | |
drittgrößte Discounter entstanden, Lidl kämpft um seine Marktstellung." | |
Der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE) zeigte sich von Lidls | |
Vorschlag wenig begeistert. "Ein gesetzlicher Mindestlohn ist im | |
Einzelhandel weder jetzt noch in Zukunft notwendig", sagte | |
HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth am Mittwoch. Auch das größte deutsche | |
Handelsunternehmen Metro sprach sich "strikt gegen staatliche Mindestlöhne" | |
aus. Im HDE verweist man stattdessen auf die derzeit laufenden Bemühungen, | |
mit Ver.di eine "neue Tarifstruktur" zu erarbeiten. Ein neuer | |
Branchentarifvertrag soll bis zum Frühjahr 2011 stehen. | |
Der Einzelhandel weist eine besonders hohe Anzahl von prekären | |
Arbeitsplätzen auf. Rund 1 Million der insgesamt 2,9 Millionen | |
Beschäftigten erhalten nur einen Niedriglohn. | |
17 Feb 2010 | |
## AUTOREN | |
Eva Völpel | |
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