Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Nato in Afghanistan: Erneut Zivilisten bei Luftschlag getötet
> Mindestens 27 wurden getötet, 12 weitere verletzt, als die Nato am
> Sonntag versehentlich einen Konvoi angriff. Für die Nato-Strategie ist
> das ein schwerer Rückschlag.
Bild: Insgesamt sind im vergangenen Jahr nach UN-Angaben mehr als 2.400 Zivilst…
DELHI taz | Ausländische Truppen haben in Afghanistan wieder Dutzende
Zivilisten getötet. Bei einem Luftschlag am Sonntagmorgen auf einen Konvoi
starben nach Angaben des afghanischen Präsidentenpalastes mindestens 27
Menschen, darunter vier Frauen und ein Kind, weitere zwölf Zivilisten seien
verletzt worden. Der Vorfall ereignete sich in der zentralafghanischen
Provinz Daikondi, nicht im benachbarten Helmand, wo afghanische und
Nato-Truppen derzeit in einer Offensive gegen die Taliban vorgehen.
Offenbar hatten sich die Zivilisten in drei Kleinbussen Truppenverbänden
aus ausländischen und afghanischen Soldaten genähert. Diese vermuteten
fälschlicherweise einen Angriff von Aufständischen und ordneten den
Luftangriff an, bei dem die Fahrzeuge zerstört wurden.
Es ist die größte Zahl ziviler Opfer seit im vergangenen September der
deutsche Oberst Klein im nordafghanischen Kundus den Beschuss zweier
Tanklaster angeordnet hatte. Damals starben geschätzt rund 140 Menschen,
die meisten von ihnen Zivilisten.
Die afghanische Regierung verurteilte den Luftschlag "in schärfster Form".
Der Ministerrat in Kabul erklärte am Montag, der Angriff sei "nicht zu
rechtfertigen". Vertreter der US-geführten Truppen bemühten sich, den
Schaden zu begrenzen. Isaf-Kommandeur Stanley McChrystal drückte dem
afghanischen Präsident Karsai sein Bedauern aus. Zivilisten zu verletzen
oder zu töten, "untergrabe" das Vertrauen in die Nato-Mission. "Wir sind
extrem betrübt über den tragischen Verlust unschuldiger Menschenleben",
sagte McChrystal und kündigte zudem eine gemeinsame Untersuchung mit den
afghanischen Behörden an.
Vorfälle wie der vom Sonntag sollten eigentlich durch die
Truppenaufstockung um mehr als 30.000 Soldaten verhindert werden. Denn bis
vor Kurzem war es den ausländischen Truppen nicht möglich, sich den
Angriffen der Aufständischen am Boden zu stellen. Stattdessen verließen sie
sich auf Luftschläge, wobei jedoch immer wieder Zivilisten getötet wurden.
Mehrmals etwa bombardierten Nato-Jets Hochzeitsgesellschaften, weil sie
Freudenschüsse für Angriffe gehalten hatten. Laut einem kürzlich
veröffentlichten UN-Bericht kamen allein im vergangenen Jahr mehr als 2.400
Zivilisten ums Leben.
Der Ärger über die zivilen Toten hat in den vergangenen zwei Jahren viele
in die Hände der Aufständischen getrieben. Beobachter berichten, dass sich
viele einfache Afghanen - zum Teil nur an den Wochenenden - den Taliban
angeschlossen und gegen die ausländischen Truppen gekämpft hätten. Die
Taliban haben es verstanden, den Unmut ihrer Landleute zu nutzen. Der Kampf
der Taliban gegen die ausländischen Truppen hat sich beinahe auf das
gesamte Land ausgeweitet.
Zuletzt kam es auch um Kundus im Norden, weitab der Taliban-Hochburgen, zu
schweren Gefechten zwischen Aufständischen und Bundeswehrsoldaten. Erst
seit wenigen Monaten sind die US-geführten Truppen wieder auf dem
Vormarsch. Und der soll ungebremst weitergehen, um die Taliban zu einem
Abkommen zu zwingen.
Doch auch bei der ersten von mehreren Großoffensiven, der
"Muschtarak"-Offensive in der südlichen Provinz Helmand, sind bereits
Zivilisten getötet worden. Mindestens zwölf Menschen starben, als
US-Marines vor rund zwei Wochen ein Haus mit Raketen beschossen. Zunächst
hieß es, die Geschosse hätten ihr Ziel verfehlt. Die Nato-Führung verbot
daraufhin deren Einsatz. Dann jedoch erklärte sie, die Raketen hätten ihr
Ziel getroffen, ein von Taliban besetztes Haus. Nur hätten sich die
Militanten dort zusammen mit Zivilisten verschanzt.
Den Taliban ist bewusst, dass zivile Opfer den Konflikt zu ihren Gunsten
beeinflussen. Daher heißt es aus Kreisen der Nato, die derzeitige Offensive
komme nur schleppend voran, weil die Militanten unzählige Sprengfallen
gelegt hätten. Erst gestern kamen zwei Nato-Soldaten durch Sprengsätze ums
Leben. Außerdem greifen die Taliban die ausländischen Truppen immer wieder
aus Häusern an, in denen sich Zivilisten aufhalten. Dementsprechend sind
noch viele weitere tote Zivilisten zu befürchten.
23 Feb 2010
## AUTOREN
Sascha Zastiral
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kommentar Afghanistan: Es werden mehr Zivilisten sterben
Die neue Strategie der US- und Nato-Truppen in Afghanistan soll der Schutz
der Zivilbevölkerung sein. Doch die Kollateralschäden bleiben. Und das sind
die Zivilisten.
27 Tote in Afghanistan: Nato bombardiert irrtümlich Zivilisten
Die Nato meinte, Aufständische auf dem Weg zu Soldaten erspäht zu haben. In
Wirklichkeit waren da nur Zivilisten unterwegs. 27 starben, darunter auch
Kinder.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.