# taz.de -- Kolumne Olympia: Übergabe der Spiele an Sotchi | |
> Noch vor dem Ende wurde der Staffelstab an Sotchi übergeben, wo die | |
> nächsten Winterspiele stattfinden. In Vancouver sind baulich | |
> zurückhaltende Spiele gelungen. In Russland wird das anders sein. | |
Na, das klingt doch ganz wunderbar. Sotschis Bürgermeister Anatoli Pachomow | |
hat in Vancouver versprochen, dass kein Bewohner von Sotschi und Umgebung | |
unter negativen Auswirkungen der Olympischen Winterspiele 2014 leiden | |
werde. | |
Sein Kollege aus Vancouver vergoß ein paar Krokodilstränen, als er den | |
Staffelstab an die Russen übergeben musste. "Ich hätte die Spiele gern noch | |
ein bisschen hier behalten, so toll waren sie", sagte Gregor Robertson. Man | |
schloss einen Vertrag, in dem Vancouver im Falle des Falles verspricht, | |
Sotschi bei der Organisation des Events zu unterstützen. | |
Aber dass Dschambulat Chatuow, der stellvertretende Gouverneur der Region | |
Krasnodar oder Leonid Tjagatschew, der Chef des russischen olympischen | |
Komitees, darauf zurückkommen werden, darf bezweifelt werden. Es dürfte den | |
Nationalstolz der Russen zu sehr kränken, wären sie auf den Westen | |
angewiesen. | |
Außerdem wollen sie sich bestimmt nicht reinreden lassen, wenn sie | |
schwungvoll Wälder abholzen, Berge versetzen und dabei natürlich die | |
Anwohner von Sotschi in Ruhe lassen. Es werden wunderbare grüne Spiele | |
werden, das ist jetzt schon sicher, klimaneutral und viel besser als die | |
Spiele von Vancouver. Das ist eh ein olympisches Naturgesetz. | |
An der Pazifikküste ist es nicht so toll gelaufen für die 175 russischen | |
Athleten. Sie blieben weit hinter den Erwartungen. In Turin hatten sie noch | |
22 Medaillen gewonnen, bis Freitag waren es gerade mal 13 Plaketten, die | |
sie eingesackt hatten. Ob sie falsch trainiert haben oder wegen gewisser | |
medizinischer Abrüstungsmaßnahmen nicht überzeugen konnten, ist nicht ganz | |
klar. | |
Jedenfalls zeigten sie vollen Einsatz für ihr Land, und das betraf nicht | |
nur die Athleten, sondern auch die Berichterstatter. Sie waren in den | |
Farben der Olympiamannschaft eingekleidet worden. In fetten Lettern stand | |
"Russia" auf ihren Jacken und Pullovern. Sie waren schon von weitem zu | |
erkennen, auch weil sie immer im Pulk unterwegs waren. | |
Die meisten russischen Journalisten trugen ihre Uniform wie | |
selbstverständlich, wobei der Fairness halber gesagt werden muss, dass | |
einige auch in Zivil gesehen wurden. Es war allerdings nicht geraten, sie | |
zu reizen. Wenn man versuchte, eine Frage in Englisch einzustreuen, die | |
Jubelrussen aber noch mitten in der Unterhaltung mit einem russischen | |
Trainer waren, dann konnte es haarig werden. | |
Es war auffällig, dass vor allem die Abgesandten der kommenden | |
Olympiastädte an Vancouver herumkrittelten, also neben den Russen – "Prawda | |
Online" tat sich besonders hervor – auch die englische Presse. Vielleicht | |
wollten sie die Latte so weit senken, dass London 2012 und Sotschi 2014 | |
dann locker drüber springen können. | |
Vancouver, so viel steht fest, hat Winterspiele im handlichen Format | |
veranstaltet. Nichts war überdimensioniert, im Gegenteil, es hätten | |
manchmal mehr Zuschauer an den Hängen stehen können. Aber so bleibt das | |
olympische Erbe überschaubar. Die meisten Tribünen lassen sich zurückbauen. | |
Die Stadt scheint vor allem von der olympischen Infrastruktur profitiert zu | |
haben. Nicht auszudenken, was gewesen wäre, hätte es die neue U-Bahn | |
"Canada Line" nicht gegeben. | |
Dass dennoch viel zu viel Geld ausgegeben wurde und sich die | |
Immobilienbranche eine goldene Nase verdient hat, lässt erahnen, was in | |
Sotschi passieren wird. Dort muss ja fast alles aus dem Boden gestampft | |
werden. Eine Kostenexplosion ist programmiert. Mit zwölf Milliarden Euro | |
rechnet man. Die Spiele von Vancouver haben gerade mal die Hälfte gekostet. | |
26 Feb 2010 | |
## AUTOREN | |
Markus Völker | |
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