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# taz.de -- Millionär über Hartz IV: "Man muss nicht alles besitzen"
> Der Millionär Karl Rabeder will künftig nur noch mit 1.000 Euro im Monat
> auskommen. Er sagt, Hartz-IV-Empfänger sollten ihr Glück nicht mehr von
> der Politik bestimmen lassen.
Bild: Karl Rabeder über Hartz IV: "Die wirksamste Politik passiert in jedem se…
taz: Herr Rabeder, Sie sind noch Millionär?
Karl Rabeder: Nein. Von meinem Besitz ist schon einiges weg. Nämlich sechs
Segelflugzeuge. Jetzt will ich mich noch von meinem Haus in Südfrankreich
und der Villa in Tirol trennen. Und mit tausend Euro im Monat auskommen.
Warum machen Sie das?
Weil sich das gut anfühlt. Jetzt lerne ich die wirkliche Bedeutung von Geld
kennen. Früher hatte es nur den Sinn des Gebundenseins.
Daher machen Sie jetzt einen Abenteuerurlaub in die Armut?
Nein. Seit fünf Jahren versuche ich schon, so zu leben. Nicht ärmer,
sondern mit weniger materiellem Besitz. Statt Geld stehen Werte wie
Menschlichkeit, Natürlichkeit und Spiritualität im Vordergrund. Sie haben
mehr mit dem echten Leben zu tun als der Kontostand.
Und wenn Sie keine Lust mehr haben, kehren Sie einfach wieder zu Ihrem
alten Leben zurück?
Eher unwahrscheinlich. Vielleicht kommen Zweifel, vielleicht auch die
Glückseligkeit, ich weiß es nicht. Man muss nicht alles besitzen, um etwas
tun zu können. Segelfliegen kann ich auch im Verein. Falls ich mal
Schwierigkeiten habe, ist immer jemand da, der mir hilft.
Wie kam dieser Sinneswandel?
Das ist kein Sinneswandel, vielmehr ein Prozess des zwanzigjährigen
Leidens. Ich bin Dingen nachgelaufen, nur weil sie möglich waren. Dabei war
ich nicht ich selbst. Während eines Urlaubs auf Hawaii wurde mir das
bewusst. Meine frühere Frau und ich hatten uns nur das Teuerste gegönnt.
Wir hatten das Gefühl, das Geld nur sinnlos auszugeben. Glücklich waren wir
nicht.
Und das war Ihnen früher nie bewusst?
Nein, denn da war ich noch ein Verfechter des neoliberalen
Wirtschaftssystems. Jetzt besitze ich wenig und fühle ich mich freier. Die
Beziehungen zu Freunden sind intensiver geworden. Und auch ich möchte einen
guten Kontakt zu mir selbst. Mit Hilfe von Energie. Eine Energieform ist
Geld. Wichtiger sind Lebensenergie, Lebensfreude und Lebensglück. Aber
Lebensgeld gibt es interessanterweise keines. Außerdem kenne ich nur wenige
Reiche, die wirklich glücklich sind. Und viele Arme, die es sind. Weil sie
das Leben wunderbar finden.
Eine kitschige Vorstellung!
Nein, gerade in Entwicklungsländern sind die Menschen froh, dass sie
überhaupt leben. Sie haben so wenig und erfreuen sich an den einfachsten
Sachen. Warum immer dieses Höher, Weiter, Schneller und Mächtiger? Tiefe
innere Werte sind viel wichtiger.
Damit kann man in Deutschland kaum seine Miete bezahlen. Vor allem die
Armen können es nicht. Gegen die wird derzeit vielfach gehetzt.
In jedem Land herrscht Armut. Doch in den meisten entwickelten Ländern wie
Deutschland gibt es ein soziales Netz. Auch wenn alles schief geht, bleiben
Hartz IV und eine günstige medizinische Versorgung. Selbst da fallen nur
wenige durch. In den meisten Entwicklungsländern ist es genau umgekehrt.
Fast jeder dort wäre über eine finanzielle und medizinische
Mindestversorgung glücklich. Denn das bedeutet Überleben. Daher möchte ich
dort ansetzen, wo es gar kein Sicherheitsnetz gibt, weil die Leute sonst
ins Bodenlose fallen. Dabei geht es nicht nur um Hunger, Erkranken und
Sterben, sondern auch um Kriminalität, Drogenhandel oder Prostitution.
Das heißt, Sie halten die aktuelle, von Guido Westerwelle befeuerte Debatte
um die Hartz-IV-Regelsätze für übertrieben?
Für mich geht es nicht um die Höhe des Satzes, sondern um die der
persönlichen Lebenseinstellung. Man sollte sich am Leben erfreuen und nicht
das Lebensglück an einer definierten Summe festmachen. Schrecklich, dass
man die Politik über die eigene Freude bestimmen lässt. Die wirksamste
Politik passiert in jedem selbst.
Je nachdem, welche Werte vermittelt werden?
Wenn sich Eltern in einer materialistischen Spirale befinden, kommen ihre
Kinder nur schwer heraus. Werbung und Industrie tun das Übrige. Aber man
ist nicht mehr wert, wenn man irgendwelchen Trends folgt. Der Mensch selbst
ist wertvoll, egal wie die Schale ausschaut.
23 Feb 2010
## AUTOREN
Severine Weber
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