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# taz.de -- Zoff um Missbrauchsfälle: Bischöfe gegen "maßlose Polemik"
> Der Streit zwischen der Bischofskonferenz und Justizministerin
> Leutheusser-Schnarrenberger scheint zu eskalieren. Die Bischöfe verbitten
> sich jede Polemik und beschweren sich bei der Kanzlerin.
Bild: Inzwischen sind mehr als 120 Missbrauchsfälle an katholischen Schulen un…
FREIBURG/BERLIN dpa | Wegen Äußerungen über sexuelle Missbrauchsfälle hat
die katholische Kirche Bundesjustizministerin Sabine
Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) ein 24-Stunden-Frist für eine
Entschuldigung gesetzt. Er habe der FDP-Politikerin wegen der als "maßlose
Polemik" empfundenen Äußerungen einen Brief geschrieben, sagte der
Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), der Freiburger Robert
Zollitsch, am Dienstag.
Noch am selben Tag hat sich Zollitzsch auch bei Bundeskanzlerin Angela
Merkel (CDU) über Leutheusser-Schnarrenberger beschwert. Über das Telefonat
wurde Stillschweigen vereinbart, sagte DBK-Sprecher Matthias Kopp am
Mittwoch in Freiburg auf Anfrage. Zum Inhalt gab es keine Informationen.
Zollitsch wolle sich zunächst nicht mehr öffentlich zu den Vorwürfen gegen
die Justizministerin äußern, sagte Kopp. Auch zur Frage, ob er an dem von
ihn am Dienstag gesetzten 24-Stunden-Ultimatum festhalte, wolle er zunächst
keine Angaben machen. Abgewartet werde vermutlich eine Reaktion der
Ministerin, hieß es.
Der höchste Repräsentant von 25 Millionen Katholiken in Deutschland
reagierte damit auf Äußerungen der Justizministerin am Montagabend in den
ARD-Tagesthemen. Leutheusser-Schnarrenberger hatte in dem Interview gesagt,
die katholische Kirche erwecke bislang nicht den Eindruck, dass sie auch
nur bei Verdachtsfällen mit den Strafverfolgungsbehörden konstruktiv
zusammenarbeiten wollte.
Nach Zollitschs Empfinden hat es in der Politik noch nie eine "ähnlich
schwerwiegende Attacke auf die katholische Kirche gegeben". Er nannte die
Äußerungen "undifferenziert und emotional". Er erwarte, dass
Leutheusser-Schnarrenberger sie innerhalb von 24 Stunden zurücknehme.
Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) will auf die Kritik von Erzbischof
Zollitsch schriftlich reagieren. "Ich werde in angemessener Form
schriftlich dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz antworten",
sagte sie dem Hamburger Abendblatt. "Ich halte wenig von einem
wechselseitigen öffentlichen Schlagabtausch."
Die Laienorganisation Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) wies
darauf hin, dass die Missbrauchsfälle durch kirchliche Stellen
bekanntgemacht worden waren. Leutheusser-Schnarrenbergers Bewertungen seien
"ungerechtfertigt, maßlos und irreführend", sagte Verbandspräsident Alois
Glück.
Zollitsch warf der Ministerin auch vor, den Eindruck erweckt zu haben, dass
die inzwischen bekannt gewordenen rund 120 Missbrauchsfälle an katholische
Schulen und Einrichtungen auch aus der jüngeren Vergangenheit stammten.
Fakt sei, dass diese Fälle 25 bis 30 Jahre zurückliegen. "Ich wehre mich
nachdrücklich gegen falsche Tatsachenbehauptungen und maßlose Polemik",
sagte Zollitsch. Er habe bereits am Montag keinen Zweifel daran gelassen,
dass alle Fälle lückenlos aufgeklärt werden müssen. "Die staatlichen
Behörden sind schnellstmöglich eingeschaltet", sagte der Bischof. Die
Staatsanwaltschaft erhalte alle Einblicke.
Unterdessen wurden am Dienstag weitere, Jahrzehnte zurückliegende Fälle von
sexuellem Missbrauch durch Geistliche bekannt. Fünf mutmaßliche Opfer
hätten ihr Schicksal geschildert, sagte ein Sprecher des Bistums Essen dem
WDR. Es soll sich bei den Beschuldigten um einen Ordensangehörigen, zwei
Priester und einen Organisten handeln, die sich in den 50er und 60er Jahren
an damals Minderjährigen sexuell vergangen haben sollen. Zwei der
mutmaßlichen Täter seien bereits tot. Ein Beschuldigter ist 94 Jahre alt.
Ein Pater der Hiltruper Missionare soll vor mehr als 20 Jahren an Schülern
sexuelle Handlungen vorgenommen haben, als er am Gymnasium Johanneum im
saarländischen Homburg arbeitete. Das geht aus einer Erklärung des Bistums
Münster hervor, die der Münsterschen Zeitung vorliegt. Solange bis die
Vorwürfe geprüft seien, sei der Priester beurlaubt worden. Ein Kaplan hat
nach Angaben des Bistums Trier Anfang der 1960er Jahre in Gerolstein (Kreis
Vulkaneifel) einen Jugendlichen mehrfach sexuell missbraucht.
24 Feb 2010
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