Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Eisschnelllauf bei Olympia: Drama in Orange
> Er war der Favorit für die 10.000 Meter im olympischen Eisschnelllaufen.
> Und für Sven Kramer schien alles perfekt zu laufen. Bis zur 17 Runde als
> sein Trainer einen krassen Blackout hatte.
Bild: Er kann es einfach nicht fassen, schleudert seine Brille übers Eis und v…
RICHMOND dpa | Erst schmiss er wütend seine Brille weg, dann versetzte er
seinem Coach einen kräftigen Schubser und legte sich mit Reportern an:
"Sven the Man" Kramer hat im olympischen 10.000-Meter-Rennen durch einen
peinlichen Wechsel-Fehler nicht nur sein zweites Olympia-Gold, sondern auch
seine guten Manieren verloren. "Alles Scheiße. Jeder kann mal einen Fehler
machen, aber das ist ein sehr teurer", polterte der muskelbepackte
Eis-Millionär und ließ nach dem "Drama des Jahres" – wie das
niederländische NOS-Fernsehen titelte – kein gutes Haar an seinem Trainer
Gerard Kemkers.
Dieser hatte ihn mit einem falschen Wink in der 17. Runde den Weg in die
Innenbahn gewiesen und die bittere Disqualifikation maßgeblich
mitverursacht. "Es ist meine Schuld. Ich bin verantwortlich. Ich habe
Rundenzeiten notiert und als ich wieder hoch schaute, hatte ich einen
Blackout und habe das falsche Kommando gegeben", räumte der Coach nach dem
bei Olympia bislang einmaligen Fall kleinlaut ein. "Das war der schlimmste
Moment in meinem Leben, meine Welt ist zusammengebrochen", meinte er völlig
abwesend und sprach vom "größten Unglück in der Geschichte des
niederländischen Eisschnelllaufs".
Ob das nun das Ende der seit fünf Jahren währenden Zusammenarbeit des
Oranje-Helden mit Kemkers sein wird, bleibt Spekulation. Bereits im Vorfeld
von Olympia waren Gerüchte im Umlauf, wonach Kramer künftig mit dem in
Norwegen geschassten Amerikaner Peter Mueller zusammenarbeiten wolle. "Es
ist noch nicht vorbei. Auch Kemkers kann Fehler machen. Darüber müssen wir
intern sprechen", sagte Kramer und es klang eher wie eine Durchhalteparole.
Kemkers räumte zumindest ein, "über Konsequenzen nachzudenken".
Erstmals in der Geschichte olympischer Eisschnelllauf-Wettbewerbe musste
ein Sieger disqualifiziert werden. Die Top-Zeit (12:54,50) des Superstars,
der noch mit erhobenen Armen über die Ziellinie fuhr, war damit Makulatur
und das eingeplante 100. Olympia-Gold für die Niederlande bei Sommer- und
Winterspielen blieb ein Wunschtraum. Dafür kam der frühere Shorttracker Lee
Seung-Hoon mit olympischem Rekord von 12:58,55 Minuten zum Glücks-Gold für
Südkorea.
Erst zweimal hatte die Eis-Szene ähnliche Situationen erlebt, allerdings
nie bei Olympia. Gunda Niemann war 2001 bei der Mehrkampf- WM in Budapest
über 3000 Meter in die falsche Spur gewechselt und hatte den avisierten
Titel ebenso verloren wie US-Star Chad Hedrick 2006 in Calgary, als er über
10 000 Meter die Nerven verlor.
Kramers Freundin Naomi van As schlug auf der Tribüne sofort die Hände vors
Gesicht, als sie sah, wie ihr Liebster auf die Innen- statt auf die
Außenbahn einschwenkte. Kemkers liefen nach dem Patzer Tränen über die
Wangen, doch seine Entschuldigungs-Versuche prallten an Kramer ab. "Alles
ging gut. Ich lief eines der besten Rennen meines Lebens. Und dann verliere
ich durch so einen Fehler. Als Kemkers rief, dachte ich: Okay, ich bin wohl
auf der falschen Bahn", schilderte Kramer angefressen die heikle Situation.
"Wenn Gerard nichts sagt, geht alles gut. Und wenn Sven nichts macht, geht
auch alles gut", brachte es Kemkers Assistent Geert Kuiper auf den Punkt.
Nur Kramer wollte seinen Anteil an der Fehlleistung nicht einsehen. "Halt
den Mund", fuhr er in der Mixed-Zone einen Hörfunk-Reporter an, der ihn
dazu befragen wollte. "Es war das erste Mal in meiner Karriere, dass ich
auf meinen Trainer gehört habe", behauptet Kramer. Für ihn sind nun vorerst
alle hochtrabenden Ziele geplatzt, den großen Ard Schenk von der Spitze der
Olympia-Hierarchie der Oranjes abzulösen.
24 Feb 2010
## TAGS
Schwerpunkt Boykott Katar
## ARTIKEL ZUM THEMA
Alternativen für WM-Muffel: Singendes Eis
Für diejenigen, die die Fußball-WM boykottieren, testet die taz
Alternativen. Dieses Mal ein Sport, mit dem eine Stadt schöner wird.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.